Neben den Hauptschützen ist die Turngemeinde 1848 der älteste Würzburger Sportverein: Am 18. Mai wird die TGW also 175 Jahre alt. Der Verein war stets ein gesellschaftlicher Faktor in der Stadt.
Gefeiert wird das Jubiläum am Freitag, 19. Mai, mit einem Festkommers und am Samstag, 20. Mai, mit einem Vereinsfest.
Es war am 18. Mai 1848 im Café Klinger in der Domstraße (heute Kaufhaus Schlier), als die Turngemeinde Würzburg (TGW) in der Tradition der Turnbewegung von "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852) gegründet wurde. In der Vereinssatzung heißt es: "Die Turnübungen haben den Zweck, neben Entwicklung und Kräftigung der körperlichen Anlagen einen wackeren deutschen Sinn und Reinheit der Sitten zu bewahren."
Die Turngemeinde entwickelte sich schnell zu einem über Würzburg hinaus angesehenen Verein. Die ersten Übungsstätten befanden sich in Höfen, Gärten und Lokalen der Stadt.
Unhaltbare Vorwürfe
Am 25. November 1853 ließ der Stadtmagistrat die Turngemeinde mit der Begründung schließen, sie verfolge "Tendenzen, die den gesetzlichen Grundlagen des Staates entgegen sind". Doch die Vorwürfe waren nicht haltbar. Nach einer Umarbeitung der Satzung wurde die TGW 1861 wieder zugelassen.
Im gleichen Jahr noch überließ der Stadtmagistrat der TGW und der Freiwilligen Feuerwehr den ehemaligen "Kastenboden" in der Korngasse 4 als städtische Turnhalle. Die Feuerwehr wurde ausschließlich von TGWlern gegründet.
Der Bruderkrieg 1866 beeinträchtigte das Vereinsleben stark. Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 wurde die Turnhalle als Lazarett genutzt. "1873 traten einige TGW-Mitglieder aus und gründeten den Turnverein von 1873 Würzburg", ist in der Chronik zu lesen. 1874 wurde an der Turnhalle in der Korngasse ein Sommerturnplatz eröffnet. TGW-Mitglieder traten der freiwilligen Sanitätskolonne bei.
1874 überließ die Stadt der bereits über 800 Mitglieder zählenden Turngemeinde das alte Schießhaus in der Schießhausstraße (Sanderau). Am 27. November 1886 weihte die TGW die von Architekt Ostberg geplante neue Turnhalle an der Huttenstraße ein. Im Jahre 1898 wurde ein Sommerturnplatz hinter der Turnhalle angelegt.
Der Erste Weltkrieg
Am 19. Oktober 1907 eröffnete die TGW das an der Schießhausstraße erbaute Vereinsheim. Die Riedinsel wurde von der TGW als Schwimm- und Turnplatz gepachtet. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 mussten 300 Mitglieder zum Militär. "Viele kehrten nicht mehr heim", heißt es in der TGW-Chronik.
Nach dem Ersten Weltkrieg pachtete die TGW die alte Radrennbahn auf dem Kugelfang im Frauenland. Die Tennisplatzanlage an der Mergentheimer Straße des Würzburger Sportclubs wurde von der TGW erworben, aber alsbald wieder an den aus der TGW ausscheidenden Club, der sich dann "Tennisclub Weiß-Blau Würzburg" nannte, übergeben.
Vorübergehend gehörte der TGW auch der Sportplatz des "Fußballverein 04" an der Frankfurter Straße, nachdem sich dieser im Juli 1920 der TGW angeschlossen hatte, sich 1922 aber wieder selbstständig machte.
1920 fand der erste von der TGW organisierte Lauf durch die Stadt statt, der Vorläufer des späteren Laufs "Rund um Würzburg". Die TGW war in dieser Zeit Veranstalter mehrerer größeren Veranstaltungen in der Stadt, besonders auch der Faschingsbälle. Mitglieder der TGW stellten Ehrengarde und Faschingsprinzen. Auch eine Karnevalsgesellschaft mit Elferrat wurde durch die TGW gegründet.
1927 erhielt die TGW von der Stadt das an der einstigen Mainbrücke zwischen Heidingsfeld und Randersacker gelegene Gelände der "Schweinauer Wiesen" zur Verfügung gestellt. Bald musste jedoch dieses Gelände als Wassereinzugsgebiet gesperrt werden.
Als Ersatz überließen die Stadt und der Teilgrundstückbesitzer Würzburger Hofbräu AG der TGW ein Gelände unterhalb der Personenfähre zwischen Steinbachtal und Sanderau (heute Sebastian-Kneipp-Steg). Die Faltbootabteilung der TGW errichtete unterhalb der Ludwigsbrücke eine Bootshalle.
