Heute ist das Hubland dafür bekannt, dass hier die Universität Lehrer und Naturwissenschaftler ausbildet und dass die Fachhochschule in ihrem neuen Haus am Sanderheinrichsleitenweg unter anderem die Fachbereiche Gestaltung und Informatik untergebracht hat. Im Dritten Reich gab es freilich am Galgenberg, wo 2018 die Landesgartenschau stattfindet, bereits eine Berufsschule.
Wie berichtet, hatten die Nationalsozialisten ab 1935 auf dem Areal einen Fliegerhorst errichtet. Hier befand sich auch eine Berufsschule, in der Flugmotorenschlosser und Flugzeugbauer ausgebildet wurden.
Einer der Lehrlinge war der 1929 in Goßmannsdorf geborene Erich Weiß, der zu Ostern 1943 die Volksschule in seinem Heimatort abgeschlossen hatte. Nach bestandener Aufnahmeprüfung wurde er ins zweigeschossige Wohnheim im vorderen Bereich des Horstgeländes aufgenommen, in dem etwa 80 junge Männer aus ganz Unterfranken in Vierbettzimmern lebten.
Die geräumigen Werkstätten waren an eine der Flugzeughallen angebaut. Zum Essen gingen die Lehrlinge zurück ins Kasino. Weiß erinnert sich an den Tagesablauf der jungen Männer: „Wir hatten wenig Kontakt mit anderen Menschen, die dort beschäftigt waren. Unser Leben spielte sich zwischen Wohnheim, Werkstatt und Kasino ab.“
Vom Aufstehen bis zum Zapfenstreich war jede Stunde eingeteilt. Gegen 6.30 Uhr wurden die Lehrlinge geweckt, danach mussten sie auf dem Gang des Wohnheims zum Frühsport antreten. Nach dem Frühstück ging es an der Landebahn entlang zur Werkstatt.
„Im ersten Jahr absolvierten wir die Grundausbildung“, berichtete Erich Weiß 2013, „da hatten wir mit Flugzeugen praktisch noch gar nichts zu tun. Der theoretische Unterricht wurde in einem Lehrraum im Werkstattgebäude erteilt. Mittags mussten wir zurück, denn das Essen nahmen wir zusammen mit Soldaten und Arbeitern im Kasino ein, danach ging die Ausbildung weiter.“ Gegen 18 Uhr gab es Abendessen wieder im Kasino. Dann hatten die Lehrlinge etwa eine Stunde Pause, bevor man Programm mit ihnen machte. Manchmal wurde gesungen oder sie hörten einen Vortrag. Erich Weiß: „Gelegentlich haben wir genäht und unsere Kleidung in Ordnung gebracht.“ Zapfenstreich war gegen 22 Uhr.
Im Herbst 1944 mussten sich alle 80 Lehrlinge am Ausheben von Panzer- und Schützengräben im Saarland beteiligen; Anfang Dezember kamen sie nach etwa zwölf Wochen zurück nach Würzburg.
Den Bombenangriff des 16. März 1945 erlebte der Flugmotorenschlosserlehrling Erich Weiß im Wohnheim im Fliegerhorst: „Auch bei diesem Fliegeralarm blieb ich, wie schon so oft, mit meinem Mitbewohner im Zimmer, anstatt mich in den Luftschutzkeller zu begeben. Wir suchten dann aber fluchtartig den Keller auf, als die ersten Bomben und Luftminen abgeworfen wurden.“ Direkt nach dem Angriff versuchten die Jungen, vom Flugplatz aus in die Stadt zu gelangen, aber weiter als bis zur Bahnlinie konnten sie nicht vordringen.
Der Fliegerhorst hatte für die alliierten Bomber keine besondere Bedeutung und war am 16. März praktisch ausgespart; die das Zielgebiet absteckenden „Christbäume“ wurden beispielsweise erst am Ostrand des Frauenlands gezündet, wo auch der Abwurf von Bomben begann. Diese sollten vor allem Wohngebäude treffen und einen Feuersturm entfachen. Nur zwei Baracken in der Nähe der Kommandantur gingen in Flammen auf. Das Flächenbombardement setzte erst etwa 300 Meter weiter in Richtung Stadt ein.
