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Zellerau
Initiatorin des Würzburger Kinderkleidermarkts Zellerau hört auf: "Der Markt wird immer 'mein Baby' bleiben"
Der Kinderkleidermarkt in der Würzburger Zellerau ist eine Erfolgsgeschichte. Nach 25 Märkten übergibt Initiatorin Juliane Erdinger den Markt in neue Hände. Was die Gründe für den Rückzug sind.
Abschied: Juliane Erdinger, Initiatorin und bisher alleinige Organisatorin des Kinderkleidermarktes Zellerau, übergibt ihr Herzensprojekt nach 14 Jahren in andere Hände.
Foto: Thomas Obermeier | Abschied: Juliane Erdinger, Initiatorin und bisher alleinige Organisatorin des Kinderkleidermarktes Zellerau, übergibt ihr Herzensprojekt nach 14 Jahren in andere Hände.
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 23.03.2025 02:28 Uhr

Er ist eine Institution, die weit über Würzburg hinaus bekannt ist: der Kinderkleidermarkt in der Zellerau. Zweimal im Jahr findet er im Friedrich-Koenig-Gymnasium (FKG) statt und gilt als eine der größten Veranstaltungen dieser Art in der Region. Ins Leben gerufen wurde er von Juliane Erdinger, die das Konzept des Marktes entwickelt und die Organisation von mittlerweile 25 Märkten allein getragen hat. Nach dem kommenden Markt am 29. März hört Erdinger auf. Im Gespräch erzählt sie von den Gründen für ihren Rückzug, dem Nachfolgerinnen-Team und den Emotionen, die mit dem Abschied verbunden sind.

Frage: Frau Erdinger, Sie haben 2011 den Kinderkleidermarkt in der Zellerau ins Leben gerufen. Nach dem nächsten Markt hören Sie als Organisatorin auf. Warum?

Juliane Erdinger: Auch wenn es mir immer noch sehr viel Spaß macht, sind die organisatorischen Herausforderungen des inzwischen so großen Marktes und der zeitliche Aufwand meines Hauptjobs immer größer geworden. 2024 hatten wir das zehnjährige Bestehen des Marktes im Friedrich-Koenig-Gymnasium (FKG), ich habe die 100. Geldspende aus den Erlösen des Marktes übergeben und der kommende Markt ist der 25. – ein guter Zeitpunkt, den Markt abzugeben.

Was hat Sie damals dazu gebracht, den Kinderkleidermarkt in der Zellerau zu starten?

Erdinger: Einen offenen Kinderkleidermarkt, in dem die Sachen nach Größen vorsortiert sind, gab es bei uns im Stadtteil nicht – dafür viele Märkte mit Tischverkäufen, bei denen jeder Verkäufer einzeln seine Waren anbietet. Da ich drei Kinder habe, habe ich einen Markt gesucht, wo ich mir meine Sachen wie im Kaufhaus selbst zusammensuchen kann.

Sie haben die Sache also selbst in die Hand genommen?

Erdinger: Den Markt über eine Einrichtung zu organisieren, wie bei anderen Märkten oft üblich, erschien mir auf Dauer nicht durchführbar. Ich bin ein Macher-Typ und organisiere sehr gern. Da hatte ich diese Idee für das Projekt und dachte, dass es gut werden könnte.

Rund 10.000 Artikel wechseln inzwischen bei jedem Kinderkleidermarkt in der Zellerau den Besitzer.
Foto: Juliane Erdinger | Rund 10.000 Artikel wechseln inzwischen bei jedem Kinderkleidermarkt in der Zellerau den Besitzer.
Wie wurde Ihre Idee angenommen?

Erdinger: Ich habe den Markt 2011 in unserer Kita publik gemacht und viele waren begeistert, ihre Sachen anbieten zu können. Bis zum Umzug ins FKG 2014 fand der Markt in der Turnhalle des Sonderpädagogischen Förderzentrum (SFZ) in der Zellerau statt, was heute die Friedensreich Hundertwasser-Schule ist. Der Start war aufregend: Wie viele Leute würden einkaufen, 20 oder 200? 

Und, wie lief es?

Erdinger: Beim ersten Markt waren wir 94 Verkäufer und haben 1.500 Artikel verkauft. Heute sind es 200 Verkäufer – mehr Nummern werden nicht vergeben – mit weiteren rund 100 Personen auf der Warteliste und vielen Anfragen. Einige Verkäufer reisen von weit her an, z.B. aus Schweinfurt, Tauberbischofsheim oder Gemünden. Inzwischen wechseln beim Kleidermarkt rund 10.000 Artikel den Besitzer.

Wie erklären Sie sich die große Nachfrage?

