Der Verein Würzburg KUlturS hatte zu einem Diskussionsabend mit dem Künstler, Aktivisten und türkischen Abgeordneten Baris Atay im Jugendkulturhaus Cairo eingeladen. Unter dem Motto "Spaltung der Gesellschaft in der Türkei /Welt" schilderte der Künstler seine Sicht der Dinge mit Bezug auf die Geschichte und die politische Lage in der Türkei und berichtete von seinen eigenen Erfahrungen, heißt es in einer Pressemitteilung. "In diesen schweren Zeiten ist auch die politische Kultur wichtig, denn auch Widerstand existiert trotz Pandemie", so der Vorsitzende von Würzburg KUlturS Nuri Saglam.
Härter denn je gehen laut Atay die türkische Regierung und die Justiz seit der Niederschlagung des Putschversuchs von 2016 gegen kritische Journalisten vor. Dutzende seien aufgrund ihrer Berichterstattung zu teils langjähriger Haft verurteilt worden, viele warteten seit Jahren auf ihre Urteile oder wehrten sich in Berufungsinstanzen gegen Haftstrafen. Ausländische Korrespondenten warten mitunter monatelang auf die Verlängerung ihrer Akkreditierungen, berichtete Atay weiter. Die einst pluralistische Medienlandschaft stehe inzwischen fast vollständig unter Kontrolle der Regierung oder regierungsnaher Geschäftsleute. Im Internet würden Tausende journalistische Beiträge blockiert. Eindrücklich schilderte Atay dabei laut Pressemitteilung auch die Angst, die ihn selbst in einem System begleitet, das auf volle Kontrolle und Einschüchterung von Oppositionellen setze.
Die Situation in der Türkei – bereits vor der Corona-Pandemie von einer stark angeschlagenen wirtschaftlichen Lage schwer betroffen – werde aufgrund der zunehmenden ökonomischen Einbrüche und sich zuspitzender Konflikte mit Nachbarländern immer unruhiger, berichtete Atay.
Theaterstück "Sühne und dergleichen"
Am darauffolgenden Tag führte Baris Atay im Theater Ensemble sein Theaterstück "Sühne und dergleichen" auf – ein Stück das laut Pressemitteilung ursprünglich auf Dostojewski zurückgeht und umgeschrieben wurde. Als Raskolnikow stand Atay mit seinem Spielfreund Cüneyt Sezer 90 Minuten lang auf der Bühne.
Baris Atay ist 1981 in Wilhelmshaven geboren und dann mit der Familie in die Türkei zurückgekehrt. Zur Jahrtausendwende hat er sein Theaterstudium fertig absolviert und ist 2018 als Abgeordneter der Arbeiterpartei der Türkei ins türkische Parlament gewählt worden.