„Nicht immer, aber immer öfter.“ Fast jeder dürfte sich an die „Clausthaler“-Werbung aus den 1980er Jahren erinnern. Die Marke war das erste alkoholfreie Bier auf dem deutschen Markt – und ein Nischenprodukt. Das war 1979. Heute ist Alkoholfreies Massenware und gilt als gesund und besonders für Sportler geeignet. Ist das wirklich so?
Deutschland ist weltweit führend bei der Herstellung alkoholfreier Biere. Mittlerweile bieten etwa 200 Brauereien alkoholfreie Variationen an. Im Jahr 2015 betrug ihr Gesamtausstoß 5,24 Millionen Hektoliter – das entspricht 5,6 Prozent der gesamten Bierproduktion in Deutschland. Im Vergleich zu 2008 wird damit heute knapp doppelt soviel Alkoholfreies produziert.
„Nach wie vor liegen alkoholfreies Pils und alkoholfreies Weizenbier in der Gunst der Verbraucher vorne“, so Marc-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund. Ein regelrechter Boom sei jedoch für alkoholfreie Biermischgetränke wie etwa Radler zu verzeichnen, deren Absatz 2015 um über 30 Prozent gestiegen sei.
Ja. Auch Alkoholfreie werden nach dem Reinheitsgebot von 1516 gebraut und bestehen ausschließlich aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe.
Nein, aber das wirkt sich zumindest nicht auf die Fahrtüchtigkeit einer Person aus. Die bedingt durch den Herstellungsprozess verbliebenen Restmengen Alkohol sind nämlich so gering, dass sie selbst auf alkoholempfindliche Menschen keinerlei messbaren Einfluss ausüben. Während in anderen EU-Staaten wie Frankreich oder Spanien ein doppelt so hoher Wert zulässig ist, dürfen als „alkoholfrei“ deklarierte Biere in Deutschland nur höchstens 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten. Ein durchschnittliches alkoholhaltiges Bier kommt auf rund fünf Volumenprozent.
Isotonische Getränke haben eine Vielzahl von Inhaltsstoffen unter anderem Kohlenhydrate und Elektrolyte wie Natrium. Das Verhältnis von Nährstoffen und Flüssigkeit ist dabei dem in unserem Körper sehr ähnlich. „Das führt dazu, dass der Körper die Flüssigkeit gut aufnehmen kann“, erklärt Professor Billy Sperlich, Sportwissenschaftler an der Uni Würzburg.
„Für Freizeitsportler reichen in der Regel andere Getränke, wie Apfelsaftschorle“, sagt Sperlich. Wenn man sich aber mehrere Stunden intensiv belastet und einen hohen Flüssigkeitsverlust hatte, „sollte man schon über die Qualität des Getränks nachdenken. Und da sind isotonische Getränke sinnvoll.“ Von übermäßigem Wasserkonsum bei Sport rät Sperlich indes ab. „Reines Wasser in Mengen kann zu einem Anschwellen von Zellen führen.“ Bei Triathleten von „Ironman“-Veranstaltungen habe das sogar schon zum Tod geführt. Dennoch muss alkoholfreies Bier nicht automatisch das Mittel der Wahl sein: Es kommt auf das Trainingsziel an. Will man Muskeln aufbauen, ist auch die geringe Menge an Alkohol im Alkoholfreien ungünstig: „Alkohol stört den Muskelaufbau und dämpft den Trainingseffekt“, warnt Sperlich. „Aber da macht die Dosis das Gift. Ab und zu ein alkoholfreies Bier nach dem Sport ist sicher kein Problem.“ Will man dagegen mit Sport abnehmen, punktet alkoholfreies Bier mit seinen wenigen Kalorien.
„Es gibt keine Verbote beim Abnehmen“, betont Diätexpertin Sandra Hartl von der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg. „Es ist alles erlaubt. Die Menge ist ausschlaggebend.“ Bewusst eingeplant könne sowohl alkoholhaltiges Bier wie auch alkoholfreies Bier getrunken werden. Der große Nachteil von alkoholhaltigem Bier ist aber neben den vielen Kalorien eine weitere negative Eigenschaft: „Alkohol kann den Appetit anregen und den Fettabbau hemmen“, so Hartl.
Es gibt die Aussage, dass bestimmte Marken das Immunsystem unterstützen. „Da muss man aber vorsichtig sein“, so Professor Sperlich. Oft seien entsprechende Studien von der Lebensmittelindustrie gesponsert. Auch Ernährungsexpertin Sandra Hartl ist zurückhaltend. „Die Frage, ob alkoholfreies Bier gesund oder ungesund ist, kann man per se nicht beantworten. Maßgebend ist immer die Alternative.“ Aufgrund seiner Inhaltsstoffe könne alkoholfreies Bier besser sein als andere alkoholfreie Getränke, wie Limonaden.
Petra Müller, Leiterin der Suchtberatungsstelle der Caritas in Würzburg, rät dringend ab: „Problematisch ist vor allem, dass der Konsum das Suchtgedächtnis antriggern kann. Geschmack, Geruch, die Form der Flasche oder die typische Situation in welcher konsumiert wird, kann den Betroffenen an frühere Trinksituationen erinnern und Suchtverlangen auslösen“, warnt die Suchttherapeutin.
Auch alkoholhaltiges Bier hat im Vergleich zu anderen alkoholischen Getränken weniger
Volumenprozent Alkohol. Kann es dennoch ein erster Schritt in eine Alkoholsucht sein?
„Bier spielt neben Wein und Sekt als Genussmittel eine bedeutende Rolle im Alltagsleben“, so Müller. Wie andere Suchtmittel könne Bier missbraucht werden, um die Stimmungslage zu ändern oder um Gedanken oder Gefühlen zu entfliehen. „Wiederholte erfolglose Versuche abstinenzfreie Zeiten einzuhalten oder weniger zu trinken“, erklärt die Suchttherapeutin, „können ein wichtiger Hinweis auf eine Alkoholabhängigkeit sein.“