Die Brieftaubenreisevereinigung Würzburg und Umgebung feiert am 8. April ihren 100. Geburtstag und gleichzeitig das 135-jährige Bestehen des Würzburger Brieftaubenwesens. Leider kann dieses Fest wegen der Corona-Krise nicht gebührend gefeiert werden, bedauert Vorsitzender Harald Herbach.
Gegründet wurde die Brieftaubenreisevereinigung 1920 von den Vereinen "Club 05003", Würzburg, und "Heimkehr 05010". Nicht nur die wirtschaftliche Seite, sondern auch ideelle Gründe, insbesondere die Pflege und Vertiefung der Kameradschaft und Geselligkeit, waren für diesen Zusammenschluss in dieser Zeit maßgebend, in der Not und Arbeitslosigkeit herrschten.
Etwas älter ist das Würzburger Brieftaubenwesen selbst. Im Jahre 1885 fanden sich namhafte Persönlichkeiten der Stadt Würzburg zusammen und gründeten den Verein "Club 05003" Würzburg als drittältesten Verein dieser Art in Bayern.
Einst wichtiger Kurierdienst
Da die Brieftauben aus Entfernungen von bis zu 1100 Kilometern zurück in den Heimatschlag finden, nutzte auch das Militär im Ersten und Zweiten Weltkrieg den unglaublichen Orientierungssinn der Brieftauben. Am 1. Oktober 1884 erfolgte die Übernahme der preußischen Militärbrieftaubenstation auf der Festung Marienberg durch den bayerischen Garnisionsaufseher Pickel. Der Auftrag war, einen Kurierdienst zur Festung in Straßburg im Elsaß zu schaffen. Die "kleinen Helden der Front" waren im Krieg oft die letzte Hoffnung" für die abgeschnittenen Soldaten an der Front.
Nach dem Krieg blühte das Brieftaubenwesen in Würzburg wieder auf, und am 8. April 1920 gründeten die Würzburger Brieftaubenfreunde die Brieftaubenreisevereinigung Würzburg und Umgebung. In dieser Zeit organisierten die Würzburger Brieftaubenfreunde 1898 und 1923 bundesweite Ausstellungen. Einen schweren Verlust bedeutet die Zerstörung der Brieftaubenschläge, als am 16. März 1945 Würzburg in Schutt und Asche versank.
Nach dem Krieg hatten die Amerikaner als Besatzungsmacht vorerst jegliche Vereinstätigkeit untersagt.
In den wenigen Taubenschlägen, die nicht den Bomben zum Opfer gefallen waren, versuchten die Taubenzüchter, ihre Lieblinge durch die schwere Zeit zu bringen. Zwischen den Jahren 1970 und 1990 kam dann die neue Blütezeit der Brieftaubenfreunde, in der viele Vereine gründetet wurden.
In der Geschichte hatte das Würzburger Brieftaubenwesen einige Persönlichkeiten, die das Brieftaubenwesen bis auf Bundesebene geprägt haben. So wurde der Würzburger Christian Seel 1938 zum Geschäftsführer und Präsidenten Reichsfachgruppe Reisebrieftaubenwesen bestellt, das höchste Amt im damaligen Brieftaubenwesen. Heute freut sich die Würzburger Brieftaubenreisevereinigung, dass im Jubiläumsjahr ihr derzeitiger Vorsitzender Harald Herbach im Januar ins Präsidium des Deutschen Brieftaubenverbandes mit Sitz in Essen gewählt wurde.
Bereits in den 80er Jahren konnte die Vereinigung der Stadt beim "Stadttauben-Problem" behilflich sein. Auf Anfrage des damaligen Bürgermeisters Erich Felgenhauer fand Ehrenmitglied Heinz Heuler eine Lösung: Auf dem Bahnhofvorplatz wurden die ersten Taubenhäuser aufgestellt, wo Eier gegen Gipseier ausgetauscht werden, und auf tiergerechte Weise die wachsende Zahl Stadttauben zu reduziert. Das "Würzburger Modell" wird heute in über 20 Städten praktiziert.
Fliegen für den guten Zweck
Auch soziale Aspekte haben die Brieftaubenfreunde im Blick. Die Brieftaubenreisevereinigung Würzburg unterstützt seit 19 Jahren den Wildpark Sommerhausen und hier ins besonders die behinderten Menschen, die den Wildpark betreuen. Dafür wurden in den letzten Jahren über 42 000 Euro gespendet.
Ihren Vereinssitz hat die Brieftaubenreisevereinigung Würzburg seit langem in den historischen Wachräumen des Zeller Tores. Der Platz davor wurde vor kurzem durch Oberbürgermeister Chistian Schuchardt als "Platz der Brieftaube" eingeweiht und mit einem Brieftauben-Denkmal von Theo Steinbrenner geschmückt.