1100 Menschen hat die Gemeinschaft Sant’Egidio am Mittwoch ein glückliches Weihnachtsfest bereitet. Menschen, die sonst wohl weder ein besonderes Essen noch Geschenke gehabt hätten. Und die vielleicht sogar alleine daheim die Festtage verbracht hätten.
Schon lange veranstaltete die Gemeinschaft am ersten Weihnachtsfeiertag ein Fest für arme, einsame oder alte Menschen aus Würzburg und am zweiten Weihnachtsfeiertag ein weiteres in der Kürnachtalhalle für ausländische Freunde aus der Gemeinschaftsunterkunft. In diesem Jahr wollte die Gemeinschaft aber zeigen, dass Weihnachten von allen zusammen gefeiert werden kann weil vor Gott alle gleich sind.
Deshalb vollbrachte sie eine logistische und organisatorische Meisterleistung, legte die beiden Feste zusammen und bewirtete und unterhielt 1100 Menschen in der Stadtmensa.
Schon Wochen vorher wurden die Einkäufe organisiert, sowohl von Essen und Getränken als auch von Geschenken. Es wurde geplant, verpackt und koordiniert. Am Mittwoch dann trafen sich über 250 Helfer bereits um 9.30 Uhr in der Stadtmensa.
Dabei waren auch Helga Grün. Sie übernahm die Aufgabe, an den Tischen die Freunde zu unterhalten. „Es macht uns einfach Freude, mit Menschen zusammen zu sein. Hier kommen alle gut miteinander aus, dieses Fest sollte wirklich ein Vorbild für uns alle sein“, so die 78-Jährige.
An einem anderen Tisch saß bereits Giancarlo Traica. „Ich kenne Sant’Egidio aus meiner Heimat Rom, hier konnte ich bei ihnen in den Deutschkurs gehen“, so der 71jährige Italiener. Nun wollte er auch etwas zurückgeben und kümmerte sich beim Fest um die Gäste am Tisch.
In der Küche wurde bereits seit 7 Uhr gekocht: Eine Gemüsesuppe mit Grießklößchen, Putenbraten mit Gemüse, dazu wahlweise Reis oder Knödel oder ein Tofu-Kartoffelgratin, überbacken mit Mandelmus und als Dessert Vanilleeis an Beerengrütze. „Wir müssen auf alle Religionen achten“, erklärte Klaus Reeder, Vorsitzender von Sant’Egidio in Würzburg, das Menü: „Weil die Orthodoxen gerade Fastenzeit haben, gibt es etwas Veganes. Unsere Freunde aus der Mensa mögen lieber Knödel, die ausländischen Freunde eher Reis.“
In einem kleinen Saal werden derweil Hunderte Tüten mit Geschenken sortiert. Die meisten sind mit Namen beschriftet. „Seit zwei Wochen packen wir Geschenke ein, denn jeder soll die Freude haben, etwas auspacken zu können. Denn oft ist es das einzige, was er an Weihnachten geschenkt bekommt“, erklärt Angelika Leuchner, die die Geschenke koordiniert.
Plötzlich ist es schon halb 12, alle werden aufgefordert, an ihre Plätze zu gehen, damit die Gäste hereinkommen können. Und schon sind sie da: Familien mit vielen Kindern, Rollstuhlfahrer, Frauen in bunten Gewändern, alte Menschen, die am Stock gehen. Matthias Leineweber, Pfarrer von Sant’Egidio, ist begeistert, dass in diesem Jahr alle als große, internationale Familie feiern können. „Es war ein großes Wagnis, aber es ist unser Traum, dass keiner an Weihnachten allein und traurig sein muss.“
Die offizielle Begrüßung erfolgt in sechs Sprachen, unter anderem für die Gäste aus Russland, Eritrea oder Somalia. Für Xiaohong Zhou aus China ist es das erste Weihnachtfest überhaupt: „Mir gefällt es so gut hier“, freut sie sich, während sie die Suppe serviert bekommt. Monika Pollak kommt schon seit vielen Jahren zum Weihnachtsfest: „Ich habe zwar vor Kurzem geheiratet, aber es ist immer schön hier mit so vielen Menschen reden zu können“, sagt sie. Und so hat es Sant’ Egidio tatsächlich wieder geschafft, dass auch dieses Weihnachten in Würzburg kein Mensch traurig und allein sein musste.
Gemeinschaft Sant'Egidio
Gründung: Die Gemeinschaft Sant'Egidio ist eine Laienbewegung, die 1968 vom damals 18-jährigen Andrea Riccardi in Rom gegründet wurde und zunächst Schüler und Studenten versammelte.
Mitglieder: Heute gehören der Gemeinschaft, die weltweit aktiv ist und von der römisch-katholischen Kirche als Geistliche Gemeinschaft anerkannt ist, rund 50.000 Menschen verschiedener christlicher Konfessionen an.
Tätigkeit: Schwerpunkte in der Arbeit der Gemeinschaft bildet das Hören auf das Evangelium und das Gebet, die Freundschaft mit den Armen, der Dialog und der Frieden. Seit den 1980er Jahren engagieren sich die Ehrenamtlichen der Gemeinschaft aktiv in der Friedensarbeit.
Von unserer Mitarbeiterin Beate Spinrath