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WÜRZBURG/STEINFELD
Die Börse der steinreichen Leute
Ein Ammonit aus Richard Scheiners Sammlung.
Foto: Pat Christ | Ein Ammonit aus Richard Scheiners Sammlung.
Pat Christ
Pat Christ
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:47 Uhr

Sie schmücken Ringe, Armbänder und Ketten, in Zeptern und Kronen symbolisierten sie einst großen Reichtum und große Macht: Farbenprächtige Mineralien faszinieren die Menschen seit Jahrhunderten. Wie stark sie bis heute in Bann ziehen können, erlebt Richard Scheiner aus Steinfeld-Hausen bei Lohr, wenn Menschen seinen „Amethyst“ besuchen. So nennt sich sein über viele Jahre hinweg geschaffenes „Steinreich“, das mehr als drei Tonnen Mineralien und Fossilien beherbergt.

Jedes Mal wieder ist es für Richard Scheiner ein erhebendes Gefühl, sein steinernes Reich zu betreten. Hier glitzert, funkelt und sprüht es, bizarre Formen verlocken zum Tasten und Fühlen. Schon als Kind war Scheiner fasziniert von Steinen. Richtig los ging es allerdings erst viele Jahre später. Wobei er, für den Steine auch etwas Heilkräftiges haben, nicht gern über die Anfänge seiner Sammelleidenschaft spricht. „Denn das finden die meisten Menschen zu esoterisch“, sagt der 63-Jährige aus Main-Spessart lachend.

Achate in der Hosentasche

Ein Wirbelsäulenleiden brachte Scheiner vor vielen Jahren zu seinem imposanten „Steinreich“. Ein Freund hatte ihm geraten, vor der Operation jeweils einen Achat in der rechten und der linken Hosentasche zu tragen. Sollen doch Achate Rheuma, Gelenkschwellungen, Knochenbrüche und Rückenschmerzen positiv beeinflussen. Scheiner tat, wie ihm geheißen. Und hatte das Gefühl: Es hilft.

Von da an mauserte er sich zum leidenschaftlichen Sammler und Hobbymineralogen, der heute eine Unzahl von Mineralien bestimmen kann. Scheiner baute auch nicht nur sein eigenes „Steinreich“ auf, sondern begann, sich bei den Mineralien- und Fossilienfreunden „Mainfrankenstein“ zu engagieren. Heute fungiert er als Schatzmeister, seit langem organisiert der Hausener außerdem die Mineralien- und Fossilienbörse, die an diesem Sonntag zum 44. Mal in Würzburg stattfindet. Mehr als 30 Aussteller konnte der langjährige Börsenleiter wieder gewinnen. Mit bis zu 800 Besuchern wird gerechnet.

Börse mit kunstvoller Besonderheit

In jedem Jahr gibt es auf der Börse ein besonderes „Schmankerl“: künstlerisch vollendete Ceratiten von Horst Bohne. Ceratiten nennen sich Fossilien des Oberen Muschelkalks, die älter sind als die bekannteren Ammoniten. Bohne hat versucht, die Weichteile künstlerisch zu ergänzen, um darzustellen, wie die Kopffüßer vor Millionen Jahren ausschauten.

Fast 100 Steinfans aus ganz Unterfranken und darüber hinaus gehören momentan den vor 16 Jahren gegründeten Mineralien- und Fossilienfreunden an. Wobei es schon vor Gründung der Initiative „Mainfrankenstein“ Mineraliensammler in der Region Würzburg gab, die sich regelmäßig trafen. 1971 organisierten sie die erste Mineralien- und Fossilienausstellung, damals im Würzburger Falkenhaus.

Interessante Mineralien - vor der Haustür

Zu den besonders engagierten Mitgliedern zählt heute Niels Kölbl. Der Würzburger Landschaftspfleger, der als zweiter Vorsitzender fungiert, kam vor etwa zehn Jahren zu den Mineralienfreunden, weil er sich für die heimische Natur interessiert. „Ich bekam zufällig mit, dass die Mineralienfreunde einen Vortrag über den Spessart organisierten.

“ Kölbl entdeckte auf diese Weise, dass der Spessart nicht nur über eine reiche Flora und Fauna, sondern auch über äußerst interessante Mineralien verfügt. Mit dem „Spessartit“ gab das Mittelgebirge einem Stein sogar seinen Namen.

Daneben existiert ein Mineral aus der Granat-Gruppe, das „Spessartin“ heißt. Laut dem unterfränkischen „Spessartprojekt“ wurde dieses Mineral 1787 vom russischen Fürst Dimitrij Alexejewitsch Gallitzin bei Aschaffenburg aufgesammelt. Benannt wurde es mehrere Jahre später durch François Sulpice Beudant, Professor für Mineralogie an der Pariser Sorbonne, da im Spessart einer der historisch bedeutendsten Fundorte des Minerals liegt. Allerdings kommen die Steine auch woanders vor. Einige Spessartinkristalle stammen zum Beispiel aus China, etwa aus der „Wushan Spessartine Mine“.

