Was würde fehlen, wenn es Ostern nicht gäbe? Die Kinder würden das Ostereiersuchen vermissen. Die Erwachsenen vielleicht das süße Osterbrot oder andere, mit Ostern verbundene kulinarische Genüsse. Sehr viele würden die freien Tage und den dadurch möglichen Osterurlaub vermissen. Aber ist das schon alles? Ich glaube nicht.
Die meisten Menschen – auch wenn sie keine praktizierenden Christen sind – haben ein Gespür für die tiefe Bedeutung von Ostern. Die Auferstehung Jesu Christi mag für viele heute als Glaubensinhalt schwer nachzuvollziehen sein. Doch wie stark die Hoffnungsbotschaft ist, die in diesem Glaubensinhalt steckt, das verstehen wir alle. Und diese Hoffnungsbotschaft brauchen wir mehr denn je.
Wie gehen wir mit den Schreckensmeldungen um? Mit Meldungen über Menschen, die in Kriegen sterben, die als Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, die durch Naturkatastrophen ihre Existenz oder sogar ihr Leben verlieren?
Wie gehen wir mit den Bildern der brennenden Kathedrale Notre Dame in Paris um? Einer Kirche, die viel mehr ist als ein altes Gebäude, die Sicherheit, Stabilität und Geborgenheit für viele Menschen symbolisiert und so etwas wie die Seele einer Stadt, ja eines ganzen Landes ist?
Ist es Licht, das uns erwartet?
Wie gehen wir um mit den Brüchen im eigenen Leben, die Angst und Sorge um die Zukunft in uns wecken?
Für die Antwort auf diese Fragen ist die Grundperspektive entscheidend, in der wir unser eigenes Leben und das Leben der Welt sehen. Geht die Welt auf ein dunkles Loch zu? Oder ist es Licht, das uns erwartet? Einfacher gesagt: Geht alles den Bach runter oder wird alles gut? Für mich gibt es keine stärkere Antwort auf diese Frage als die christliche Osterbotschaft. Es ist die kraftvollste Hoffnungsbotschaft, die die Welt je gehört hat.
Im Zentrum dieser Botschaft steht Jesus von Nazareth, ein Mensch, der vor rund 2000 Jahren gelebt hat und der mit seiner radikalen Menschenliebe eine so faszinierende Ausstrahlung entwickelt hat, dass die Menschen gespürt haben: in ihm begegnet uns die göttliche Liebe selbst. Ein Mensch, der neue Wege gegangen ist und überall Hoffnung verbreitet hat.
Das Unglaubliche geschieht - Jesus wird auferweckt
Man kann sich die Enttäuschung und Verzweiflung kaum größer vorstellen, als genau dieser Mensch am Ende jämmerlich am Kreuz stirbt, hingerichtet durch ein Bündnis von religiösen und politischen Autoritäten. Der Mann, in den viele so große Hoffnungen gesetzt haben, endet als Folteropfer in Schmach und Schande. Einmal mehr scheitern die Ideale an der harten Realität der Welt. Einmal mehr siegen die Skrupellosen, die Gewalttätigen über die Friedensstifter, die Sanftmütigen und Barmherzigen. Wir kennen das.
Und dann geschieht das Unglaubliche. Jesus von Nazareth, den sie später Christus nennen, wird auferweckt. Das Grab, in dem eben noch der Leichnam Jesu gelegen hat, ist leer. Der auferstandene Jesus begegnet seinen Jüngerinnen und Jüngern. Er lebt. Er sagt: „Siehe ich bin bei euch bis an der Welt Ende.“ Und die Menschen spüren seine Gegenwart bis heute. Und wissen: Am Ende siegt nicht Gewalt, Hass und Tod, sondern das Leben.
Für Christen ist diese Botschaft von der Auferstehung Jesu die wichtigste Botschaft überhaupt. Damit steht und fällt der ganze christliche Glaube. „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich“, schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth. Und Paulus hat Recht. Ohne den Glauben an die Auferstehung würde die wichtigste Botschaft des Christentums fehlen.
Die Botschaft von der Auferstehung gehört zum Glauben
Jesus wäre ein eindrucksvoller Mensch, der für seine Überzeugungen mit seiner ganzen Existenz eingetreten, am Ende aber doch gescheitert ist. Es wäre eine Geschichte mehr unter unzähligen Geschichten von enttäuschten Hoffnungen. Also: es ist schon entscheidend, ob zu den Inhalten des christlichen Glaubens, die unsere Seele erreichen, auch die Botschaft von der Auferstehung gehört.
Manche Religionskritiker halten die Botschaft von der Auferstehung bis heute für einen gigantischen Selbstbetrug. Bei den Berichten von der Auferstehung Jesu – sagen sie – handelt es sich um Zeugnisse verzweifelter Menschen, die es einfach nicht aushalten konnten, der harten Realität des Todes ins Auge zu sehen und die deswegen Visionen entwickelten, mit denen sie sich trösten konnten. Was sich im Grab Jesu an jenem Tag der Auferstehung genau abgespielt hat, wird niemand je historisch rekonstruieren können. Dass das Grab wirklich leer war, als die Frauen dort ankamen, kann indessen auch historisch als ziemlich sicher gelten. Denn sonst würde das im Matthäusevangelium erwähnte Gerücht, die Jünger hätten den Leichnam Jesu gestohlen, keinen Sinn machen.
Die Botschaft lebt aus dem Vertrauen in Gottes Möglichkeiten
Und auch die Bezeugung der Ereignisse durch die vier Evangelien, sowie die in großer historischer Nähe entstandenen Briefe des Paulus, deren Kern übereinstimmt, kann sich als historische Bezeugung sehen lassen. Aber das alles sind nur Indizien über den historischen Wert der Auferstehungsbotschaft. Sie lebt am Ende nicht aus ihrer historischen Beweiskraft, sondern aus dem Vertrauen in Gottes Möglichkeiten, die höher sind als alle menschliche Vernunft. Sie lebt aus dem Vertrauen auf den Gott, der Gedanken des Friedens und nicht des Leidens für uns hat.
Sie lebt aus der Kraft der Hoffnung, die entsteht, wenn wir uns für die biblischen Geschichten öffnen und sie in die Story unseres Lebens einschreiben. Viele Menschen werden das an diesem Osterfest wieder tun. Indem sie in die Ostergottesdienste kommen und mit in den freudigen Ruf einstimmen: Christus ist auferstanden!