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Finsterlohr
Die Flachsbrechhütte in Burgstall war das zweite Zuhause von Gerhard Strauß
Gerhard Strauß bleiben durch zahlreiche Fotos die Erinnerungen an seine jahrzehntelange Tätigkeit in der Burgstaller Flachsbrechhütte
Foto: Hannelore Grimm | Gerhard Strauß bleiben durch zahlreiche Fotos die Erinnerungen an seine jahrzehntelange Tätigkeit in der Burgstaller Flachsbrechhütte
Hannelore Grimm
 |  aktualisiert: 02.11.2024 02:34 Uhr

Eng verbunden mit der Flachsbrechhütte, mit der der kleine Ortsteil von Finsterlohr ein längst ausgestorbenes Handwerk vor dem Vergessen bewahrt, ist der Familienname Strauß. Gerhard Strauß, dem bei der Betrachtung der Fotos die Begeisterung für die Hütte ins Gesicht geschrieben steht, ist zum einen wehmütig darüber, dass er nach über 40 Jahren die Betreuung des Museums aus gesundheitlichen Gründen abgeben muss, zum anderen freut es ihn aber, dass ihm sein Sohn Tobias in dem Amt nachfolgt.

Damit setzt der 30-jährige Bankkaufmann eine Tradition fort, die mit seinem Großvater Hans Strauß im Jahre 1980 begonnen hat. Der Landwirt Gerhard Strauß, der in seinem großen Gartengrundstück Flachs angebaut hat, kennt die Geschichte der Pflanze wie kaum ein anderer.

Wie er erzählt, wurde in Burgstall, das urkundlich erstmals im Jahre 1370 erwähnt wird, letztmalig 1926 Flachs gebrochen. Anders als früher, als noch die Flachsblüten himmelblaue Farbe in die sommerliche Landschaft gebracht haben, gibt es seitdem im Hohenloher Land nur Felder in verschiedensten Grüntönen zu sehen.

Was übrig geblieben ist aus der Vergangenheit, an die sich keiner der derzeit 21 Einwohner erinnert, ist die alte Flachsbrechhütte. Der Dornröschenschlaf für das alte, wegen der Brandgefahr weit außerhalb des Dorfes stehende Gebäude, ging mit der im Jahre 1979 abgeschlossenen Flurbereinigung zu Ende. Damals wurde die um 1780 erbaute Hütte restauriert und als Museum eingerichtet.

Zunächst kümmerte sich Hans Strauß, der Vater von Gerhard Strauß, und dessen inzwischen verstorbener Nachbar Hans Beck um den geschichtsträchtigen Bau. In dem haben früher die Burgstaller, besonders im Winter, viel Zeit bei der Flachsbearbeitung verbracht.

Gerhard Strauß war damals nicht nur beteiligt an den Erneuerungsarbeiten der Brechhütte, sondern er kannte auch durch seinen Vater alles über die Flachsbearbeitung. Als dieser die Betreuung der Anlage aufgeben hat, trat er die Nachfolge an und kümmerte sich gemeinsam mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Rudolf Friedlein und Klaus Geißendörfer um die idyllisch am Wald gelegenen Hütte.

In dem, im Originalzustand erhaltenen Gebäude, in dem die Zeit stillzustehen geblieben scheint, "lebte" Gerhard Strauß den Anbau von Flachs und dessen Weiterverarbeitung. Das Anliegen des Burgstallers, der die Hütte hegte und pflegte wie sein eigenes Anwesen, war es auch, das Wissen um diese uralte Kulturpflanze weiterzugeben, um es vor dem Vergessen zu bewahren.

In unzähligen Führungen hat er Besucherinnen und Besuchern aller Altersklassen die einzelnen Arbeitsschritte erklärt, die notwendig sind, bis aus den Fruchtknoten Leinöl gewonnen und aus den feinen Stängel Garn gesponnen werden konnte. Aus den Garnrollen wurde in einer Weberei gröberes Leinen oder feines Linnen gewebt. Aus den Stoffen wurde dann, wie früher bei der bäuerlichen Bevölkerung üblich, Kleidung ebenso geschneidert wie Bett- und Tischwäsche und auch die in der Landwirtschaft benötigten Säcke.

Der Burgstaller, der die für die Flachsbearbeitung alten Gerätschaften selbst reparierte, machte auch Führungen durch das keltische Oppidum von Finsterlohr-Burgstall. Die Anlage, in deren Mitte die Flachsbrechhütte liegt, gehört mit der Ausdehnung von 123 Hektar und dem gut erhaltenen Wall zu den größten Befestigungsanlagen aus keltischer Zeit.

Unterstützung bekam Gerhard Strauß, für den die Betreuung der Brechhütte Herzenssache war, über all die Jahre hinweg von seiner Frau Hildegard und den zwei Töchtern. Und nicht zuletzt von Sohn Tobias. Dass dieser gemeinsam mit Klaus Geißendöfer die Zukunft der Anlage sichert, ist ein ganz besonderes Geschenk für Gerhard Strauß, der kürzlich seinen 80. Geburtstag gefeiert hat.

Geöffnet ist das Museum nach Voranmeldung. Informationen dazu gibt es bei Tobias Strauß unter Tel.: 0151/519 110 26 oder bei Klaus Geißendörfer unter Tel.: (09865)547.

Bei dem blühenden Flachs in seinem Garten ging Gerhard Strauß das Herz auf
Foto: Hannelore Grimm | Bei dem blühenden Flachs in seinem Garten ging Gerhard Strauß das Herz auf
Die kleine Flachsbrechhütte war das zweite zuhause des Burgstaller Landwirts
Foto: Hannelore Grimm | Die kleine Flachsbrechhütte war das zweite zuhause des Burgstaller Landwirts
Meisterhaft beherrschte  Gerhard Strauß das Riffeln und die Weiterverarbeitung der Flachspflanzen
Foto: Hannelore Grimm | Meisterhaft beherrschte Gerhard Strauß das Riffeln und die Weiterverarbeitung der Flachspflanzen
 
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