zurück
Würzburg
"Dienst-Tag für Menschen" bei Pflegegespräch in Berlin
Nach dem Pflegegespräch im Jakob-Kaiser-Haus in Berlin (von links): Emmi Zeulner (CSU-Bun-destagsabgeordnete), Thomas Kandert (Blindeninstitutsstiftung), Karsten Eck (Klinik König-Ludwig-Haus), Jessica Ott (Leopoldina-Krankenhaus), Walter Herberth (Stiftung Juliusspital Würzburg) und Paul Lehrieder (CSU-Bundestagsabgeordneter).
Foto: Michelle Loncar | Nach dem Pflegegespräch im Jakob-Kaiser-Haus in Berlin (von links): Emmi Zeulner (CSU-Bun-destagsabgeordnete), Thomas Kandert (Blindeninstitutsstiftung), Karsten Eck (Klinik König-Ludwig-Haus), Jessica Ott ...
Bearbeitet von Andrea Czygan
 |  aktualisiert: 29.10.2022 02:38 Uhr

Ein Jahr nach der Bundestagswahl ziehen Einrichtungen aus der Pflege, dem Gesundheitswesen und der Behindertenhilfe aus Würzburg, München, Nürnberg und Amberg eine ernüchternde Bilanz: Die Arbeitsbedingungen für ihre Beschäftigten haben sich nicht maßgeblich verbessert. Die folgenden Informationen sind einer Pressemitteilung der Verantwortlichen von "Dienst-Tag für Menschen" entnommen.

Durch den zunehmenden Personalmangel, heißt es da,  habe sich die Lage sogar verschärft. Bei einem Treffen mit Bundestagsabgeordneten von CSU und Bündnis 90/Die Grünen im Jakob-Kaiser-Haus in Berlin im Oktober 2022  warben Vertreter vom Aktionsbündnis "Dienst-Tag für Menschen" deshalb erneut für bessere Arbeitsbedingungen für ihre Beschäftigten – und reisten mit Rückenwind zurück.

Bisherige Reaktionen "enttäuschend"

"Wir sind der Einladung von Paul Lehrieder zu einem Pflegegespräch in Berlin sehr gerne gefolgt", sagte Krankenhausdirektor Karsten Eck von der Klinik König-Ludwig-Haus, "denn die bisherigen Reaktionen aus dem Bundesgesundheitsministerium waren schlichtweg enttäuschend". So habe das Ministerium in schriftlichen Statements und persönlichen Gesprächen stets auf bereits eingeleitete Maßnahmen wie die Pflegestärkungsgesetze oder die aktualisierte Pflegepersonalregelung verwiesen, die allesamt nur Tropfen auf den heißen Stein seien.

Viel Verständnis für den Frust der 28 Organisationen, die sich vor zwei Jahren zum Aktionsbündnis "Dienst-Tag für Menschen" zusammengeschlossen und wöchentlich demonstriert haben, zeigten dagegen die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Paul Lehrieder, Emmi Zeulner und Anja Weisgerber. Aber auch die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche gestand ein, dass es Verbesserungsvorschläge aus dem Wahlprogramm ihrer Partei nicht in den Koalitionsvertrag geschafft hätten.

35-Stunden-Woche realistisch oder nicht?

Dazu gehört die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich – ein Punkt, den das Aktionsbündnis ganz oben auf seiner Forderungsliste an die Politik stehen hat und über den bei dem Pflegegespräch kontrovers diskutiert wurde. "Wir brauchen ein klares Signal für Nachwuchskräfte und vor allem an unsere Beschäftigten, dass sie mit ihren Hilferufen endlich ernst genommen werden", machte Walter Herberth, Oberpflegamtsdirektor der Stiftung Juliusspital Würzburg, deutlich und ergänzte: "Das geht nicht von heute auf morgen, aber mit der Perspektive auf drei oder fünf Jahre." 

