
Bischof Stangl war ein Bischof am Schnittpunkt der Geschichte, sagte Generalvikar Karl Hillenbrand am Dienstag bei einer Pressekonferenz anlässlich des „Stangl-Jahres 2007“. Er war Zeitzeuge der NS-Zeit und des Wiederaufbau nach dem Krieg, er erlebte das II. Vatikanische Konzil (1962-65) und begleitete die Umsetzung seiner Beschlüsse und war schließlich Gastgeber der Gemeinsamen Synode der deutschen Bistümer in Würzburg (1971 bis 1975). Hillenbrand wird anlässlich des Bischofs-Geburtstages einen Band mit den wichtigsten Hirtenbriefen und Predigten Josef Stangls veröffentlichen, der im Sommer erscheinen wird.
Begleitend zur Ausstellung „Hirtenamt und Gesellschaft“ (6. Juli bis 28. Oktober) erscheint auch eine Publikation, die in Zusammenarbeit zwischen dem Diözesanarchiv und der Universität entstand. 30 Forscherinnen und Forscher haben in 120 Artikeln Leben und Werk Josef Stangls anhand von 250 Dokumenten, die allesamt abgedruckt sind, nachgezeichnet.
Mitherausgeber Prof. Wolfgang Weiß (Fränkische Kirchengeschichte) sieht Bischof Stangl in einer Zeitenwende, die 1957 zu Beginn seiner Amtszeit so nicht zu erwarten war. In der Kirche habe ein „unruhiger Stillstand“ geherrscht, ein Ringen zwischen Tradition und reformorientierten Kräften. Josef Stangl sei ein „Brückenbauer“ zwischen beiden Strömungen gewesen. So habe er die Kirche als Volk Gottes verstanden und versucht, die Rolle der Laien in ihr aufzuwerten. Auch in der Würzburger Synode habe er versucht, die Unruhe innerhalb der Kirche aufzufangen.
Für Prof. Wolfgang Altfeld vom Lehrstuhl für Neueste Geschichte an der Universität steht die Frage im Mittelpunkt, wie die Kirche in der Person des Bischofs auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagiert hat. Stangl sei „der gute Bischof“ gewesen, der Tradition und Moderne versöhnen wollte und sich für ein neues Verhältnis zwischen Christen und Juden eingesetzt habe. Auch die Vorkommnisse um den Exorzismus von Klingenberg im Jahr 1976 interessieren den Historiker, allerdings unter dem Aspekt, warum die Gesellschaft dies in dieser Zeit derart skandalisiert habe.
Die Aufarbeitung des Nachlasses von Josef Stangl schlägt sich in der Ausstellung in Diözesanarchiv und -bibliothek nieder. In vier großen Kapiteln werden die Besucher durch Zeit und Wirken des Bischofs geführt, wie Archivleiter Johannes Merz erklärte. Dokumente, Urkunden, Briefe, Fotos, bischöfliche Amtsinsignien und Ornate lassen den Besucher teilhaben am Leben des Bischofs von seiner Jugend über seine theologischen Stationen bis zu seinen letzten Jahren, die von den Ereignissen in Klingenberg überschattet waren.