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WÜRZBURG
Die Angst der Bauern vor der Schweinepest
Wildschwein       -  ARCHIV - Ein Wildschwein aufgenommen am 13.11.2017 in Elstal (Brandenburg) in der Döberitzer Heide in Sielmanns Naturlandschaften. Bund und Länder bereiten sich auf einen möglichen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland vor.
Foto: Bernd Settnik (dpa-Zentralbild) | ARCHIV - Ein Wildschwein aufgenommen am 13.11.2017 in Elstal (Brandenburg) in der Döberitzer Heide in Sielmanns Naturlandschaften.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:11 Uhr

Die fränkischen Bauern haben Angst vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP). In Polen und Tschechien ist die Seuche bis auf 300 Kilometer an die deutsche Grenze vorgedrungen. „Das erhöhte Risiko einer Einschleppung ist nicht neu, sondern besteht bereits seit dem ersten Auftreten der Tierseuche im Baltikum und in Polen zu Beginn des Jahres 2014“, sagt Kristin Schalkowski, Pressesprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts. Es gelte daher, bei uns die Hausschweinbestände und die Wildschweinepopulation bestmöglich zu schützen. Hierbei spielten Hygiene- und Biosicherheitsmaßnahmen eine herausragende Rolle. Doch wie wahrscheinlich ist ein Ausbruch der ASP in Deutschland? Wie gefährlich ist das Virus für den Menschen? Gertrud Helm, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim Bayerischen Jagdverband, und Lena Stegmann, Pressesprecherin beim Bayerischen Bauernverband, beantworten die wichtigsten Fragen.

Woher kommt die Afrikanische Schweinpest?

Gertrud Helm: Die Schweinepest ist eine Virusinfektion, die lange Zeit nur in Afrika auftrat, seit 1995 ist sie auch in Europa aufgetreten. Damals breitete sich die Seuche in Italien, Frankreich, Belgien und den Niederlanden aus. Seit 2014 ist die ASP in den osteuropäischen Ländern aufgetreten. In Polen ist die Schweinepest bereits bis westlich der Hauptstadt Warschau vorgedrungen. Zwischen Ende November und Anfang Januar gab es in Polen nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts 279 neue Fälle bei Wildschweinen.

Lena Stegmann: Ende Juni 2017 wurde erstmals ASP bei Wildschweinen im Südosten Tschechiens bestätigt. Die Fallzahlen steigen seitdem dort stetig. Anfang August 2017 wurden zwei Fälle bei Hausschweinen im Nordwesten Rumäniens bestätigt. Die Fälle in Tschechien sind von der bayerischen Grenze nur rund 300 Kilometer entfernt.

Gibt es schon Fälle in Deutschland oder Bayern?

Stegmann: Bisher ist noch kein Fall in Deutschland oder Bayern bekannt, allerdings wurde die Seuche mittlerweile bei 144 Wildschweinen in unserem Nachbarland Tschechien nachgewiesen. Die sprunghafte Ausbreitung des Seuchengeschehens nach Tschechien zeigt, dass die Tierseuche droht, sich weiter Richtung Deutschland auszubreiten. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat deshalb seine Risikoeinschätzung vor kurzem angepasst und sieht nun eine deutlich erhöhte Gefährdungslage für Deutschland.

Wie könnte ASP nach Deutschland gelangen?

Helm: Der größte Risikofaktor ist der Mensch. Das Wildschwein bringt die Seuche nicht über die Grenze. Kein Schwein läuft von Warschau nach München. Denn die Krankheit verläuft so schlimm, dass die Schweine innerhalb eines Tages nach Ansteckung schwerst erkranken, sich nicht mehr bewegen und innerhalb von zwei bis vier Tagen sterben. Erst wenn die Seuche einmal im Land ist, können sie Schweine in der engeren Region übertragen.

Maßnahmen gegen Afrikanische Schweinepest       -  ARCHIV - Auf dem Parkplatz Bansower Forst der Autobahn A19 bei Lalendorf (Mecklenburg-Vorpommern) warnen Aushänge des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft am 07.11.2017 vor der Afrikanischen Schweinepest, die auch durch Lebensmittel übertragen werden kann.
Foto: Bernd Wüstneck (dpa) | ARCHIV - Auf dem Parkplatz Bansower Forst der Autobahn A19 bei Lalendorf (Mecklenburg-Vorpommern) warnen Aushänge des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft am 07.11.2017 vor der Afrikanischen ...

Stegmann: Es besteht die Gefahr der Einschleppung des Virus durch Personen, die sich im Verbreitungsgebiet aufgehalten haben und (direkt oder indirekt) mit Haus- oder Wildschweinen in Kontakt gekommen sind. Über kontaminiertes Blut kann ASP besonders gut übertragen werden. Die Ausbreitung des Virus kann auch durch nicht durchgegarte, kontaminierte Fleischprodukte erfolgen. Auch Gerätschaften, Fahrzeuge oder Kleidung, die mit infizierten Haus-/Wildschweinen in Kontakt gekommen sind, können das Virus weiterverbreiten.

Was sagen die bayerischen Jäger dazu?

