Fast jedem ist das schon mal passiert: Man steht mit einem Rezept in der Apotheke, doch das Medikament ist nicht vorrätig. Die Optionen: Sich später erneut auf den Weg machen oder zu Hause auf den Kurier warten – ein Service, den aber nicht alle Apotheken anbieten können. In einer Lösung für das Problem versucht sich der neue Fahrradkurierdienst „Radius“: Täglich werden Arzneien von Apotheken zu Patienten transportiert.
„Ich wollte etwas aufbauen, was es in der Form in Würzburg noch nicht gibt“, erläutert Judith Aßländer, geschäftsführende Gesellschafterin des Fahrradkurierdienstes. Seit gut drei Wochen können Apotheken braune, blickdichte Umschläge bei Radius kaufen. Darin werden die Medikamente verpackt und bereitgelegt.
Das Besondere an der Idee: Die Fahrradkuriere fahren täglich – praktisch im „Linienverkehr“ – zwischen 17 und 18 Uhr die Apotheken ab und bringen Bestellungen zu Patienten. Mittlerweile nutzen sechs Innenstadt-Apotheken den Fahrrad-Transport, dankbar auf eigene Kurierfahrten verzichten zu können. Erste Bilanz des radelnden Jungunternehmens: Die Kundschaft wächst.
Schon in ihrer Schulzeit war die heute 35-Jährige Judith Aßländer als Fahrradkurier unterwegs. In leitender Funktion bei einem anderen Kurierdienst sammelte sie genug Erfahrung, um im Juli zusammen mit Kathrin Pinther, Thomas Mitschke und Chaminda Perera ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Zwischen fünf und zehn Kuriere, hauptsächlich Studenten, sind für sie unterwegs.
Außer „Radius“ sind zwei weitere Fahrradkurierdienste auf den Straßen der Stadt im Einsatz. Das 1995 von Geschäftsleiter Volker Schneidereit gegründete Team von „Velocité“ mit 20 Fahrern und der Kurierdienst „Drahtesel“ von Matthias Hübner, der seit 2010 in die Pedale steigt.
Auch „Velocité“ und „Drahtesel“ beliefern Patienten mit Arzneien. Im Unterschied zu den Neustartern von Radius fahren beide Kurierdienste nur auf konkrete Bestellung von Privatkunden aus oder beliefern in festen Aufträgen die Apotheken mit Medikamenten vom Großhändler.
Doch die drei Fahrradkurierdienste transportieren nicht nur Medikamente. So konnte etwa eine Schultüte im Kurierrucksack von „Radius“ als Überraschung zum Schulbeginn seinen Empfänger beglücken. Einen „goldigen“ Auftrag erledigte der Kurier von „Drahtesel“: Mit einem Goldbarren im Gepäck radelte er von einem Privatkunden zur Bank. Der außergewöhnlichste Auftrag für „Velocité“ war der Transport eines Transplantations-Herzens, das schnellstmöglich vom Spender in der Medizinischen Poliklinik zum Empfänger in die Herz-Thorax-Klinik der Uni gebracht werden musste, erzählt Geschäftsführer Volker Schneidereit.
Dienst an der Umwelt
Fahrradkuriere verstehen sich auch als Umweltdienstleister. Doch müsse wohl erst noch ein Wandel in den Köpfen der Menschen stattfinden, um den Klimawandel zu bekämpfen, so Judith Aßländer. „Die Menschen sind noch zu festgefahren in ihren Gedanken und steigen lieber selber ins Auto, als zum Telefon zu greifen.“ Dabei werde übersehen, dass der Fahrradkurier nicht nur schneller, sondern oftmals auch günstiger sei.
Mit dem „Apothekenprojekt“ hat Aßländers neuer Kurierdienst einen guten Einstieg gefunden. Und neue ausgefallene Ideen für die Zukunft hat sie auch schon: So möchte sie etwa in Zusammenarbeit mit einem Café schon bald Bagels zu Büros und Arbeitsstellen ausfahren.