Die Reisenden sind vom Zustand des Bahnhofs nicht begeistert. Emily Zipf aus Gaukönigshofen und Julia Karl aus Sulzfeld beschweren sich: „Es sollte mehr Sitzgelegenheiten geben. Wir müssen oft auf dem Boden sitzen, wenn wir auf den Zug warten.“
Die Ochsenfurterin Sandra Gärtner schimpft über den Zustand des Bahnhofgebäudes: „Es ist alles sehr marode.“ „Hier ist nichts los. Keine Kneipe, kein Kiosk, keine Wartehalle“, sagt Hubert Burghart aus Obernbreit. Und obendrein sei das Gebäude in diesem Zustand nicht sehr ansprechend. Schon seit Jahren gibt es weder Warteräume noch Toiletten. Der Fahrkartenschalter wurde geschlossen. Süßigkeiten und Zeitungen sind nicht einmal am Automaten zu erhalten. Einen Bahnbediensteten sucht man vergebens.
Ein Aus- und Einstieg für Behinderte im Rollstuhl ohne Begleitung ist nicht möglich. Nur eine SOS-Notrufsäule soll Sicherheit signalisieren. Und dies, obwohl sich der öffentliche Personennahverkehr im vergangenen Jahrzehnt nahezu verdoppelt hat und sich im Bereich von 1000 und 1500 Reisenden täglich bewegt, wie ein Pressesprecher der Bahn auf Anfrage mitteilte.
Bahnhöfe sollten eigentlich die Visitenkarte der Bahn sein. Das zweistöckige Sandsteingebäude in der Marktbreiter Straße aber ist in seinem 150. Jahr wahrlich kein Aushängeschild für die Bahn, geschweige denn für Ochsenfurt. Bei näherem Hinsehen erkennt man, dass der Sandsteinbau gehörig in die Jahre gekommen ist.
Das Alter des Bahnhofes recherchierte Altbürgermeister und Stadtarchivar Peter Wesselowsky: „Der Bahnhof ist in seiner jetzigen Form mit Restaurant und Warteräumen 1862 auf Ackerland entstanden.“ Gleichzeitig wurde mit dem Bau der Gleise begonnen. Am 1. Juli 1864, nachdem alle Arbeiten abgeschlossen waren, wurde die neue Strecke von Ansbach über Uffenheim, Marktbreit und Ochsenfurt nach Würzburg eröffnet. Bis heute habe es, abgesehen von innenarchitektonischen Maßnahmen, keine relevanten Änderungen am Bahnhofsgebäude gegeben, sagt Wesselowsky.
Nach seiner Erinnerung wurde 2003 der Bahnhof verkauft. Er betont ausdrücklich, dass der Stadt dieses Objekt nicht, wie andernorts üblich, zum Kauf angeboten wurde. Er wisse noch aus seiner Amtszeit als Bürgermeister, dass vor circa fünf Jahren junge Unternehmer den Bahnhof bewirtschaften oder Teile anmieten wollten. Diese Initiative sei gescheitert.
Die Deutsche Bahn hat das Empfangsgebäude an das Londoner Immobilienunternehmen „Patron Capital“ verkauft. Nicht nur das Ochsenfurter Gebäude, sondern über 1000 andere seien mit der Erwartung abgegeben worden, so ein Bahnsprecher, dass schnell eine Lösung für die Bahnhofsgebäude gefunden wird. Das Immobilienunternehmen sei verpflichtet gewesen, innerhalb von fünf Jahren 15 Millionen Euro in die Gebäude zu investieren.
„Patron Capital“ habe diese Investitionen auch getätigt, betont der Bahnsprecher, allerdings hätten viele Bahnhöfe nichts davon abbekommen. „Aus diesem Fehler haben wir gelernt. Jetzt bieten wir die Bahnhöfe nur noch Privatleuten oder Kommunen an, denn dann wird schneller an den Gebäuden gearbeitet.“, erklärt der Bahnsprecher. Für Ochsenfurt kommt diese neue Strategie zu spät. Während sich in der Marktbreiter Straße Geschäfte und Büros ansiedeln, geht am Bahnhof, auch in seinem Jubiläumsjahr, nichts voran.