Standardwerk für Spessartsteine

Für jene Mitglieder der Mineralienfreunde, deren Sammelleidenschaft vor allem auf die Spessartsteine zielt, schrieb Joachim Lorenz aus Karlstadt am Main ein Standardwerk, das bei seiner Veröffentlichung vor sechs Jahren in der Szene Aufsehen erregte. Der opulente, fast vier Kilogramm schwere Wälzer des Hobbygeologen gibt auf annähernd 1000 Seiten Einblick in 500 Millionen Jahre Erdgeschichte. Wer bisher gedacht hat, der Spessart besteht nur aus Buntsandstein, wird eines Besseren belehrt. Neben dem „Spessartit“ finden sich Diorite und Dolomite, Glimmerschiefer und Marmor, Pegmatite, Quarzite sowie ein „Hösbachit“ und ein „Sailaufit“ genannter Stein.

Niels Kölbl, dessen Sammelschwerpunkt auf einheimischen Steinen liegt, liebt es, zwischen dem Erzgebirge und dem Karwendel auf Entdeckungstour nach interessanten Mineralien zu gehen. Nicht nur in Steinbrüchen wird er fündig. Kürzlich stöberte er auf einem Waldweg in Sachsen einen Amethyst auf. Auch Neubaugebiete sind für ihn eine ergiebige Fundgrube. So bescherte ihm das Rimparer Neubaugebiet unlängst einen Zuwachs seiner Sammlung. „Überall, wo gebuddelt wird, ist es für uns interessant“, meint der Naturfreund.

Die Liebe zum Opal

Was für Richard Scheiner Achate, sind für Niels Kölbl Opale. Kölbl besitzt über 20 ganz unterschiedliche Opale – auch aus der Region. „Dass es bei uns Opale gibt, wissen die wenigsten Leute“, sagt er. Seine Sammlung umfasst einen Opal aus Steinheim bei Hanau, daneben ist er im Besitz eines ungarischen Edelopals sowie eines wunderschönen, rot leuchtenden Feueropals aus Mexiko. Um diese Steine muss sich der Sammler besonders kümmern. Da Opale mit der Zeit Flüssigkeit verlieren, ist es nötig, sie einmal im Jahr in Wasser zu tauchen.

Wer sich als Sammler in der Szene einen Namen gemacht hat, braucht meist nicht lange zu warten, bis er kleinere Sammlungen, etwa von verstorbenen Mineralienfans, angeboten bekommt. Doch nicht mit allen Steinkisten kann ein Mineralienfreund etwas anfangen. Zum ungeschriebenen Kodex gehört es, dass jeder Stein möglichst bis auf die Mine bestimmt sein muss, bevor man mit ihm etwa auf eine Börse gehen kann.

Wie heißen die jeweiligen Steine? Aus welchem Land stammen sie? Wo befindet sich der Fundort genau? Unbeschriftete Sammlungen können selbst mit den heute existierenden, frei zugänglichen Datenbanken gewaltiges Kopfzerbrechen bereiten. Die monatlichen Treffen der Mineralien- und Fossilienfreunde dienen nicht zuletzt dazu, einander beim Bestimmen zu helfen – mit oder ohne Achat in der Hosentasche.

Mineralienbörse

Die Mineralien- und Fossilienfreunde kommen an jedem ersten Freitag im Monat im Würzburger Gemeindezentrum Heiligkreuz (Hartmannstraße 29) zusammen. Bei den Treffen wird auch über interessante Fundstellen sowie Neues aus der Welt der Mineralien und Fossilien diskutiert. Mehrmals jährlich werden Vortragsabende mit Experten des Instituts für Geographie und Geologie der Universität Würzburg, bekannten Referenten aus anderen Vereinen sowie mit engagierten Privatsammlern der Gruppe organisiert.

Infos: www.mffw-mainfrankenstein.de

Die Mineralien- und Fossilienbörse findet an diesem Sonntag, 20. November, von 10 bis 17 Uhr im Gemeindezentrum Heiligkreuz Würzburg statt.

Niels Kölbl mit einem Stück versteinertem Holz.
Foto: Pat Christ | Niels Kölbl mit einem Stück versteinertem Holz.
Organisiert die Mineralienbörse: Steinesammler Richard Scheiner aus Steinfeld-Hausen.
Foto: Steffen Standke | Organisiert die Mineralienbörse: Steinesammler Richard Scheiner aus Steinfeld-Hausen.
Diesen Rutilquarz aus Richard Scheiners Sammlung machen die goldenen Nadeleinschlüsse zu etwas Besonderem.
Foto: Pat Christ | Diesen Rutilquarz aus Richard Scheiners Sammlung machen die goldenen Nadeleinschlüsse zu etwas Besonderem.
 
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