Dass etwas "in die Hose ging", ist eine vom tatsächlichen Geschehen meist abweichende Redewendung. Vor einem Schöffengericht ging es jetzt allerdings um den "Ernstfall". In einem großen Lebensmittelmarkt in Würzburg war ein Kunde beim Diebstahl beobachtet und an der Kasse bereits vom Detektiv erwartet worden. Dass er schnell mal die Toilette aufsuchen müsse und es ganz dringend sei, hielt man für eine Ausrede für einen Fluchtversuch.
Während eines Gerangels, erst drinnen und dann draußen auf dem Parkplatz, ging der Diebstahl stressbedingt, für Umstehende, darunter zufällig auch ein Gerichtsmediziner, "sensorisch wahrnehmbar voll in die Hose". Der nicht vorbestrafte Kunde (46) wurde wegen räuberischen Diebstahls, Beleidigung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Diese stand, so der Vorsitzende Richter Paul Thal, wegen der Attacke gegen den Detektiv "auf der Kippe". Es gab "gerade noch" Strafaussetzung zur Bewährung und eine Bewährungsauflage von 2.000 Euro in 20 Monatsraten.
Diebesgut bestand nicht aus teuren Delikatessen
Er habe dem Unternehmen keinen Schaden zufügen wollten, versicherte der Angeklagte und schilderte, wie es seiner Erinnerung nach zu dem "folgenschweren" Missverständnis gekommen war. Alle Einkaufswagen waren im Einsatz, er habe einen Einkaufskorb nehmen müssen, und als der voll war, habe er weitere Waren vorübergehend in seine Sporttasche gelegt. Denn: Er kam an dem Tag gerade aus dem Fitness-Studio. An der Kasse habe er vergessen, auch die Sachen aus der Tasche aufs Band zu legen, und dann sei der Detektiv schon dagewesen. Der hatte den Kunden, der Ware abwechselnd in den Korb und in die Tasche legte, schon eine Weile beobachtet.
Es waren keine teuren Delikatessen, die der Angeklagte nicht bezahlen wollte: eine Fruchtbuttermilch, eine Packung Hähnchenfleisch, eine Packung Doppelherz und eine Flasche Sekt aus Italien. Was er legal eingekauft und auch bezahlt hatte, war in der Anklageschrift nicht aufgelistet. Fest steht jedoch, dass der Mann genügend Geld bei sich hatte, um auch die Ware abseits des Kassenbandes zu bezahlen.
Körperliche Auseinandersetzung endet, als Kunde seine Brille verliert
Dass er den Detektiv angespuckt, beleidigt und körperlich angegriffen haben soll, bestritt der Angeklagte: "Warum hätte ich sowas tun sollen?", fragte er das Gericht. Von dort kam die Gegenfrage: "Warum sollte der Detektiv ausgerechnet Ihnen so etwas frei erfunden anhängen?" Der Angeklagte wurde deutlicher: Es seien keine Schläge gewesen, mit denen er sich gegen die Festnahme gewehrt habe, sondern mehr ein Ziehen und Schubsen, weil der Detektiv ihm seine Sporttasche habe abnehmen wollen.
Die körperliche Auseinandersetzung habe erst geendet, als der Kunde seine Brille verloren habe – ohne die sehe er nur noch wenig, sagte er. Das war der Moment, als der Angeklagte plötzlich wegen dem Stress und leichter Panik spürte, dass er ganz schnell die Toilette aufsuchen müsste, aber da war es schon zu spät.
Detektiv beurteilt Körperverletzung als "nicht so schlimm"
Den Eindruck, dass der Detektiv dem Kunden etwas anhängen wollte, weil an dem Tag "bis dahin nichts zu tun war", hatte das Gericht nicht. Der Zeuge hätte manches, wenn er den Kunden hätte reinreißen wollen, dramatischer schildern können, so das Gericht. Tatsächlich habe er aber zum Beispiel die Körperverletzung als "nicht so schlimm" heruntergespielt.
Bei der Strafe wurde berücksichtigt, dass die nicht bezahlten Waren im Supermarkt blieben. Außerdem sei der Kunde kein "klassischer Räuber" gewesen, und es sei bei dem Diebstahl auch nicht um teure Luxusartikel gegangen. Das Urteil ist rechtskräftig.