Der Erlacher Helmut Wolf feierte im April seinen 95. Geburtstag und blickt mittlerweile auf eine mehr als 80-jährige Mitgliedschaft beim Sportverein (SV) Erlach, dessen Ehrenmitglied er seit einigen Jahren auch ist, zurück. „Ein bisschen fußballverrückt war ich schon immer,“ erzählt der Senior. Keine Frage also, dass er dem örtlichen Fußballverein beitreten würde. Schließlich war das aus versicherungsrechtlichen Gründen auch die Grundvoraussetzung dafür, dass er selbst aktiv gegen den Ball treten konnte.
Die Mitgliedschaft war allerdings schon ein Jahr unter Dach und Fach, bevor er 1942 als 16-Jähriger erstmals in einem offiziellen Jugendspiel l im Trikot des SV Erlach auflief. Wolf wollte nichts dem Zufall überlassen, wie sich auch bei der Wahl seiner Sportausrüstung zeigte. Weil er damals nicht die Möglichkeit hatte, selbst an Fußballschuhe zu kommen, lieh er sich spontan welche beim Dorfwirt. Eigentlich seien ihm die Schuhe zwei Nummern zu groß gewesen, schmunzelt Wolf. Aber seiner Begeisterung für das runde Leder tat das keinen Abbruch.
Fünf Jahre fern der Heimat
Ein Enthusiasmus, der allerdings jäh gestoppt wurde, als Helmut Wolf 1943 mitten im Zweiten Weltkrieg zum Militär eingezogen wurde. Sport war ab dem Moment für den heute 95-Jährigen natürlich erst einmal ganz weit weg. Fünf Jahre blieb Wolf inklusive französischer Gefangenschaft fern der Heimat und überstand die Zeit, den Umständen entsprechend, gut.
So gut, dass er im Jahr 1948, nur zwei Tage nach der Heimkehr, beinahe auf dem Fußballplatz gelandet wäre. Vom heimischen Fenster aus habe er beobachtet, wie sich seine Teamkameraden zum Sportplatz aufmachten. Diese hatten bereits von seiner Heimkehr gehört und forderten ihn auf, mitzukommen. „Gejuckt hat es mich,“ lacht Wolf. „Aber der Wiedersehensfeier mit der Familie gab ich dann doch den Vorrang.“ Eine Woche später stand Wolf beim Spiel in Rottenbauer erstmals nach Jahren wieder auf dem Spielfeld.
Aufgrund seiner körperlichen Verfassung sei das Gefühl auf dem Platz „bescheiden“ gewesen, gibt der Senior zu. „Ich hatte ja jahrelang keinen Sport mehr getrieben, geschweige denn Fußball gespielt.“ Prompt forderte die erzwungene Abstinenz ihren Tribut und Wolf zog sich eine Muskelzerrung zu. „Das hab´ ich aber niemandem gesagt. Sonst wäre ich in den Spielen danach nicht aufgestellt worden,“ lacht Wolf.
Kleien Mogellei
Überhaupt zog er alle Register – auch einmal am Rande der Legalität - , um möglichst schnell wieder spielen zu können. Weil er keinen gültigen Spielerpass mehr besaß, benutzte er kurzerhand für einige Wochen den eines Mitspielers. „Bei der Passkontrolle habe ich mich immer ein wenig abseits gesetzt, mir die Schuhe gebunden und bin erst aufs Feld, als der Schiedsrichter mit der Kontrolle fertig war,“ berichtet Wolf von der kleinen Mogelei. Glück habe er gehabt, dass der Spielleiter nicht so genau hingesehen habe.
Zwei Saisons jagte Wolf, der als rechter Verteidiger begonnen hatte und später als rechter Läufer weiter ins Zentrum des Spielfeldes wanderte, noch dem Ball hinterher. Dann musste er die Schuhe wegen einer Knieverletzung an den Nagel hängen. In den folgenden Jahrzehnten begleitete er das Geschehen beim SV Erlach nur noch in der Zuschauerrolle, aber nicht weniger begeistert.
„Ich war fast bei jedem Spiel dabei, ob daheim oder auswärts,“ berichtet Wolf, für den es später auch eine große Freude war, seine Enkel spielen zu sehen. Seinem Verein einmal den Rücken zu kehren , sei in all den Jahren für ihn nie ein Thema gewesen. Selbst wenn er heute die Spiele des Vereins kaum noch vor Ort verfolgt, und auch manches, die aktuelle Spielergeneration betreffend, kritisch sieht. „Heute sieht man die Spieler nach dem Spiel ja kaum noch im Sportheim. Früher war das eine andere Kameradschaft,“ hat Wolf festgestellt. Er weiß aber auch: „Es sind eben auch ganz andere Zeiten und es hat sich so viel verändert.“
Eines wird sich, da ist sich Helmut Wolf sicher, aber, so lange er lebt, nicht ändern: Seine Leidenschaft für den Fußball.