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WÜRZBURG
Die Stadt arbeitet an einer barrierefreien Webseite
Ein Schritt zur barrierefreien Webseite der Stadt: Im Mediacenter gibt es zehn Videos, die Sehenswürdigkeiten wie Festung oder Falkenhaus in Gebärdensprache und mit Untertiteln erklären – abschnittsweise, wie der nicht ganz vollständig eingeblendete Satz erkennen lässt.
Foto: Srcreenshot Stadt Würzburg | Ein Schritt zur barrierefreien Webseite der Stadt: Im Mediacenter gibt es zehn Videos, die Sehenswürdigkeiten wie Festung oder Falkenhaus in Gebärdensprache und mit Untertiteln erklären – abschnittsweise, wie ...
Holger Welsch
 |  aktualisiert: 27.04.2023 04:27 Uhr

Dass einer aus dem Rathaus etwas vorliest, klingt zuerst einmal außergewöhnlich – ist es aber nicht. Wer auf der Internetseite der Stadt „www.wuerzburg.de“ unterwegs ist, findet eingangs vieler Beiträge den Button „Vorlesen“ mit einem Lautsprechersymbol. Wer ihn anklickt, bekommt den darunter stehenden Text zu hören, vorgetragen von einer männlichen Computerstimme. Die akustische Information ist Teil eines ambitionierten Projektes: „Wir arbeiten an einer barrierefreien Webseite der Stadt Würzburg“, kündigt Sozialreferentin Hülya Düber weitere Neuerungen an.

Natürlich kann sich jeder die Nachrichten vorlesen lassen, doch die Zielgruppe sind in erster Linie Menschen mit Leseschwäche oder einer leichten Sehbehinderung. Blinden Menschen hilft das nicht, sie brauchen weitere Hilfsmittel. Dennoch ist das Angebot ein wichtiger Baustein zur Umsetzung des städtischen Inklusionsplanes, der Menschen mit Behinderung die selbstbestimmte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen soll.

Er umfasst viele Bereiche – „und viele konkrete Maßnahmen wie eben das Sprachprojekt“, erklärt die städtische Inklusionsbeauftragte Vera Gehlen.

Nur wenige Städte mit diesem Angebot

Seit über einem Jahr steht die Vorlesefunktion zur Verfügung und verzeichnet monatlich zwischen 3000 und 4000 Aufrufe, häufig auf den Tourismus-Seiten der Stadt. „Die Resonanz ist für uns aber nicht die erste Überlegung. Es geht darum, ein Angebot zur Gleichberechtigung und zur gesellschaftlichen Teilhabe zu schaffen“, betont Gehlen.

An der Entstehung des Projektes waren unter anderem der Behindertenbeirat, der Behindertenbeauftragte Karl-Heinz Marx und der Blindenbund beteiligt. Auch Nürnberg und Regensburg haben ein solches Angebot, „aber Würzburg ist eine der wenigen Städte in Bayern“, sagt Rathaussprecher Christian Weiß.

Das Ganze ist laut Alexander Porzelt von der städtischen Online-Abteilung kein technisches Wunderwerk. Das System lasse sich einfach in den Internet-Auftritt integrieren und war in etwa zwei Wochen eingerichtet. Es stammt vom Anbieter „Readspeaker“, der bereits in 42 Ländern mit den jeweiligen Sprachen arbeitet.

Die männliche Computerstimme „liest flüssig und gut vor, auch die Betonung ist in Ordnung“, urteilt IT-Experte Porzelt. Die Vorlesegeschwindigkeit kann der Nutzer in drei Stufen regeln. Eine Männerstimme hat man gewählt, „weil tiefere Stimmen angeblich besser hörbar sind“.

Probleme noch beim Bürgerservice

Dennoch gibt es noch jede Menge Handlungsbedarf, denn Probleme bereitet das Vorlesen von Tabellen und der Texte des Dokumentenformats PDF. Und zu hören gibt's nur was auf den von der Stadt konzipierten Internet-Seiten. Das wichtige Bürgerservice-Portal zum Beispiel ist noch lautlos: Akustische Informationen zum Anwohnerparkausweise oder zum Wunschkennzeichen? Fehlanzeige.

Das liegt daran, das hier die Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) die Software liefert, die mit „Readspeaker“ nicht kompatibel ist. Der externe Anbieter, der mit vielen Kommunen zusammenarbeitet, „müsste für die Vorlesefunktion seine Software umstellen“, erklärt Rathausprecher Weiß das Problem.

Das ist eine der vielen Baustellen auf dem Weg zur barrierefreien Website – neben der noch fehlenden Werbung für das oder die inklusionsgerechten Angebote. „Diese sollen einer breiten Öffentlichkeit noch bekannter werden“, wünscht sich Sozialreferentin Düber.

So findet sich auf der städtischen Homepage bislang kein extra Hinweise auf die Vorlesefunktion. Und ebenso wenig auf eine weitere Neuerung, die man vor vier Monaten startete: Im Mediacenter „versteckt“ sind zehn Videos, die städtische Sehenswürdigkeiten wie Festung oder Falkenhaus in Gebärdensprache und mit Untertiteln erklären. Die Angebote sind auch alle für eine mobile Nutzung fürs Smartphone oder fürs Tablet konzipiert.

Ein Leuchtturmprojekt

Neben der akustischen und optischen Umsetzung geht es zudem um die Texte selbst – sprich um eine leichte und verständliche Sprache. „Um Sprachbarrieren abzubauen, arbeiten wir gerade zweigleisig“, sagt Düber. Um den Schriftverkehr mit den Bürgern verständlicher zu gestalten, initiierte sie das so genannte „Leuchtturmprojekt Verständliche Sprache in der Stadtverwaltung“.

Ein Handbuch dafür hat die Stadt bereits entwickelt. Und Mitarbeiter besuchen eine Fortbildung des Würzburger „Netzwerk verständliche Sprache“. Dabei geht es darum, Amtsdeutsch so umzuformulieren, dass es jeder versteht – beispielsweise bei Bescheiden für Wohngeld oder Sozialhilfe.

Die „Leichte Sprache“, ist ein klar definierter Begriff und soll vor allem Menschen mit Lese- und Lernschwierigkeiten helfen und hat klare Regeln: Es gibt beispielsweise nur kurze Sätze, abstrakte Begriffe werden ebenso vermieden wie der Konjunktiv.

Bürgerentscheid in „Leichter Sprache“

Texte in „Leichter Sprache“ sollen demnächst auch online stehen, der erste schon bald: die Informationen zum Bürgerentscheid zum Faulhaber-Platz. Darüber hinaus werden weitere grundlegende Texte zunächst des Sozialreferats in leichte Sprache übersetzt. Wenn diese Hilfe, wie geplant, noch online steht, abgehört werden kann und in Gebärdensprache erscheint, „ist das ein Riesenschritt zur barrierefreien Webseite“, blickt Düber optimistisch voraus.

Initiierte das „Leuchtturmprojekt Verständliche Sprache in  der Stadtverwaltung“: Sozialreferentin Hülya Düber.
Foto: Theresa Müller | Initiierte das „Leuchtturmprojekt Verständliche Sprache in der Stadtverwaltung“: Sozialreferentin Hülya Düber.
 
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