Erich Weiß durchquerte am Tag nach dem verheerenden Angriff die noch brennende Stadt; er wollte zu seinen Eltern nach Goßmannsdorf fahren, um ihnen mitzuteilen, dass er lebte. Der Hauptbahnhof war schon seit dem schweren Bombardement vom 23. Februar 1945, bei dem 178 Menschen gestorben waren, nicht mehr in Betrieb, so war sein Ziel der Bahnhof in Heidingsfeld.
Auf dem Weg dorthin sah er an verschiedenen Stellen, beispielsweise am Dom, Tote, die man dort niedergelegt hatte. Tatsächlich fuhr in Heidingsfeld ein Zug ab, der ihn nach Hause brachte. Am Tag darauf kehrte er mit dem Fahrrad zum Fliegerhorst zurück. Einige Tage später war der Flugplatz Angriffsziel von Jagdbombern. Erich Weiß: „Die Lehrwerkstätte wurde von zwei Bomben getroffen, die Wände wurden rausgedrückt, die Werkstatt war weitgehend zerstört. Ein Lehrling lief aufs Feld hinaus. Zwei oder drei Flugzeuge zogen hintereinander sehr tief über die Halle hinweg; er wurde von Kugeln eines Maschinengewehrs getroffen und starb.“
Da die Werkstatt nicht mehr zu benutzen war, mussten die Lehrlinge nach Rimpar marschieren und in einer Scheune schlafen. Unterricht erhielten sie dort nicht mehr, doch die Illusion eines Fortbestehens der Berufsschule wurde aufrechterhalten. Tagsüber holten die Jungen mit einem Plattenwagen ihre Betten und die Drehbänke aus Würzburg.
Bei einem dieser Besuche auf dem Fliegerhorst erlebte Erich Weiß, dass den nationalsozialistischen Behörden schon vor der Ankunft der amerikanischen Truppen die Kontrolle entglitt: „Wir erfuhren, dass die Kleiderkammer offen war und die Würzburger alles davontrugen. Da sind wir natürlich hin und ich habe mir einen Fliegermantel genommen, einen Ausgehmantel aus Stoff, ein wenig auf Taille geschnitten.“
An jedem Morgen war Appell in Rimpar. Erich Weiß: „Da hat immer mal wieder einer gefehlt. Da die Front immer näher rückte, setzten sich einige Lehrlinge in der Nacht ab, um ihre Heimatorte zu erreichen. In der letzten Märzwoche tat ich das Gleiche. Ich schnürte meine wenigen Habseligkeiten zu einem festen Bündel zusammen und versteckte mein Fahrrad nach Einbruch der Dunkelheit außerhalb der Scheune in einem Gebüsch in der Nähe des Bachs.“
Nachts um ein Uhr verließ Erich Weiß unbemerkt die Scheune und machte sich ohne Licht auf den etwa 30 Kilometer langen Heimweg. Den Fliegermantel aus der Kleiderkammer des Horsts hatte er an. Weiß erinnert sich: „Als ich um drei Uhr zuhause ankam, kam meine Mutter raus und sah mich in dem Fliegermantel. Da hatte sie Angst, dass ich zum Militär muss. Sie fing gleich an zu heulen. 'Jetzt musst du auch noch fort.? Mein älterer Bruder war ja schon gefallen. Da beruhigte ich sie: 'Ich muss nicht fort, den habe ich so mitgenommen.?“
Die Geschichte des Galgenbergs erzählt Roland Flade in seinem Buch „Würzburgs neuer Stadtteil Hubland“. Auf die Vergangenheit des Areals wird während der Landesgartenschau 2018 mit Info-Stelen und einer Ausstellung hingewiesen.