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WÜRZBURG
Die Raumgestalterin Lilo Emmerling
Lilo Emmerling im Kilianshaus       -  Die jüngste Arbeit: Seit Anfang des Jahres ist Lilo Emmerlings Gestaltung des Treppenhauses im Kilianshaus zu sehen.
Foto: Daniel Peter | Die jüngste Arbeit: Seit Anfang des Jahres ist Lilo Emmerlings Gestaltung des Treppenhauses im Kilianshaus zu sehen.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 16.05.2017 03:46 Uhr

Dass sie auch gegenständlich kann, sieht man in ihrem Badezimmer: Die Wand über der Badewanne öffnet sich zu einem bühnenhaften Ausblick in die Natur inklusive Schwan – Trompe-l'oeuil nennt sich das, Betrug am Auge sozusagen. Für Lilo Emmerling ist das eher eine Spielerei. Aus künstlerischer Sicht findet sie andere Fragestellungen interessanter.

„Ich muss einfach gestalten“

Und natürlich hat Lilo Emmerling mit Betrug nichts am Hut. „Ich muss einfach gestalten“, sagt sie. Das tut die seit wenigen Tagen 80-Jährige nun seit 40 Jahren. Seit die beiden Töchter aus dem Haus sind. Lilo Emmerlings Kunst ist schon immer konstruktiv. Ihre ersten Arbeiten, Gemälde in Öl, spielen noch mit wiedererkennbaren Elementen wie Pflanzen oder Blättern aus Papier, doch schon bald hat sie sich ganz der Konkreten Kunst zugewandt.

Der Kulturspeicher besitzt ebenso Arbeiten von ihr wie die Kunsthalle Schweinfurt, weitere sind zu sehen in vielen Behörden und Firmen, etwa im Würzburger Hoch- und im Tiefbauamt, in der Landeszentralbank, auf dem Gelände des Exerzitienheims Himmelspforten und neuerdings auch im Treppenhaus des Kilianshauses. Im Kilianshaus, dem Haus der Seelsorge, sind die Leitung und ein großer Teil der Dienststellen der Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Ordinariat Würzburg untergebracht.

Kunst im Treppenhaus

Dem ausgesprochen nüchternen und funktionalen Treppenhaus hat Lilo Emmerling auf Anregung von Weihbischof Ulrich Boom, dem Leiter des Kilianshauses, mit freischwebenden, farbigen Blechen ungeahnte Leichtigkeit verliehen – zweimal gefaltet, wirken sie wie Blätter, die der Wind aufgewirbelt und in die Schwerelosigkeit entlassen hat. Den Plan, dass die Künstlerin hier tätig werden sollte, gab es, seit vor fünf Jahren die Renovierung des Hauses abgeschlossen wurde, berichtet Boom. Nun wurde er umgesetzt. Weitere Arbeiten von Lilo Emmerling stehen auf der Dachterrasse.

Vorgaben gab es keine, mit dem Ergebnis ist der Weihbischof aber mehr als zufrieden: „Das ist ein sehr hohes Treppenhaus, weil damit ja erst einmal das Museum am Dom überwunden werden muss. Und wenn man diese Strecke zu Fuß geht, tut es gut, dass man durch die Gestaltung mitgenommen wird.“

Farbe und Geometrie

Farbe interessiert Lilo Emmerling, und als gelernte technische Zeichnerin auch Geometrie. Wie sich Formen interpretieren beziehungsweise reduzieren lassen. Ruft man ihre Homepage auf, bekommt man gleich ein ersten Beispiel für ihre Art zu denken: Lilo Emmerling hat ihre Initialen L, I und E zu einem minimalistischen, perfekt proportionierten Logo komprimiert, und der Betrachter ahnt: Es geht auch um Klarheit. Das sagt sie selbst so nicht, aber ihre Arbeiten strahlen eine ganz eigene Klarheit aus. Und nicht nur die. Ihr Haus im oberen Frauenland steht weiß und schlicht an der Straße, auf dem Vorplatz eine elegant-sachliche Stahlskulptur, ebenfalls weiß.

Ihr Atelier liegt in einem Anbau links vom Eingang, der innen weitaus geräumiger wirkt, als die Fassade vermuten lässt. Das liegt daran, dass der Raum gut einen Meter in die Erde gebaut ist, um die 3,20 Meter Deckenhöhe zu bekommen, die Lilo Emmerling für ihre großformatigen Arbeiten braucht. „Und so habe ich meine Showtreppe bekommen“, lacht sie.

Arbeiten aus Metall, Bilder in Acryl

Denn vom Vorraum, in dem einige Möbel stehen, die sie entworfen hat, führen ein paar Stufen hinunter ins eigentliche Atelier. Das Praktische: Unter dem Boden dieses Vorraums haben neben der Treppe noch riesige Schubladen Platz gefunden, in denen Lilo Emmerlings fein säuberlich sortierte Arbeitsmaterialien bereitliegen. Die Arbeiten aus Metall entwirft sie und lässt sie von der Firma Lurz Metallbau und Konstruktionstechnik in Veitshöchheim ausführen. Die Bilder malt sie inzwischen in Acryl.

Lilo Emmerlings Atelier verrät viel über ihre Arbeit. Der Raum ist groß, aufgeräumt und hell. Auf den schmalen Ablageflächen längs der Wände stehen Modelle ihrer Skulpturen, meist sind es Variationen der Fläche – gefaltet, gedreht, angeschrägt oder gekippt. Draußen, vor dem hohen Fenster zum Garten, steht eine schlanke rote, maximal reduzierte Skulptur aus Stahl. „Erkennen Sie, was das ist?“, fragt sie. Eine Frau vielleicht? „Ein Mann und eine Frau“, sagt Lilo Emmerling in dem Moment, in dem das Gehirn des Betrachters die beiden Dreiecke korrekt zugeordnet hat.

Von der Zwei- in die Dreidimensionalität

Die Bilder spielen gerne mit dem Übergang von der Zwei- in die Dreidimensionalität. Die vier ziemlich großen Quadrate gegenüber dem Eingang zum Beispiel. Sie sind mittels Parrallelogrammen so miteinander verbunden, dass es wirkt als rage das Bild – oder die Skulptur? – weit in den Raum hinein. Nichts für beengte Räume also, ein Grund vielleicht, warum sich für diese Arbeit noch kein Käufer gefunden hat. Von anderen Werkgruppen kann Lilo Emmerling nur Fotos zeigen – sie hat alle Exemplare verkauft.

Mit Neonfarben hat sie sich auch beschäftigt – Flächen oder Streifen von besonders leuchtendem Gelb, Orange oder Grün, die sich eigentümlich intensiv von den anderen Farben abheben und dadurch auch wieder eine Art Räumlichkeit schaffen.

Definitiv eine Aufgabe für Tüftler ist eine quadratische Arbeit, in der Quadrate in drei Blautönen so kunstvoll und exakt ineinander geschichtet sind, dass das Auge gar nicht weiß, welche geometrische Beziehung es zuerst entschlüsseln soll. Dabei entsteht auch hier wieder dieser Eindruck von Tiefe – oder Höhe, je nachdem, wie der Betrachter sich selbst verorten möchte. „So ein Bild muss man vorher ganz genau durchkonstruieren“, sagt Lilo Emmerling. „Ich muss so etwas nicht unbedingt nochmal malen – man braucht dazu eine extrem ruhige Hand und richtig gute Nerven.“

Lilo Emmerling       -  Lilo Emmerling in ihrem Atelier.
Foto: Daniel Peter (www.danielpeter.net) | Lilo Emmerling in ihrem Atelier.
 
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