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WÜRZBURG
Die Mainkuh auf Landgang
„Mainkuh“ auf großer Fahrt: am Kai Jürgen Schneider, auf dem Oberdeck Alois Pröstler.Foto: Norbert Schwarzott
| „Mainkuh“ auf großer Fahrt: am Kai Jürgen Schneider, auf dem Oberdeck Alois Pröstler.Foto: Norbert Schwarzott

Von unserem Redaktionsmitglied

Herbert Kriener

 |  aktualisiert: 22.08.2011 16:24 Uhr

Passanten am Main konnten am Montag ein seltenes Schauspiel erleben: Die „Mainkuh“, die sonst zwischen Alter Mainbrücke und Löwenbrücke fest vertaut liegt, legte vom Ufer ab, um sich auf die Fahrt mainabwärts zu machen. In der Schiffswerft Erlenbach wird sie ins Trockene gebracht. Bis Ende August stehen Wartungsarbeiten an.

Vor allem der Schiffsboden wird überarbeitet, gereinigt und mit neuen Anstrichen versehen. Weil die 200 Tonnen schwere „Mainkuh“ nie einen eigenen Antrieb besessen hat, wurde sie vom Schubschiff „Magdalena“ in die Schleuse Würzburg befördert, wo die eineinhalbtägige Fahrt in die Werft begann. Die alle zehn Jahre nötige Wartung ist eine teure Angelegenheit. Allein der Hin- und Rücktransport kostet rund 20 000 Euro, sagt Jürgen Schneider von den Eigner-Familien Pröstler & Schneider.

Mit dem historischen Kettenschleppschiff, das im Volksmund „Meekuh“ genannt wurde, weil sein Signalton dem Muhen einer Kuh glich, hat die heutige „Mainkuh“ nur den Namen gemein. Der Würzburger Unternehmer Alois Schneider ließ sie vor genau 50 Jahren in der Eibelstadter Schiffswerft Hupp bauen, um sie als elegantes Gastronomieschiff in Würzburg vor Anker zu legen. Angeregt zu dieser „Spinnerei“, so sein Sohn Jürgen Schneider, hatte ihn die romantische Filmkomödie „Hausboot“ mit Cary Grant und Sophia Loren. Lange Jahre war das Tanzcafé „Baccara“ auf der Mainkuh weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Seit rund elf Jahren betreibt die Familie Chao-Thing Wu in der „Mainkuh“ ein chinesisches Restaurant, im Unterdeck gibt es einen Spielsalon.

Die Reise der „Mainkuh“ erinnert an das historische Vorbild, die Königlich Bayerischen Kettenschleppschiffe. Mit den Planungen zum Main-Donau-Kanal war von 1846 bis 1878 durch Buhnen und Längsleitwerke das Gewässerbett des Mains eingeengt und der Wasserstand so für die Schifffahrt erhöht worden. Wie der Würzburger Architekt und Heimatforscher Jörg Lusin in der auch als Buch erschienenen Main-Post-Serie „Würzburg, wie es früher war“ berichtet, begann die Geschichte der Kettenschleppschiffe mit einem ersten Abschnitt zwischen Mainz und Aschaffenburg, der 1886 fertig gestellt war. 1899 erreichte die Kette Würzburg, 1912 war nach rund 320 Kilometern endlich der Zielhafen Bamberg erreicht.

Fast fünf Millionen Kettenglieder waren auf dem Maingrund versenkt, und an ihnen hangelte sich die über fünfzig Meter lange „Meekuh“ entlang, ein halbes bis ein ganzes Dutzend Lastschiffe im Schlepptau. Bug und Heck liefen flach nach unten aus, empfingen vorne rasselnd die wassertriefende Kette und ließen sie hinten klirrend wieder in den Fluss gleiten. Angetrieben wurde diese Mechanik von einer Dampfmaschine. Zwei gerillte Trommeln in der Schiffsmitte nahmen die Kette in die Mangel und zogen sich an ihr weiter.

Im Spätherbst 1938, so berichtet Lusin, trat die „Meekuh“ ihre letzte Fahrt an, hob die in England gefertigte Kette ein letztes Mal aus dem Wasser. Sie wurde in Lastkähne aufgenommen und als Alteisen verkauft.

 
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