Petit Papa Noël, Deck the halls, Tu scendi dalla stelle, Olentzero joan zaigu, Oh du fröhliche: In so gut wie jedem christlich geprägten Land gibt es schöne Weihnachtslieder. Die meisten Menschen können sie lautstark mitsingen, manche sogar instrumental begleiten. Dies alles ist nur möglich, weil es Notentexte gibt, die Sprache der Musik.
Im Leben von Johan van Slageren und Udo Wessiepe, den beiden Gründern der Eibelstädter Firma Stretta Music, spielen Klänge schon lange eine dominierende Rolle. Beide sind ausgebildete Dirigenten und Kapellmeister, beide studierten Ende der 1980er Jahre an der Musikhochschule Köln – und beide waren später auch zur gleichen Zeit am Würzburger Stadttheater angestellt.
Zunächst wurden ausgewählte Noten kostenlos im Internet bereitgestellt
Damals realisierten van Slageren und Wessiepe für das Mozartfest die Uraufführung einer Oper von Antonio Salieri – fast 200 Jahre, nachdem sie der Österreich-Italiener erschaffen hatte. "Das war letztlich auch der Startschuss für Stretta Music", erinnert sich van Slageren, ein gebürtiger Holländer. Denn das Aufführungsmaterial zu der Oper war alles andere als leicht auffindbar. "Wir haben das Manuskript schließlich in der Wiener Nationalbibliothek entdeckt und es mit Samthandschuhen vorsichtig abgeschrieben." Die Oper kam dann im Sommer 1998 mit bekannten Protagonisten tatsächlich zur Uraufführung.
Wenn man so will, war das Salieri-Stück für Stretta Music der erste Notenstreich. Es folgten alsbald weitere, sodass van Slageren und Wessiepe 2001 ihr Unternehmen gründeten. "Zunächst haben wir ausgewählte Noten kostenlos im Internet bereitgestellt und mit einem Newsletter darauf aufmerksam gemacht. So konnten wir rund 60 000 Menschen erreichen", sagt van Slageren: "Finanziert haben wir uns über Werbeerlöse. Doch das hat durch den Zusammenbruch des Neuen Marktes nicht mehr funktioniert."
Also haben die beiden frühzeitig das Geschäftsmodell umgestellt – und sich auf den Handel mit gedruckten Noten konzentriert. Zunächst diente eine Garage in Grombühl als Lager, später verlegte man den Firmensitz nach Eisingen. Doch auch dort wurde es schließlich zu eng, sodass Stretta Music, das mittlerweile 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, im Mai dieses Jahres nach Eibelstadt umgezogen ist. Die Büro- und Lagerfläche ist damit auf rund 2000 Quadratmeter angewachsen.
Fein säuberlich sind die Musikmedien in über 400 Regalmeter einsortiert. Über viele Jahrzehnte hinweg sind in der Halle direkt hinter der Stadtmauer Landmaschinen hergestellt worden. Noch immer ist vom damaligen Fabrikzeitgeist etwas zu spüren. Nun aber geht es sehr leise zu. Es wird kommissioniert, was das Zeug hält. In den letzten Wochen des Jahres verlassen täglich um die 1200 Pakete Eibelstadt. Der Herr über diese Notenwelt ist Logistikleiter Steffen Klikar.
"Wir haben hier etwa 180 000 Artikel vorrätig. Den Rest beziehen wir bei Bedarf von Verlagen und anderen Großhändlern", erläutert Klikar. Auch ein kleines, feines Zubehörsortiment hat Stretta auf Lager, etwa Bleistifte, Radiergummi oder eine Fliegenklatsche in der Form eines Notenschlüssels. Das Gros sind freilich Notenbücher, Biographien und musiktheoretische Werke. Nur Instrumente sucht man vergeblich. "Es gab sicherlich mal Überlegungen in diese Richtung. Aber man muss sich spezialisieren und seine Nische finden", so van Slageren.
Manche Noten haben nur die Dicke einer Doppelseite, ein kleines Stück Musik für 50 Cent. Demgegenüber stehen Partituren oder das Aufführungsmaterial einer Symphonie für mehrere hundert Euro. Der weitaus größte Teil der aktuell fast 600 000 lieferbaren Artikel bewegt sich aber in der Preiskategorie von Büchern.
"Die meisten Bestellungen haben eine Größenordnung von 20 bis 30 Euro", weiß der 60-Jährige, der sich um den Vertrieb kümmert. Sein ebenso musikalisches Pendant Wessiepe wohnt und arbeitet in Zorneding östlich von München – und ist unter anderem für die IT zuständig. "Er hat mit seinem Team unseren Onlineshop komplett selbst entwickelt."
Der Slogan von Stretta Music lautet: Von Musikern für Musiker. "Wir beraten musikalische Laien genau wie Profis auf Augenhöhe und kompetent. So haben wir für fast jedes Instrument einen Experten im Haus. Das zeichnet uns aus", sagt Holger Slowik. Der Musikwissenschaftler spielt selbst Schlagzeug und ist Teil der Redaktion, die bei Stretta ebenfalls hochgehalten wird. "Wir veröffentlichen in unserem Online-Journal fortlaufend Artikel rund um Musik und Instrumente. Dadurch wollen wir Impulse geben", erzählt Slowik, der froh ist, dass die allermeisten Musikerinnen und Musiker nach wie vor analoge Noten präferieren, wobei man auch wieder verstärkt Downloads anbietet. Seit einiger Zeit verlegt Stretta zudem selbst ausgewählte Werke und hat dafür die "Edition Stretta" gegründet.
Allen voran im Winterhalbjahr floriert das Geschäft der Eibelstädter, die mittlerweile auf einen jährlichen Umsatz von sieben Millionen Euro kommen. "Natürlich sind durch Corona sehr viele Konzerte abgesagt worden, auch Chöre bestellen durch die Pandemie weniger. Dafür wird offenbar zu Hause umso mehr musiziert", sagt van Slageren, dessen Firma die Noten längst über die Grenzen Deutschlands hinaus liefert. "Der Vorteil ist ja, dass Notentexte anders als Bücher nicht übersetzt werden müssen."
Insgesamt steht der Online-Notenshop jetzt in zehn Sprachen zur Verfügung. Erst im vergangenen Jahr kamen die Märkte Italien, Polen, Schweden, Spanien und Tschechien neu hinzu. 2022 sollen Japan, Korea und China folgen. Die Weihnachtslieder aus dem Hause Stretta Music, sie erklingen also längst in vielen verschiedenen Sprachen.
Die Firma Stretta Music GmbH hat ihren Sitz in der Ochsenfurter Straße 6 in Eibelstadt. Die Geschäftsführer sind Udo Wessiepe und Johan van Slageren. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2001. Mittlerweile beschäftigt die Firma gut 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und verzeichnet einen Jahresumsatz von gut sieben Millionen Euro. Die Hauptprodukte sind Musiknoten aller Art, Bücher und Zubehör. Homepage: www.stretta-music.de