
In den vergangenen Jahren ist viel geschehen. Bruder Tobias ist nicht mehr allein auf sich gestellt - mittlerweile unterstützen ihn drei Ärzte. Sie bieten abwechselnd jede Woche in den verschiedenen Einrichtungen eine kostenlose Sprechstunde an. "Das hat viel erleichtert. Nun kann auch das eine oder andere benötigte Medikament verschrieben werden oder eine Überweisung ins Krankenhaus schnell und unbürokratisch erfolgen." Eine Würzburgerin hatte von der Straßenambulanz erfahren, wollte helfen und rief Bruder Tobias an. "Seitdem übernimmt sie kostenlos die Fußpflege unserer Klienten", berichtet er.
Eine ganz besondere Erfahrung sei die Arbeit mit Obdachlosen für junge Menschen. "Die neue Ausbildungsordnung für Pflegeberufe sieht seit kurzem eine Praxisausbildung in ambulanten Einrichtungen vor. Ich habe mal einen Vortrag in der Rot-Kreuz-Klinik Würzburg gehalten, und danach wurde die Straßenambulanz als ambulante Einrichtung im Rahmen der Ausbildung angeboten", sagt Bruder Tobias. In diesem Jahr waren schon sechs Auszubildende der Klinik in der Straßenambulanz eingesetzt. Die meisten seien zunächst erschrocken gewesen über die Lebensumstände und vielen Probleme dieser Menschen. Dennoch hätten sie sich darauf eingelassen und sich bewegen lassen.
So zum Beispiel Hannah Kliem (22): "Es waren so krasse Erfahrungen und vor allem so viel Menschlichkeit, die mich überrollten, dass ich manchmal nicht so recht wusste, wie ich damit umgehen sollte. Dieser Einsatz hat auf jeden Fall mein Interesse an dieser Art von Arbeit und an den Patienten geweckt." Ähnlich erging es Monique Fischer (20): "Ich habe einiges an Leid gesehen. Psychisches Leid, Leiden unter Schmerzen, unter der Sucht des Alkohols, der Einsamkeit. Ich bin froh, dass ich die Chance bekommen habe, diese Erfahrungen zu machen. Ich bin stolz, sagen zu dürfen, mit Bruder Tobias unterwegs gewesen zu sein."
Die täglichen Erfahrungen, von denen die Auszubildenden während ihres Praktikums nur einen kleinen Teil mitbekommen, sind mitunter schwer und entmutigend. Dennoch gibt Bruder Tobias seine Klienten niemals auf. "Man muss dranbleiben an den Menschen. Gerade weil wir einen Gott haben, der sich uns immer wieder zuwendet, müssen auch wir uns den Menschen wieder und wieder zuwenden. Weil Gott uns nicht aufgibt, darf ich die Obdachlosen nicht aufgeben", sagt er. Die Begegnungen, die er in den vergangenen Jahren hatte, die Hilfe, die ihm von anderen widerfahren ist, und die Spenden, die für sein ehrgeiziges Projekt von überallher eingegangen sind, all das bestätigt ihn in seiner Arbeit. "Das sind alles Zeichen und Hilfen, die mir von weit her zugesandt worden sind."
Bruder Tobias hofft, dass er seine Arbeit weiterhin fortführen kann und möglichst viele Obdachlose erreicht. "Die Zeichen, die ich von meinen Klienten bekomme, bestätigen mich in meiner Arbeit. Es entsteht so vieles, das nicht messbar ist." Er nennt es die Gotteszusage durch Menschen, die auf der Straße leben. Einmal sei er zu einem Obdachlosen gekommen und hätte ihm zum Frühstück Kaffee und Gebäck vorbeigebracht. "Brauchst du noch etwas?", habe er gefragt. "Nein. Du bist da. Das reicht."
Diese Antwort macht Bruder Tobias' Arbeitscredo deutlich: "Einfach immer wieder für die Bedürftigen da sein. Das reicht."
Würzburger Straßenambulanz,
Bruder Tobias Matheis, Franzis-
kanergasse 7, 97070 Würzburg,
Tel. 30 90 10, Bruder.Tobias@web.de.
Spenden für die Straßenambulanz:
Franziskanerminoriten, Juniorat,
Kennwort "Straßenambulanz",
Liga Bank Würzburg, BLZ
75 090 3 00, Konto 203 016 404