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ESTENFELD
Die Kartause - ein Estenfelder Wahrzeichen
Kartause Estenfeld
Foto: Guido Chuleck | Kartause Estenfeld
Guido Chuleck
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:56 Uhr
Was für die Münchner der Alte Peter und das Siegestor ist, das sind für die Estenfelder die Alte Kirche, die Weiße Mühle und ganz besonders die Kartause. Genauer gesagt handelt es sich um den Wirtschaftshof der Kartause Engelgarten in Würzburg. Um ihren Erhalt und eine neue Nutzung kämpft ein Freundeskreis, der einen historischen Abriss (verfasst von Christian Will) gibt.
 
Anno 1337 waren die Herren von Estenfeld total verarmt. Deshalb verkauften sie an den Würzburger Ecke von Weibeler „neun Seldenhäuser und vier Weingärten um 628 Pfund Heller“. Kaum gekauft, gab Weibeler diesen beachtlich großen Grundbesitz weiter an den Domherren Eberhard von Hirschhorn.
 
1364 verschenkte der Domherr Eberhard von Hirschhorn seine Estenfelder Besitzungen an die Kartause Engelgarten. Das war seinerzeit ein großer Teil der Estenfelder Gemarkung und für das Kloster der Grundstock für die eigentliche Dorfherrschaft. Weitere Schenkungen stockten diesen Grundbesitz auf, so dass die Kartause bald den Großteil der Estenfelder Gemarkung ihr Eigen nennen durfte.
 
Kartause Estelfend
Foto: Guido Chuleck | Kartause Estelfend
1383 verfasste der Prior das erste Weistum für Estenfeld, das die Rechte und eigentlich mehr die Pflichten der Estenfelder regelte. 1404 legte die Kartause das 274 Blatt starke Schatzungsbuch an, in welchem der ganze Grundbesitz der Bewohner erfasst war. Das war die Grundlage für die gemeindliche Grundsteuer, der sich auch die Grumbacher im Ort unterordnen mussten. 1507 gehörte der Kartause die ganze Dorfherrschaft. Es ist anzunehmen, dass um diese Zeit der erste Klosterhof als Wirtschaftszentrum für die Liegenschaften mit Wohnraum und Stallungen gebaut wurde, denn die Felder und die Seen mussten mit eigenem Personal bewirtschaftet werden.
 
Fürstbischof Lorenz von Bibra legte mit seinem Rate fest, dass das Dorfgericht zu Estenfeld viermal im Jahr durch die Kartäuser Herren gehalten wird, für alle Bürger galt Anwesenheitspflicht.
 
Kartause Estenfeld
Foto: Guido Chuleck | Kartause Estenfeld
1538 etwa wurde das Kreuz am Eichelein erstmals errichtet, worüber uns ein Körtling aus gleichem Jahre berichtet, der bei der letzten Kreuzaufstellung 1967 neben vielen geschichtsträchtigen Münzen im brüchig gewordenen Holzkreuz vorgefunden wurde.
 
Um die Wende zum 17. Jahrhundert dürfte die Kapelle, wohl von den Kartäusern, an den blauen Hügeln gebaut worden sein. Das zeigte sich an der stolzen Bauweise und vor allem in der wertvollen, aus Holz geschnitzten Madonna. Leider wurde sie in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts gestohlen. Willy Grimm schuf 1981 eine Kopie aus Sandstein, und die Gemeinde hat die Kapelle restauriert.
 
1614 wurde die Alte Kirche am Schlossberg gebaut. Der Ordensbruder Marx Hein wirkte als Bauverwalter, und in der Baukommission gab der Prior den Ton an. Zudem steuerte die Kartause 745 Gulden zum Bau des Gotteshauses bei.
 
Kartause Estenfeld
Foto: Guido Chuleck | Kartause Estenfeld
1618 bis 1648 tobte der Dreißigjährige Krieg. Estenfeld blieb weitgehend von Plünderungen verschont, da es sich um ein Dorf der Kartäuser handelte, die der schwedische König schätzte. Ungeachtet dessen meldeten die Kartäuser laut Urkunde im Jahre 1633: „wir seindt hallt ruinierte Religiosi sampt unsern armen, verderbten Estenfeldern, welche ihre Wassersuppen mit Umschlitt schmelzten und die wie Mucken dahinsterben. Gott erbarm sich des Jammers.“ Nach dem Martrikelbuch der Kartause gab es 1632 bei 40 Todesfällen nur 13 Taufen. Weit über ein Drittel der Bürgerschaft war in diesem Krieg an Hunger und Krankheit gestorben.
 
1668: Zwanzig Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges waren auch in Estenfeld die Wunden dieser bitteren Zeit vernarbt.

Der Prior der Kartause war nicht nur bemüht, den Wohlstand im Dorf zu festigen. Prior Schmal baute eine eigene Kapelle mit prachtvollem Torbogen zu den wirtschaftlichen Bauten, die einen beschaulichen Klosterhof umschließen. Im Garten wurde ein See angelegt, der schon lange zugeschüttet ist. Im Innenhof sprudelte ein Springbrunnen, der sein Wasser aus der Quelle unterhalb des Kreuzes am Eichelein bezog.

Durchs prächtige Tor zog viermal im Jahr der Prior mit seinem Gefolge über die untere Straße zur Mahel und zum Dorfgericht nahe der Alten Pfarrkirche und dem Hof der Grumbacher. An diesem prächtigen Aufzug nahm die Dorfgemeinschaft mehr oder weniger freiwillig teil; zumindest die Verköstigung nach den Sitzungen war immer üppig und begehrt.
 
Kartause Estenfeld
Foto: Guido Chuleck | Kartause Estenfeld
1709 errichteten die Kartäuser an der Landstraße einen Gemarkungsbildstock. Auf der Vorderseite war Maria mit dem Jesuskind dargestellt. Auf der Rückseite sah man Sankt Bruno, den Gründer des Kartäuserordens. Dieser Bildstock war ein Willkommensgruß für alle Reisenden, die zur Rast und Stärkung das Wirtshaus aufsuchen durften. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg versetzte Pfarrer Wilhelm Barth den Bildstock von der Straße in die Flur. Von dort wurde er 1967 in die Alte Kirche geholt, wo er heute noch Zeugnis ablegt von der über 450 jährigen Dorfherrschaft der Kartause Estenfeld.
 
1803 zerstörte Bayerns Superminister Maximilian von Montgelas den klösterlich geprägten Alltag des Dorfes. Der Grundbesitz an Äckern, Wiesen und Weinbergen wurde mit dem Wirtschaftshof versteigert. Gerettet wurde der 1981 sanierte prächtige Torbogen, dessen erneute Sanierung nun dank des CSU-Ortsvereins nun erneut in die Hände genommen wird. Die kleine Klosterkirche wurde leider 1810 abgerissen. Ihr Hochaltar steht in der Pfarrkirche von Vasbühl. Die Statue des Hl. Bruno, die einst diese Kirche zierte, stand lange Zeit am See hinter dem Klosterhof und grüßt nun als stummer Zeuge klösterlicher Dorfgeschichte vom Turm der Alten Kirche am Schlossberg.
 
Mittlerweile ist der Wirtschaftshof der Kartause Engelgarten mit einer Gesamtgröße von gut 15000 Quadratmetern komplett im Besitz der Gemeinde Estenfeld.
 
(Quellenangabe: www.freundeskreis-kartause.de , Geschichte der Kartause, von Christian Will, MdL a. D. und Ehrenbürger von Estenfeld)
 
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