Erdinger: Kleidermärkte werden immer beliebter. Nachhaltigkeit ist ein Thema, genauso wie steigende Lebenshaltungskosten. Für Kindergartenkinder kauft man keine Hose für 50 Euro, weil sie innerhalb kürzester Zeit eh hinüber oder zu klein ist. Da kauft man lieber auf dem Kleidermarkt fünf Hosen für zehn Euro.

Wie geht es mit dem Markt nach Ihrem Rückzug weiter?

Erdinger: Einige Verkäuferinnen haben spontan gesagt, dass sie ihn mitorganisieren würden, aber nicht alleine. Mir war schnell klar, dass ich mehr Leute finden muss, damit der Markt eine Zukunft hat. Es gibt nun ein Team aus sieben Frauen, die ihn übernehmen. Fast alle sind schon lange als Verkäuferinnen dabei und kennen das Konzept gut. Ich habe versucht, alles, was ich bisher als Einzelperson gemacht habe, für sie in Zuständigkeitsbereiche aufzuteilen. Ob sie mein Konzept übernehmen oder sich künftig anders organisieren, wird sich zeigen.

Wie zeitintensiv ist die Organisation so eines Marktes?

Erdinger: Die Stoßzeit beginnt drei Monate vor einem Markt. Man muss Schule, Stadt und Verkäufer kontaktieren, Helferpläne erstellen, Spendenempfänger festlegen, Werbung verschicken und schauen, ob das Material komplett ist. Kleiderstangen, Kleiderbügel, Beschilderung – das alles habe ich lange Zeit zuhause in Keller und Garage gelagert und jedes Mal in mehreren Wagenladungen mit dem Auto in die Schule gefahren.

Vor der Markt-Eröffnung: Alle Waren sind gut sortiert und übersichtlich präsentiert. Dahinter steckt ein ausgeklügeltes Helferkonzept.
Foto: Juliane Erdinger | Vor der Markt-Eröffnung: Alle Waren sind gut sortiert und übersichtlich präsentiert. Dahinter steckt ein ausgeklügeltes Helferkonzept.
Ist bei Ihrem Abschied auch Wehmut dabei?

Erdinger: Ja, sehr. Der Markt wird immer "mein Baby" bleiben, das ich geboren habe. Ich finde es super, dass er inzwischen so groß geworden ist und so gut angenommen wird, und ich freue mich, dass er weiterwachsen kann.

Seit dem ersten Markt spenden Sie den Erlös an Zellerauer Einrichtungen, die mit Kindern zu tun haben.

Erdinger: Ich wohne seit 22 Jahren in der Zellerau und der Markt ist ein wichtiger Beitrag für den Stadtteil geworden. Durch ihn konnten bisher knapp 30.000 Euro an 34 Einrichtungen, die sich für das Wohl von Kindern einsetzen,  gespendet werden, zusätzlich zu großen Mengen von Sach- und Kleiderspenden. Inzwischen kommen auch direkte Anfragen, ob der Markt ein konkretes Projekt einer Einrichtung unterstützen kann.

Warum ist der Markt so erfolgreich und bekannt geworden?

Erdinger: Ich glaube, es ist das Gesamtkonzept: die Übersichtlichkeit, das Gut-Sortierte, der ordentliche Zustand der Ware, das stimmige Helferkonzept. Die Preise sind günstig, weil die Verkäufer nicht viel verdienen wollen, sondern sich freuen, wenn ihre Sachen noch weitere Verwendung finden. Und für die Verkäufer ist es ein Treffpunkt zwei Mal im Jahr, denn Helfen ist verpflichtend bei diesem Konzept.

An welche besonderen Momente bei den Märkten erinnern Sie sich?

Erdinger: Zum Beispiel an eine Familie an der Kasse mit zwei Kindern, die keine Schuhe anhatten. Nachdem die Eltern bezahlt hatten, fragten sie, ob wir die Preisschilder gleich abschneiden würden, damit die Kinder die Schuhe direkt anziehen könnten. Da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut. Genau dafür ist so ein Markt da – dass jeder seinen Kindern kostengünstig Kleidung kaufen kann. Ein erhebender Moment ist es auch, wenn man zu Beginn des Marktes das Band aufmacht und die Leute in die Halle lässt – und dann kommen immer mehr Menschen nach, es nimmt kein Ende! Da denke ich: Wow, das habe ich ins Leben gerufen?

Der nächste Kinderkleidermarkt findet am Samstag, 29. März, von 12 bis 15.30 Uhr, statt – in der Aula des Friedrich-Koenig-Gymnasiums (FKG), Friedrichstraße 22, 97082 Würzburg.

 
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