Mit Blick auf die vielen Überstunden in Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen konnte sich Emmi Zeulner nicht vorstellen, dass die 35-Stunden-Woche ein Versprechen sei, dass die Politik auch halten könne. Sie selbst ist Gesundheits- und Krankenpflegerin. Der Personalmangel führe jetzt schon dazu, dass immer wieder Fachkräfte an Wochenenden oder freien Tagen für erkrankte Kolleginnen und Kollegen einspringen müssen. Ungeklärt sei auch, wie die zusätzlichen Stellen finanziert werden sollten, gab Paul Lehrieder zu bedenken.

Verbot von Gewinnabschöpfungen

Eine Möglichkeit, mehr Geld im System zu halten, sieht das Aktionsbündnis darin, die Auszahlung von Gewinnen aus Gesundheits- und Pflegeleistungen an Aktionäre zu verbieten. Auch gemeinnützige und öffentlich-rechtliche Träger müssen wirtschaftlich handeln. Im Gegensatz zu privaten Großkonzernen reinvestieren sie aber langfristig alle Überschüsse in Personal, Infrastruktur und Gebäude.

Ein weiteres Problem, das zu enormen Kostensteigerungen und viel Unmut bei den Beschäftigten untereinander führe, sei die Leiharbeit. Pflegekräfte, die über Zeitarbeitsfirmen angestellt sind, verdienen mehr und haben regelmäßigere Arbeitszeiten. Viele fest angestellte Fachkräfte wechseln deshalb in die Zeitarbeit. Die Einrichtungen leihen sie zu deutlich höheren Arbeitgeberkosten wieder aus, um Stationen nicht schließen zu müssen. Alle Gesprächsteilnehmer waren sich deshalb einig, dass ein Verbot der Leiharbeit in der Pflege und eine Erhöhung der Sonderzulagen für Wochenend-, Feiertags- und Nachtschichten eine deutliche Verbesserung bewirkt würde.

Aktionsbündnis will nicht locker lassen

Mit dem Versprechen im Gepäck, dass die fränkischen CSU-Abgeordneten über die Parteigrenzen hinweg nach Lösungen suchen, reisten die Einrichtungsvertreter zurück nach Würzburg. Walter Herberth: "Wir müssen einfach dranbleiben – es bleibt uns auch nichts anderes übrig, wenn wir nicht vor noch mehr leeren Betten in den Krankenhäusern und Einrichtungen stehen möchten.“

Seit September 2020 tritt das Aktionsbündnis "Dienst-Tag für Menschen" für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege, dem Gesundheitswesen und der Behindertenhilfe ein. Initiiert haben es die Würzburger Stiftungen Bürgerspital zum Hl. Geist, Juliusspital Würzburg und die Blindeninstitutsstiftung. Inzwischen beteiligen sich 28 gemeinnützige und öffentliche Einrichtungen und Organisationen aus Würzburg und der Umgebung, aus München, Amberg und Nürnberg mit rund 40.000 Beschäftigen. Unter dem Motto "Dienst-Tag für Menschen" hat das Bündnis in über 80 Demonstrationen bis zur Bundestagswahl im September 2021 regelmäßig dienstags demonstriert. Auch nach der Bundestagswahl setzt das Aktionsbündnis sein Engagement fort.

Das Aktionsbündnis 'Dienst-Tag für Menschen' ist in Berlin angekommen: Karsten Eck, Krankenhausdirektor vom König-Ludwig-Haus, und Walter Herberth, Oberpflegamtsdirektor der Stiftung Juliusspital Würzburg vor dem Reichstagsgebäude.
Foto: Thomas Kandert | Das Aktionsbündnis "Dienst-Tag für Menschen" ist in Berlin angekommen: Karsten Eck, Krankenhausdirektor vom König-Ludwig-Haus, und Walter Herberth, Oberpflegamtsdirektor der Stiftung Juliusspital Würzburg vor dem ...
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Anja Weisgerber
Arbeitnehmer
Behindertenhilfe-Organisationen
Blindeninstitutsstiftung Würzburg
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
Bundestagsabgeordnete
Bündnis 90/Die Grünen Würzburg
CDU/CSU-Bundestagsfraktion
CSU Würzburg
Deutscher Bundestag
Einrichtungen
Emmi Zeulner
König-Ludwig-Haus
Paul Lehrieder
Stiftung Juliusspital Würzburg
Wahlen zum Deutschen Bundestag
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top