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Würzburg
Ein Abend voller Widersprüche mit Serdar Somuncu
'Seelenheil – Das Vierte Reich', Kabarett von und mit Serdar Somuncu  im CCW in Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | "Seelenheil – Das Vierte Reich", Kabarett von und mit Serdar Somuncu  im CCW in Würzburg.
Manfred Kunz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:35 Uhr

Am Ende war Serdar Somuncu "traurig, froh und erleichtert". Im Würzburger Congress Centrum war der vorletzte Auftritt seiner Bühnenkarriere vorüber. Mit stehendem Beifall verabschiedete das Publikum im CCW nach drei Stunden den Autor, Schauspieler, Satiriker, Comedian und Kabarettisten am Ende eines besonderen Abends und eines außergewöhnlichen Programms.

An die Grenzen des guten Geschmacks

Nicht dass Somuncu in "Seelen Heil – Das Vierte Reich" versöhnlicher oder gar milder geworfen wäre. Scharfzüngig, polemisch, provokant, streckenweise brachial geht Somuncu an die Grenzen des guten Geschmacks – und gelegentlich darüber hinaus. "Ihm werde oft vorgeworfen, er sei vulgär", dabei fasse er nur in bildhafte Worte, was die anderen, sich nicht zu denken und erst recht nicht auszusprechen trauen. Es ist der Kampf gegen die unausgesprochenen Ängste, das Beschweigen und Verdrängen, dem er von Beginn an sein Bühnenleben verschrieben hat. Immer komplexer ist diese Aufgabe geworden im Laufe seiner Karriere, zumal die moderne Medienlandschaft die Komplexität der Welt nicht mehr abbildet und nur noch auf den schnellen Like-Button abzielt.

Verstärkt wird das noch durch die "grassiernde Dummheit", wie Somuncu erklärt, wobei das fundierte und abgewogene Urteil durch die meist emotionale und schnelle Meinung ersetzt wird. Besonders ärgert ihn, dass die Menschen immer weniger in der Lage sind, zwischen Theater und Wirklichkeit, zwischen Bühnenfigur und Schauspieler zu unterscheiden. "Ich bin es einfach leid, mich und meine Kunst ständig erklären zu müssen. Diese Sisyphus-Arbeit ist ermüdend." – Und einer der Gründe, warum er seine Bühnenlaufbahn jetzt beendet.

Ärger über alte Gurus und neue Wunderheiler

Vorher gibt er in seiner vorletzten Free-Syle-Show noch einmal alles. Er blickt zurück auf Höhepunkte seiner Schauspieler-Karriere, phliosophiert kurzweilig über die verschiedenen Facetten des Begriffes "Freiheit" , serviert mit klaren Worten schonungslos die Führungsfiguren der aktuellen Bundesregierung ab ("die beschissenste Regierung, die wir je hatten"), und zeigt, wie dieses Versagen den Reaktionären und Rechten den roten Teppich auslegt. Er ist genervt vom Bahnfahren und dem Zustand der öffentlichen Infrastruktur, von Sprech- und Denkverboten jeglicher Couleur und ärgert sich über alte Gurus und neue Wunderheiler wie Männer-, Finanz- und Lebens-Coaches.

Und wird dann ganz melancholisch, nachdenklich und leise, wenn er auf das kommt, was wirklich zählt im Leben: Nicht einsam sein, immer menschlich und selbstlos bleiben und sich auf das Gegenüber konzentrieren.

 
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