"Wir haben die 20.000 Kartenverkäufe in diesem Jahr und damit zum zweiten Mal überhaupt geknackt", berichtet Mascha Obermeier stolz und schmeißt sich damit in Sekundenschnelle gleichermaßen eifrig wie begeistert in ihr KönigsDOCHterkostüm. Die Rolle der resoluten, anpackenden, charismatischen, wenn auch übertrieben pink-nervigen "Doch-Sagerin" steht ihr an diesem zweiten Tag der ausverkauften Vorstellung des "NEINhorn" auf der Bühne der Kinderfestspiele Giebelstadt ausgezeichnet. Man habe in den vergangenen 25 Jahren der Kinderfestspiele immer schon auf Highlights der deutschsprachigen Kinderliteratur wie zuletzt "Die Schule der magischen Tiere" im Festspieljahr 2023 (auch 2024 im Spielplan) gesetzt und diese auf die Bühne gebracht.
Das "NEINhorn" von Marc-Uwe Kling und Astrid Henn "musste daneben einfach sein". Selbst oder gerade weil dieses Stück, eigentlich ein Bilderbuch, eher aber ein ultrawitziges für jede Altersgruppe, durch seine andauernden Verstrickungen in Widerworten wie "nein", "doch" und "na und" genau von diesen klassischen "heile Welt"-Szenen abweicht. Zu Beginn geben die gesamte übertrieben harmonische Einhorn-Familie, gespielt von Martin Hanns (Einhornvater), Julia Schmitt (Einhornmutter), Ana Dyulgerova (Einhorntochter) und Brigitte Obermeier (Einhornoma), noch ein superflauschiges Bild im sonnigen, zuckerwattewolkigen Herzwald ab.
Wäre da das NEINhorn nicht, dem Thomas Mangold so schlicht wie ergreifend seine resolute Stimme leiht. Nach anfänglicher Skepsis findet es Gefallen am WASbär, der nicht nur aufgrund seiner Schwerhörigkeit andauernd stutzt, sondern auch weil er wichtige Entdeckungen macht. Ana Dyulgerova spielt sich mit Witz durch existenzielle Fragen des Wäsche Waschens, Boden Wischens, Boden Waschens, aber nicht Wäsche Wischens, während sich Julia Schmitt als SchLANGEWEILE authentisch durch das Freilichtinventar schlängelt (Ausstattung, Bühne und Kostüm von Brigitte und Mascha Obermeier).
Nicht nur Logopäden hätten ihre Freude an dieser Explosion von Reimen, Lautbildung, -differenzierung und Zungenbrechern. Soziologisch bringt das Stück und seine Schauspielenden rund um Brigitte Obermeier, alias der unaufgeregte NAhUND, auf "superfröhlich quiekende" Art das auf die Bühne, was wir gerade heute wieder lernen dürfen: Teamfähigkeit mit Diversität, Kompromissbereitschaft nach anfänglichem Widerstand. Und ganz nebenbei steckt in jedem Detail, vom PAUSENfüßler bis zum abklatschenden NEINhorn am Ausgang und nicht zuletzt der perfekt inszenierten Musik von Martin Hanns (Regie, Musik und Text), spürbar die Liebe zur Bühne, der Wort-Kunst und der nachkommenden Generation Theaterbegeisterter.