
Wo ist ein Gedenkort für die Toten ein fröhlicher, freundlicher Ort? Die Blindeninstitutsstiftung hat einen solchen geschaffen: inmitten des bestehenden Klanggartens, zentral gelegen am Haus Nr. 5, wird er am kommenden Mittwoch eingeweiht. Pastoralreferent Georg Ruhsert ist seit 13 Jahren Seelsorger in der Blindeninstitutsstiftung. Der neue Gedenkgarten geht auf seine Initiative zurück.
Frage: Wer hatte die Idee für den Gedenkgarten?
Georg Ruhsert: Aus den Wohngruppen kamen immer wieder Anfragen nach einem Ort der Erinnerung. Die Kollegen hatten auch viele Vorschläge. Ich durfte diese koordinieren, und so entstand die Idee des spiralförmigen Gartenbeetes mit Tontafeln darin. Diese sind einem Auge, dem Logo des Blindeninstituts, nachempfunden.
Was war für Sie das Wichtigste?
Ruhsert: Dass die Betroffenen – Bewohner und Mitarbeiter mit Behinderung – selbstständig zu diesem Ort gehen können, wenn sie möchten: zu einem Ort, an dem sich Trauer ausdrücken kann, wo man mit allen Sinnen sein kann. Trauer ist ja nichts, was sich in sechs Wochen erledigt hat. Hier können die Leute immer wieder her kommen. Der Gedenkgarten ist Teil der Biografiearbeit, er hilft das Leben zu verstehen und anzunehmen.
Was ermöglicht behinderten Menschen eine angemessene Trauer?
Ruhsert: Um Trauer zu verarbeiten, helfen Symbole. Bei uns sind das die Tafeln zum Anfassen und Fühlen mit den darauf geschriebenen Namen – auch in Braille-Schrift (Blindenschrift). Jede Tafel hat auch etwas für den Verstorbenen Typisches darauf. Da verbindet sich Trauer mit Erinnerung. Blühende Blumen helfen, das Leben nicht zu vergessen. Und blinden Menschen hilft der Klang: der des Xylofons oder des Glockenspiels am Baum. Und der Klang der Worte, die man hört: auch die des Anderen, der den Namen des Verstorbenen sagt. Wer etwas tut – etwas fühlt oder ein Klanginstrument anschlägt zum Beispiel – der bewegt sich gedanklich. Bewegung ist immer gut, um nicht – auch innerlich nicht – zu verhärten.
Dort ist auch ein neuer Brunnen…
Ruhsert: Ja, hier fließt als „Fluss des Lebens“ Wasser über Keramikelemente mit verschiedenen Symbolen. Die Idee dazu hatten die behinderten Mitarbeiter unserer Bentheim-Werkstatt. Die Brunnenelemente und auch die Namenstafeln wurden komplett von ihnen gefertigt. Jede einzelne ist ein Kunstwerk.
Die Blindeninstitutsstiftung ist 1982 an den Hang in der Ohmstraße gezogen. Wie viele Menschen leben hier? Wie viele sind seither verstorben?
Ruhsert: Zurzeit sind es etwa 550 Menschen, die hier betreut werden – die hier leben, lernen und arbeiten. Seit die Stiftung das Gelände bezogen hat, sind hier 50 Menschen gestorben. Das Blindeninstitut nimmt auch Sterben, Tod und Trauer als Realität des Lebens mit in den Blick; das ist Teil der Kultur unserer Einrichtung.
Was kostet dieser neue Gedenkgarten?
Ruhsert: Die Kosten betragen circa 15 000 Euro. Von der Glücksspirale erhielten wir 6000 Euro und von der Sparkasse 2000 Euro Förderung. Den Rest trägt die Stiftung.


