Keine vorzeitige „Bescherung“ kurz vor Heiligabend für einen 46-jährigen ehemaligen Bordellbetreiber aus dem Landkreis Kitzingen. Ihm unterstellt die Staatsanwaltschaft einen raffinierten Racheakt mit Thallium und Mordversuch. Das Schwurgericht hat jetzt nach sechs Verhandlungstagen den Antrag auf Entlassung des Angeklagten aus der Untersuchungshaft, die Aufhebung des Haftbefehls oder zumindest eine Außervollzugsetzung abgelehnt.
Der Mann soll seine Ex-Freundin (39), deren Hunde und die des neuen Lebensgefährten mit Thallium vergiftet haben. Die Ex-Verlobte, die sich von ihm trennte, zurückkam und wieder ging, habe laut Staatsanwaltschaft das monatelange Verabreichen von giftigem Thallium knapp überlebt – mehrere Hunde dagegen nicht.
Für Verteidiger Udo Duits besteht die Anklage immer noch weitgehend aus „nicht tragfähigen Vermutungen“. Das Opfer ist als „gefährdet“ eingestuft und deswegen in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden. Prozessbeteiligte mit Vorwissen im Fach Chemie waren am sechsten Verhandlungstag im Vorteil. Andere mussten beim Gutachten einer Sachverständigen immer wieder mal nachfragen. Es ging um Haare, die teils mit Haarwurzel zur Untersuchung vom Kopf des Opfers ausgerissen wurden und andere, die man noch im Abfluss der Dusche fand.
Vor Gericht ging es auch um Haare exhumierter Hunde und anderer Vierbeiner, von denen nach der Verbrennung nur noch Asche in unterschiedlichen Urnen „mit Hund sitzend oder stehend“ vorhanden ist.
Beim Opfer geputzt
Ausführlich wurde eine Zeugin befragt, die wöchentlich beim Opfer geputzt hat: Die Richter wollten wissen, wie häufig ein Glastisch im Wohnzimmer gereinigt wurde, welchen Glasreiniger die Reinemachefrau versprühte, ob die Glasplatte immer oder nur manchmal stark verschmutzt war. Die Tischplatte haben Ermittler, nachdem der vermutliche Racheakt mit Gift bekannt geworden war, mit Wattestäbchen abgerieben. Im Labor ist Thallium festgestellt worden. Die Staatsanwaltschaft meint, dass das Gift Kokain beigemischt war, das vom Opfer konsumiert wurde – als „Line“ auf dem Tisch ausgelegt, zum Reinziehen über die Nase. Kreisende Bewegungen der Putzfrau beim Polieren könnten erklären, warum Thallium-Spuren über den Tisch verbreitet waren.
Der Verteidiger wollte wissen, ob auch Hunde, „die ja überall herumschlecken“, die Thallium-Spur gelegt haben könnten. Dazu die Gutachterin: „Nur, wenn sie kurz vorher etwas Thalliumhaltiges gefressen haben.“ Das Gericht weist darauf hin, dass der Mops des Opfers, der sich im Gegensatz zum Schäferhund frei in der Wohnung bewegen durfte, wohl nicht auf der Tischplatte lecken konnte. „Warum nicht?“, fragt der Anwalt: „Wenn der da rauf wollte, hat er das sicher auch geschafft.“
Erhebliche Verflüchtigung
Die Untersuchung von Lebensmitteln in der Wohnung des Opfers verlief negativ. Überhöhte Thalliumwerte fanden sich dagegen in den Haaren des Opfers, bei Hundehaaren und in der Asche der Hunde. Dass sich Thallium erst beim Verbrennen entwickelt, sei auszuschließen, so die Gutachterin. Doch zu einer erheblichen Verflüchtigung und Reduzierung vorhandener Thalliumwerte komme es bei der Einäscherung.
Ob Hunde einzeln eingeäschert wurden, wollte der Verteidiger wissen. Er wies darauf hin, dass es schon bei Menschen im Bestattungswesen immer wieder mal zu „Unregelmäßigkeiten“ kommt. Er könne sich daher durchaus vorstellen, dass beim Verbrennen eines Hundes schon mal „ein anderes Tier mit reingeschoben wird“, so dass Thallium-Werte in der Asche auch von einer fremden Katze stammen könnten? Dass der Hinweis „für die Katz“ sei, hat das Gericht nicht behauptet, aber die Spur zunächst nicht weiter verfolgt. Der Prozess wird am 7. Januar 2016 fortgesetzt.