
Martina Wild aus Unterpleichfeld steht seit einem Jahr als Kreisbäuerin an der Spitze der Landfrauen im Landkreis Würzburg. Wir sprachen mit ihr über den Landfrauentag und die Herausforderungen der modernen Gesellschaft, denen sich die Bäuerinnen heute stellen müssen.
Martina Wild: In den Anfangsjahren gab es einen Bildungstag mit einem bekannten Referenten zu einem aktuellen Thema. Das entwickelte sich immer mehr zu einem Ehrentag, ja ich würde sogar sagen zu einem Landfrauenfesttag. Es kamen mehr und mehr Besucher und auch geladene Gäste.
Wild: Anfangs stand die hauswirtschaftliche Bildung und Information zu allem Neuen in Haushalt, Kinder und Garten im Vordergrund. Aber auch Auszeit, Austausch, Geselligkeit und Vergnügen wurden mit Landfrauenbegegnungstagen, Mütterfreizeiten und Ausflügen angeboten. Diese Angebote gibt es heute auch noch. Früher waren die Frauen im Dorf über die Landfrauen und ihre Ortsbäuerin organisiert. Es gab nicht mehr, außer Kirche. Heute aber gibt es viele Anbieter von Erwachsenenbildung. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft, gesellschaftliche Veränderungen, Berufstätigkeit der Frau und das Internet haben erheblichen Einfluss auf unsere Arbeit. Gesellschaftspolitische Themen sind uns wichtig, wie Mütterrente, Kinderbetreuung, Pflegebedürftigkeit, Erzeuger-Verbraucher-Dialog.
Wild: Durch die Spezialisierung der landwirtschaftlichen Betriebe und die vermehrte Bewirtschaftung im Zu- und Nebenerwerb haben sich auch die Aufgaben und das Arbeitsumfeld für die Frau als Bäuerin und Landfrau erheblich geändert. Denken Sie nur an Direktvermarktung über einen Hofladen oder Gästebewirtung auf dem Hof. Die größte Veränderung aber ist die zunehmende Berufstätigkeit aller Frauen auf dem Land, gerade auch der Bäuerinnen, die häufig in Teilzeit beschäftigt sind. Dadurch wird es schwieriger, passende Termine und interessante Angebote zu organisieren.
Wild: Im Landkreis haben wir noch über 80 Ortsbäuerinnen. Große Unterschiede in Alter, Betriebsführung, Berufstätigkeit, Familienphase usw. machen es spannend und interessant. Netzwerke schaffen und mit Ämtern, Vereinen und Verbänden zusammen zu arbeiten ist wichtig. Geeignete Maßnahmen, geeignete Landfrauen, aber natürlich auch geeignete Bauern zu finden, die unsere aktuell betriebene Landwirtschaft im Kreis Würzburg sachgerecht und verständlich der Bevölkerung näher bringen, das sehe ich als meine größte Herausforderung an.
Wild: Es wird schwieriger, keine Frage. Aber auch Frauen, die nicht auf einem Bauernhof leben, können bei uns Ortsbäuerin sein. In Orten ohne Ortsbäuerin kann es Probleme geben. Wir lösen es aktuell mit Betreuung durch die Nachbargemeinde und mit Frauen vor Ort, die bereit sind unsere Veranstaltungen im Dorf bekannt zu machen und zu organisieren. Das funktioniert gut.
Wild: Öffentlichkeitsarbeit wird immer wichtiger. Der Bezug zur Lebensmittelproduktion geht verloren. Wir Bauern und Bäuerinnen müssen immer mehr unser Arbeiten und Handeln erklären. Für uns natürliche Abläufe im Jahreskreislauf und die damit verbundene Arbeit versteht die Bevölkerung nicht mehr. Ich stehe für Verständnis, gegenseitigen Respekt und ein gutes Miteinander von Landwirtschaft und Verbraucher.
Wild: Erfreulich ist für mich, dass viele Landfrauen kommunalpolitisch aktiv sind. Wir wünschen uns weiterhin ein liebens- und lebenswertes Dasein in den Dörfern mit attraktiven Angeboten im öffentlichen Nahverkehr, besonders für die Schulkinder. Die Sicherung der Grundversorgung mit Einkaufsmöglichkeiten, Ärzten, Post und Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder und Senioren ist uns ein Anliegen. Genauso der Ausbau des schnellen Internet und unterstützende Maßnahmen zur Altortsanierung und -nutzung. Klar, dass nicht alle Maßnahmen in jedem Dorf erfüllt werden können, aber die Unterstützung für interkommunale Projekte erhoffen wir uns.
Landfrauen
Die Landfrauen im Kreisverband Würzburg werden von der BBV-Geschäftsstelle in Würzburg betreut. Im Kreis Würzburg sind die Landfrauen einer der größten Frauenverbände. Die Veranstaltungen sind öffentlich. Bei den jährlichen Ausflugsfahrten nehmen auch immer mehr „Landmänner“ teil.