Der Zweite Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkrieges bemühten sich die Mitglieder, den Turnbetrieb aufrecht zu erhalten. In der TGW-Chronik ist zu lesen: "Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 wurden alle Anlagen der TGW im damaligen Wert von über einer halben Million Mark zerstört oder verwüstet."
Am 12. Januar 1946 erhielt die Turngemeinde von den Alliierten die Lizenz zur Wiedergründung, nachdem mit dem Einzug der Alliierten zunächst alle Turn- und Sportvereine aufgelöst worden waren. 1949 wurde eine kleine Turnhalle in Betrieb genommen, die in dem mittlerweile vom Schutt befreiten Vereinshaus erstellt wurde.
Platz für Rhönrad und Rollschuh
In den folgenden Jahren stellten TGW-Mitglieder den alten TGW-Sportplatz an der Steinbachtalfähre wieder her. Zudem legten sie an der Ludwigsbrücke einen Rollschuhplatz an, der später auch der Rhönrad- und Tennisabteilung zur Verfügung stand.
1959 weihte die TGW unter ihrem Vorsitzenden Otto Stein die neue Turnhalle in der Schießhausstraße ein. Am 9. Oktober 1971 nahm die TGW mit ihrem Vorsitzenden Waldemar Graf an der Stelle des alten Vereinshauses ein Gebäude mit Gaststätte, großem Saal und Wohnungen in Betrieb. 1972/73 erbaute die TGW ein Jugendheim an der Ludwigsbrücke. Neben dem Sportplatz an der Steinbachtal-Fähre entstanden Tennisplätze.
Impuls zum Würzburger Residenzlauf
Im Jahr 1989 ging erneut von der TGW der Impuls zu einer Veranstaltung aus, die Würzburg noch heute gut zu Gesicht steht. Beim Würzburger Residenzlauf, den die Stadt veranstaltet, ist die TGW seither bei Ausrichtung und Organisation federführend.
In den 1980er-Jahren kam die TGW in immer größere wirtschaftliche Schwierigkeiten. Daher entschied sich der Verein 1988 unter der Führung seines Vorsitzenden Franz Amberger, die Sporthalle in der Schießhausstraße an das Arbeitsamt zu verkaufen und in der Feggrube im Stadtteil Sanderau gemeinsam mit der Stadt eine neue Sechsfach-Sporthalle mit Außenanlage zu bauen.
Am 26. September 1992 wurden die Räume nach einem Festumzug von der Schießhausstraße in die Feggrube bezogen. Im Mai 1998 weihte die Stadt die benachbarte Sportanlage ein, die seither von Stadt und TGW gemeinsam genutzt wird.
Sanierung der Sporthalle
Leider wurden schon im Jahr 2003 erste Baumängel am Flachdach und an den Wasserleitungen des neuen Sportzentrums festgestellt, die Schritt für Schritt beseitigt werden mussten. 2013 begann in Zusammenarbeit mit der Stadt eine weitere umfassende Hallensanierung.
TGW-Vorsitzender Manfred Graus und TGW-Geschäftsführer Raimund Schäfer mussten sich seither, wohl mehr als ihnen lieb war, diesem Thema stellen. Ihr Ziel ist die Ertüchtigung des Zentrums zu einer Versammlungsstätte für mehr als 500 Personen. Oberbürgermeister Christian Schuchardt hofft in seinem Grußwort zum TGW-Jubiläum, dass diese Baumaßnahme bis 2026 beendet sein kann.
175 Jahre nach ihrer Gründung steht die TGW 1848 gut wie selten zuvor da. "Gemeinsam - sportlich – stark", der TGW-Slogan trifft wirklich zu. Ein entscheidender Schritt hierzu wurde 2015 gemacht, als sich die TGW entschied, den Verein zum Teil zu professionalisieren. Mit Raimund Schäfer wurde ein hautamtlicher Geschäftsführer eingestellt.
Fest angestellte Sportlehrkräfte erweitern das Sportangebot mit seinen zwölf Abteilungen im Bereich des Kinder-, Senioren-, Rehasports. Ein neues, modernes Kurssystem ergänzt die klassische Vereinsmitgliedschaft. Auch der Präsident des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV), Jörg Ammon lobt die Ausrichtung der TGW vom reinen Mehrspartenverein zum Gesundheitssportanbieter. Ammon: "Die TGW ist fit für die Zukunft." Seither stieg die Mitgliederzahl der TGW auf mittlerweile bald 3000 Sportlerinnen und Sportler an.
Prominente TGW-"Kinder"
Zu den Gratulanten des sportlichen Geburtstagskinds gehören auch Leonie Ebert und Dirk Nowitzki. Beide begannen in der TGW, Sport zu treiben und durchliefen mehrere Abteilungen. Aus Ebert wurde eine mehrfache deutsche Meisterin und Europameisterin im Fechten. Basketball-Star Nowitzki aus der US-Liga kennt heute in der Welt jedes Kind.
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