Nutzen Sie den ÖPNV, Vorsicht Glatteis oder Reifenwechsel nicht vergessen. Diese oder ähnliche Botschaften sehen Autofahrende, wenn sie sich beispielsweise auf der B27 von Veitshöchheim kommend in Richtung Würzburg befinden. Denn dort steht eine von sechs digitalen Verkehrsanzeigetafeln, die seit April 2021 an allen wichtigen Zufahrtsstraßen in die Stadt aufgestellt sind.
Sie sind Teil eines umfangreichen Verkehrskonzeptes mit dem Titel "Umweltorientiertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement" (UVM) der Stadt Würzburg und sorgen aufgrund der zuvor genannten Botschaften für Diskussionen. Die Redaktion hat dies zum Anlass genommen, um bei den Verantwortlichen nachzufragen, wie sinnvoll die Anzeigetafeln sind und was sie bislang gebracht haben.
Hinweise auf öffentliche Verkehrsmittel und Veranstaltungen haben die niedrigste Priorität
Zuständig für die Texte ist Jörn Egbert, der als Verkehrsingenieur im Fachbereich Tiefbau und Verkehrswesen für die Verkehrssteuerung bei der Stadt verantwortlich ist. "Bei den Meldungen kommt es darauf an, von wo ich in die Stadt reinfahre und wie spät es ist", erklärt er. Denn im Laufe des Tages würden die Meldungen je nach Verkehrslage und Witterung angepasst. Dass darunter auch Texte seien, die für einen selbst nicht relevant seien, ließe sich nicht vermeiden.
Allgemeine Hinweise auf den ÖPNV oder die Fahrradnutzung hätten die niedrigste Priorität und stünden nur dann auf den Anzeigetafeln, wenn es keine Gefahrensituationen, Sicherheitswarnungen oder Straßensperrungen zu kommunizieren gebe. "Die lapidaren Hinweise sind positiv", betont der Verkehrsingenieur deshalb. Sobald er von der Polizei die Meldung bekomme, dass sich zum Beispiel Gegenstände auf der Fahrbahn befänden, ein Falschfahrer auf der B19 unterwegs sei – das sei in den letzten zwei Jahren zweimal vorgekommen – oder es einen Unfall gegeben habe, würden die Verkehrsteilnehmenden über die Anzeigetafeln darüber informiert. So könnten unkompliziert und schnell viele Menschen auf einmal erreicht werden.
Jörn Egbert führt dies an einem fiktiven Beispiel aus: "Bei einem Anschlag erreichen wir Tausende von Menschen, die alle stadteinwärts fahren, da rechnen sich die Verkehrstafeln auf jeden Fall, wenn man das als Maßstab nimmt." Die Verkehrsteilnehmer könnten dann das Stadtgebiet großräumig umfahren. Ähnlich verhalte es sich mit Staumeldungen, sagt er. Auch wenn es in Einzelfällen zwar nicht mehr möglich sei, den Stau zu umfahren, würden Autofahrende informiert, vom Gas zu gehen. Pendlerinnen und Pendler könnten auf Grundlagen der Staumeldungen jedoch auch alternative Routen planen.
Der Aspekt der Umweltproblematik stehe bei den digitalen Verkehrstafeln im Fokus
Natürlich könne darüber diskutiert werden, ob es die allgemeinen Hinweise brauche, jedoch "wollten wir die Displays tagsüber nicht aus lassen, deshalb machen wir eine Basisinformation, die keinen Schaden anrichtet", informiert Georg Wagenbrenner, Pressesprecher der Stadt Würzburg. Grundsätzlich stehe aber der Aspekt der Umweltproblematik im Vordergrund, so Egbert. Einerseits sollen Verkehrsströme vor allem in kritischen Bereichen – wie auf dem Stadtring Süd – verflüssigt werden, um NO₂-Emissionen zu reduzieren. Andererseits sollen Autofahrende vor allem an Tagen mit sogenannter Inversionswetterlagen dazu motiviert werden, auf den ÖPNV umzusteigen, um eine Überschreitung der Stickstoffdioxid-Werte zu verhindern.
Bislang belegen Studien jedoch keinen signifikanten Zusammenhang, dass Autofahrende aufgrund solcher Botschaften auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Für Jörn Egbert geht es deshalb eher darum, dass Autofahrende auf Alternativen hingewiesen werden. Und Georg Wagenbrenner ergänzt: "Messwerte und Stickstoffbelastung, das war vor drei Jahren noch ein anderes Thema", und führt weiter aus, "durch Corona diskutiert im Moment keiner mehr über die Feinstaubbelastung, deswegen werden die Schilder auch eindimensional als Staumelder oder als Hinweis auf den ÖPNV wahrgenommen."
"Das System ist komplexer als nur die schwarzen Anzeigetafeln"
Generell sei das System aber komplexer, ergänzt der Verkehrsingenieur. Im Rahmen des UVM überwachen derzeit unter anderem 80 Sensoren den Verkehr. "Sie erkennen nicht nur, ob irgendwo Stau ist, sondern sie erfassen auch die Autos und deren Geschwindigkeit", erklärt er. Daraus könne er dann wichtige Daten für verkehrstechnische Entscheidungen gewinnen. Bei der Frage, was die Displays bislang gebracht hätten, verweist er darauf, dass die Auswertung dazu im Frühjahr abgeschlossen sein soll.
Dann stehe fest, wie groß die NO₂-Einsparung im Rahmen des UVM tatsächlich ist. "Fakt ist, die Grenzwerte werden jetzt schon eingehalten", so Egbert. Anteil daran hätten aber nicht nur die Anzeigetafeln, die, neben den Sensoren oder der Sauber Mobil-App, nur ein Werkzeug unter vielen darstellten. Das zeige sich auch bei den Kosten von 340.000 Euro – wovon 50 Prozent gefördert wurden – die nur einen Bruchteil des Gesamtbudgets von vier Millionen Euro ausmachen. Das sei gut investiert, denn die Technik lasse sich vielfältig nutzen, weiß er. Bald solle beispielsweise ein Parkleitsystem integriert werden, um Autofahrende bereits vor der Fahrt in die Stadt über freie Parkplätze zu informieren.
Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version des Artikels war von CO₂-Ausstoß die Rede, dies war falsch, es handelt sich um NO₂-Ausstoß.
So sinnfrei finde ich das eigentlich gar nicht... 😉
Hinweise, dass ich im Winter Winterreifen aufziehen soll, dass ich vorsichtig und angepasst fahren soll und weiteres unnützes Zeug, da eigentlich selbstverständlich muss ich nicht über eine solch teure Anlage lesen.
Bis dahin sind sie sicher schon kaputt
"...Auch wenn es in Einzelfällen zwar nicht mehr möglich sei, den Stau zu umfahren, würden Autofahrende informiert, vom Gas zu gehen. Pendlerinnen und Pendler könnten auf Grundlagen der Staumeldungen jedoch auch alternative Routen planen"
Aufgrund der Kessellage von Würzburg kann nicht nur "in Einzelfällen", sondern gar kein einziger Autofahrer eine alternative Route planen.