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Würzburg
Die Festung aus dem 3D-Drucker
3D-Drucke wie dieses Abbild der Würzburger Festung ermöglichen die dreidimensionale Darstellung von Kartenmaterial.
Foto: Rainer Schäffner, FHWS | 3D-Drucke wie dieses Abbild der Würzburger Festung ermöglichen die dreidimensionale Darstellung von Kartenmaterial.
Bearbeitet von Frank Kupke
 |  aktualisiert: 28.11.2021 02:22 Uhr

Geodaten buchstäblich zum Greifen nahe zu gestalten, ist das Ziel neuer Projekte im Studiengang Geovisualisierung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS). Statt Geländemodelle und Architekturdarstellungen ausschließlich am PC zu modellieren, werden die Modelle zusätzlich mit 3D-Druck in eine reale dreidimensionale Form gebracht und mit Hilfe passgenauer AR-Technologie (Augmented Reality, auf Deutsch: erweiterte Realität) angereichert und sichtbar gemacht Dies berichtet die FHWS in einer Pressemitteilung.

„3D-Druck ist die Schnittstelle zwischen virtueller 3D-Darstellung und begehbarer Realität“, zitiert die Pressemitteilung den Laboringenieur Rainer Schäffner, der so die Stärke der sogenannten Schichtbautechnologie beschreibt. Vor diesem Hintergrund betreibt der Spezialist für Geoinformationssysteme und Geodaten gemeinsam mit Hochschul-Dozent Stefan Sauer zwei 3D-Drucker im Studienbereich.

„Im Gegensatz zu den meisten anderen Fertigungsverfahren wird hier Material hinzugefügt“, erklärt Stefan Sauer. Wie das geschieht, ist je nach Gerät unterschiedlich. Beim FDM-Verfahren (Fused Deposition Modeling, auf Deutsch: Schmelzschichtung) wird ein Kunststoffdraht verflüssigt und das Material entlang eines computergesteuerten Werkzeugpfads aufgespritzt. Bei der Stereolithografie wird UV-empfindliche Kunststoffflüssigkeit belichtet, die dann aushärtet. „Mit beiden Druckern können wir sehr komplexe Werkstücke mit Hinterschneidungen herstellen, was bisher nicht möglich war“, macht Sauer klar. Die Hinterschneidung ist laut Pressemitteilung ein Konstruktionselement, das am Gussteil hervorsteht und verhindert kann, dass sich dieses aus seiner Gussform entfernen lässt.

Industrie und Wissenschaft profitieren bereits seit Jahren von der individuellen Herstellungsmethode, berichtet die FHWS. Wie 3D-Druck mit AR-Technologie kombiniert und auch für Architektur, Stadtplanung und Geowissenschaften einen Mehrwert bieten kann, zeigen demnach die beiden Studierenden der Geovisualisierung Rebekka Bärthele und Lukas Enz.

Für ihre Projektarbeit im Bereich Projection-Mapping hat Rebekka Bärthele zunächst ein virtuelles 3D-Geländemodell von Würzburg erstellt. Das wurde dann mit spezieller Software in Schichten geschnitten und vom Drucker ausgedruckt. Rund zwei Wochen Druckzeit habe sie für das rund einen Quadratmeter große Modell benötigt, so Rebekka Bärthele. Zugleich hat die Studentin Daten zu verschiedenen geophysikalischen Fragestellungen gesammelt, die dann in passgenaue Bilder integriert und per Beamer auf das Kunststoff-Modell projiziert werden. Das Ergebnis ist eine faszinierende Illusion, die nach Belieben Straßennetz, Rad- und Wanderwege, Grünanlagen und Bebauung, Höhenlinien oder Stadtteile zeigt.

Sogar über die Stadt ziehende Wolken können auf das Modell projiziert werden. "Beinahe etwas apokalyptisch mutet eine Hochwassersimulation an, bei der die Stadt von aufsteigendem Wasser verschluckt wird", so die FHWS in ihrer Pressemitteilung. Dies ist auch der Ausgangspunkt für Bärtheles Bachelor-Arbeit „Augmented Reality Sandbox“. Das heißt: Während die Betrachtenden mit der Hand eine reale Sandlandschaft verformen, wird das entsprechende Höhenmodell in Echtzeit gescannt und auf den Sand projiziert. Eine darüber gelegte Wassersimulation könnte beispielsweise veranschaulichen, welche Folgen die Verformungen der Oberfläche auf Regenabfluss, Flussverläufe und Hochwasser haben.

Lukas Enz hat in seiner Bachelorarbeit eine AR-Anwendung für ein Modell des Campus am Röntgenring erstellt. Ausgangspunkt waren unterschiedliche Geodaten und ein Kunststoff-Ausdruck der FHWS-Gebäude. Lukas Enz hat das nüchterne Modell nun virtuell mit Infos angereichert. Durch ein Tablet, das eine Echtzeit-AR-Anwendung öffnet, können die Anwendenden das Modell wie durch eine Brille betrachten - das vor ihnen stehende weiße Modell erhält beim Blick aufs Tablet Details wie Fassadenfarbe, Bäume, Autos und Menschen. In dieser angereicherten Landschaft können die Userinnen und User herumzuspazieren, sie überfliegen oder sich heranzoomen. Mit einem weiteren Klick lässt sich sogar die Außenhülle entfernen, so dass die Raumaufteilung der Gebäude sichtbar wird.

Projekte wie diese will man im Studiengang Geovisualisierung künftig häufiger durchführen. Nicht nur Wettbewerbs-Beiträge können dadurch deutlich attraktiver gestaltet werden, so Stefan Sauer, auch die Museumspädagogik könnte ein künftiger Ansprechpartner sein. Denkbar ist zum Beispiel eine Anwendung, mit der man spielerisch ein Festungsmodell erkunden, in verschiedene Gebäudeteile blicken oder sich den Baufortschritt über die Jahrhunderte ansehen kann.

 
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