Helm: In Bayern gibt es sehr hohe Bestände an Wildschweinen, daher schießen die bayerischen Jäger ohnehin schon 60 000 bis 80 000 Wildschweine pro Jahr. Der Jagdverband hat seine Jäger aufgefordert, noch intensiver zu jagen. Die Jagd muss tiergerecht bleiben. Die Staatsregierung bezahlt zudem eine Entschädigung für die hohen Kosten, die bei der Erlegung eines Wildschweins anfallen.

Afrikanische Schweinepest       -  ARCHIV - Auf einem Computerbildschirm ist das Virus der Afrikanischen Schweinepest in einer Wirtszelle eines Wildschweins zu sehen, aufgenommen am 19.02.2014 im Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems (Mecklenburg-Vorpommern).
Foto: Stefan Sauer (dpa-Zentralbild) | ARCHIV - Auf einem Computerbildschirm ist das Virus der Afrikanischen Schweinepest in einer Wirtszelle eines Wildschweins zu sehen, aufgenommen am 19.02.2014 im Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems ...

Stegmann: Die Schwarzwildjagd muss unter diesen Umständen intensiviert werden, um die Population zu reduzieren. Zur Beobachtung der Situation ist die Jägerschaft aufgerufen, Proben von gefallenem Schwarzwild zur Untersuchung einzusenden. Kommt es weiterhin zu vermehrtem Auftreten von Fallwild, muss dies der zuständigen Jagd- bzw. Veterinärbehörde gemeldet werden.

Was sind die Symptome?

Stegmann: Die Symptome der Afrikanischen Schweinepest umfassen hohes Fieber, Apathie, Bewegungsstörungen, Diarrhoe und stark erhöhte Atemfrequenz. Es kann auch zur Bildung von Petechien in Haut und Schleimhaut, Nasenbluten oder blutigem Diarrhoe kommen. Es sind Schweine jeglichen Alters betroffen. Die Erkrankung ist auf der Basis von klinischen Symptomen nicht von der Klassischen Schweinepest und anderen schweren Krankheitsverläufen zu unterscheiden. Der Verlauf kann schnell und heftig oder langsam sein. Während in der akuten Form deutliche Krankheitssymptome gezeigt werden und zahlreiche Tiere verenden, kann die chronische Verlaufsform unter Umständen auch symptomlos verlaufen. Dies birgt die Gefahr der unbemerkten Weiterverbreitung des Erregers in sich.

Ist die Seuche bedrohlich?

Helm: Wir haben in Bayern hohe Schweinebestände, daher ist die Seuche für die landwirtschaftliche Schweinhaltung bedrohlich. In Deutschland machen die Bauern bislang rund sieben Milliarden Euro Umsatz pro Jahr mit Schweinen. Wer den Erreger im Stall hat, müsste alle Tiere töten und das hätte hohe wirtschaftliche Schäden.

Stegmann: Ein Ausbruch der ASP bei Wild- oder Hausschweinen in Deutschland würde massive Bekämpfungsmaßnahmen nach sich ziehen und hätte darüber hinaus äußerst gravierende Schäden in der Schweinehaltung und allen Wirtschaftszweigen, die damit verbunden sind, zur Folge. Neben der Tötung von Seuchenbeständen würden auch in den in Restriktionsgebieten befindlichen Betrieben große Schäden auftreten. Diese wären durch massive Eingriffe in ihre Betriebsabläufe und damit auch in der Vermarktung geschädigt. Ein ASP-Fall würde außerdem sofortige und wahrscheinlich lang anhaltende Sperren seitens wichtiger Exportländer außerhalb der EU nach sich ziehen. Ein Teil unserer Schweinefleischerzeugung wäre dann nicht mehr oder nur schwer abzusetzen, was den Schweinemarkt massiv unter Druck setzen und bundesweit alle Schweinehalter massiv schädigen würde.

Ist die Seuche für den Menschen gefährlich?

Helm: Nein, sowohl Menschen als auch anderen Haus- und Wildtieren kann der Erreger nichts anhaben.

Gibt es eine Impfung?

Stegmann: Es gibt keine Impfung gegen ASP. Nur durch die konsequente Tötung von betroffenen Schweinebeständen und Schwarzwildpopulationen, die seuchenhygienisch sichere Entsorgung und Verarbeitung von Kadavern und anderem kontaminierten Material kann die ASP bekämpft werden. Besonders schwierig – aber gleichwohl unerlässlich – ist dabei die Seuchenbekämpfung im Schwarzwildbestand. Darüber hinaus gilt es, im Seuchenfall durch Einrichtung von Sperrbezirken mit Transportverboten eine Verschleppung zu unterbinden.

Sind der Bayerische Jagdverband und der Bayerische Bauernverband aus die Seuche vorbereitet?

Helm: Wir sind sehr gut vorbereitet. Es gibt einen Krisenstab zusammen mit dem Umweltministerium. Noch gilt das Jagdrecht und nicht das Seuchenrecht.

Stegmann: Der Bauernverband informiert seine Mitglieder regelmäßig über den aktuellen Stand und klärt über die Folgen der ASP und über die Präventionsmaßnahmen auf. Auch empfehlen wir Schweinehaltern eine Tierschadensversicherung abzuschließen. Weiterhin hat sich der BBV für eine Schwarzwildprämie eingesetzt. Da alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um das Risiko einer Einschleppung nach Deutschland zu minimieren, und die Schwarzwilddichte einen hohen Risikofaktor darstellt.

 
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