Es war E.T.A.Hoffmann, der zu Mozarts Requiem äußerte, der Komponist habe "in einem einzigen Kirchenwerk sein Innerstes aufgeschlossen: wer wird nicht von der glühendsten Andacht, von der heiligsten Verzückung ergriffen, die daraus hervorstrahlt?" Und – bezeichnend – "das Requiem, im Concertsaal aufgeführt, ist nicht dieselbe Musik ..." Die Komposition über den Requiem-Text begleitet eigentlich, wie jede Meßkomposition, eine liturgische Handlung, welcher besondere Teile der Toten-Liturgie hinzugefügt sind, darunter die gewaltigen Verse der Sequenz "Dies irae, dies illa".
Glücklicherweise fand die Aufführung des Mozartschen Requiems durch die Cappella St. Stephan und das Ensemble "L'arpa festante" in einer Kirche (St. Stephan) statt, und der tosende Beifall zeigte, dass sich – selbst in unserer so weitgehend säkularisierten Welt – die eben beschriebene Ergriffenheit unweigerlich eingestellt hatte: Den Ensembles unter der umsichtigen, engagierten Leitung von Kirchenmusikdirektor Christian Heidecker war eine tief beeindruckende Aufführung gelungen. Das geht aus einem Schreiben an die Presse hervor.
Sensibel musizierende Instrumentalisten
Eine Voraussetzung dafür waren die sensibel musizierenden Instrumentalisten des Orchesters; hinzu kam das Quartett der Vokalsolisten, das mit Victoria Granlund (Sopran), Barbara Buffy (Alt), Roberto Ortiz (Tenor) und – besonders – Simon Tischler (Bass) die solistischen Partien in höchst angemessener Weise übernommen hatte. Vor allem aber gelang es dem Chor, die dramatischen Texte in ihrer Wucht ("Dies irae") wie in ihrer Zartheit ("Lacrimosa") zu interpretieren und den Hörerinnen und Hörern so zu erschließen.
Die Entstehung des Mozartschen Requiems ist – wohl vor allem durch den baldigen Tod des Komponisten, der das Werk unvollständig hinterlassen musste – von manchen Legenden umgeben worden. Die – von anderen Händen zu einem Ende gebrachte – Komposition ist im Lauf von 220 Jahren immer präsent geblieben, wenn sie auch gelegentlich in monumentalisierender Weise ihres geistlichen Charakters beraubt oder auf andere Art verzeichnet wurde. Die Realisierung in der Stephanskirche gehört zu den Aufführungen, denen es gelungen ist, den ursprünglich gemeinten Ansatz des absoluten Ernstes und der persönlichen Erschütterung zum Klingen zu bringen.
Den Abend eröffnete ein weiteres Werk aus der allerletzten Lebenszeit Mozarts, das Klarinettenkonzert A-Dur, KV 622. Eine bessere Einstimmung als dieses von der hinreißenden Solistin Lisa Shklyaver in berührender Weise dargestellte (und vom Orchester adäquat begleitete) Werk hätte man sich nicht wünschen können.