Seit Mitte März ist er zurück in Deutschland. Ein Jahr zuvor hatte er sich von Würzburg aus auf die lange Reise gemacht: Simon Hillenbrand hat in Würzburg Wirtschaftswissenschaften studiert. Nach seinem Bachelorabschluss hat sich der gebürtige Rhöner mit dem Fahrrad auf den Weg zu einem Waisenhaus in Chiang Mai im Norden Thailands gemacht, für das er Spenden gesammelt hat. Sein Grundgedanke dabei war, mit eigener Muskelkraft auf nachhaltige Art und Weise zu reisen.
Simon Hillenbrand: In der Türkei. Dort hat alles gepasst: Das Essen war super, die Menschen richtig freundlich, aber nicht zu aufdringlich. Und ich bin dort zum ersten Mal richtig in Kontakt mit der islamischen Kultur gekommen. Die Menschen waren so unglaublich nett. Ich wurde viel eingeladen und habe mich sehr wohl gefühlt. Ansonsten hat mir China gut gefallen.
Hillenbrand: Die unfassbaren Landschaften in den Bergen. Und zum Radfahren die super geteerten Straßen, die ständig neu gebaut werden. Man hat kaum Verkehr dort. Es gibt immer eine alte Hauptstraße, und nebenan wird schon ein neuer Highway gebaut. Die kulturelle Vielfalt Chinas hat mich auch überrascht. Es gibt dort etwa 60 verschiedene Minderheiten, und gefühlt jeden Tag bin ich in eine Region gekommen, wo die Menschen andere traditionelle Kleider und Hüte getragen haben, alles war sehr bunt.
Hillenbrand: Nein, würde ich nicht sagen. Mit den Menschen hatte ich überhaupt kein Problem, nirgendwo. Und wenn‘s mal „gefährlich“ wurde, dann lag es an einem Missverständnis. Zum Beispiel habe ich im Iran mal in einer Obstplantage übernachtet, als es gerade keinen besseren Zeltplatz gab. Vier Männer, die dort patrouilliert sind, haben mein Zelt gefunden und mit der Taschenlampe reingeleuchtet. Der eine hatte sogar ein Gewehr dabei, weil sie wohl dachten, dass es sich um einen Obstdieb handelt. Aber es hat sich dann schnell geklärt: Mit den paar Worten Persisch, die ich konnte, habe ich erklärt, dass ich Tourist bin, aus Deutschland komme und wohin ich radle.
Dann haben sie angefangen zu lachen, und da wusste ich, dass ich auf der sicheren Seite bin.
Hillenbrand: Ja, sehr oft. Ich hatte in Georgien eine schlimme Lebensmittelvergiftung. Vielleicht habe ich sie nicht richtig auskuriert, auf jeden Fall ist sie fast jede Woche wiedergekommen: Mir wurde schwindelig, ich habe Fieber bekommen und musste mich übergeben. Das hat sich 2-3 Monate lang durch Zentralasien durchgezogen. Wenn es mir richtig schlecht ging, dachte ich oft: Ich habe keine Lust mehr, ich breche jetzt ab. Aber am nächsten Tag ging es meistens wieder besser und ich bin weitergefahren.
Hillenbrand: Ja, im Endeffekt schon. Ich würde die Reise auf keinen Fall noch einmal so machen, wie ich sie jetzt gemacht habe. Vor allem wegen der Einsamkeit. Auf der Strecke durch Zentralasien kann man sich teilweise wochenlang mit niemandem richtig unterhalten. Das wirkt sich auf das Gemüt aus. Deshalb habe ich mich immer gefreut, wenn ich mit jemanden zusammen fahren konnte, aber es musste eben auch passen. Die meiste Zeit war ich alleine unterwegs.
Hillenbrand: Ich habe über das Jahr sehr viele Bücher gelesen und Podcasts und Musik auf dem Handy gehört. Wenn ich wirklich alleine sein konnte mit der Natur, dann war es kein Problem, das kann ich ziemlich gut. Aber wenn ich mehrere Tage hintereinander zu Leuten eingeladen wurde, war es schwierig. Ich war immer die Attraktion und musste ständig versuchen, mich mit ihnen zu unterhalten. Dann fühlte ich mich oft verpflichtet, irgendetwas zu tun, um für die Gastfreundschaft wieder aufzukommen.
Hillenbrand: In Istanbul war ich mit Studenten unterwegs, die ich über einen Fahrradclub kennengelernt habe. Dadurch habe ich viel Türkisch gelernt, am Ende konnte ich etwa 50 Hauptwörter. In Georgien und Armenien habe ich etwas Russisch gelernt, in Zentralasien bin ich dann mit diesem Mix aus Russisch und Türkisch weitergekommen. Das hat für einfache Sätze ganz gut geklappt. In China habe ich abends im Zelt vorm Schlafengehen mit Sprachlern-CDs immer eine halbe Stunde Chinesisch gehört und Nachsprechen geübt. Chinesisch habe ich am Ende, glaube ich, am Besten gelernt.
Hillenbrand: Ich hab mich auf der Reise in den letzten Monaten sehr viel mit Philosophie beschäftigt und Bücher in die Richtung gelesen. Philosophie und Wirtschaft kann man eigentlich ganz gut kombinieren. Ethische Prozesse im Wirtschaften sind auch das, was mich interessiert. Und ich wollte wieder in Würzburg wohnen, weil das immer der Ort war, an dem ich glücklich war.
Hillenbrand: Ich habe mich sehr geärgert, dass es nicht geklappt hat, mit der Transsibirischen Eisenbahn zu fahren. Durch den Flug habe ich den ökologischen Fußabdruck des ganzen Jahres wieder vernichtet. Ich wollte dann aber einfach nach Hause. Ich war erschöpft.
Nochmal in die Botschaft zu gehen, nochmal ein Visum zu besorgen, um dann sieben Tage lang im Zug zu sitzen – es ist eine wirklich schöne Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn, aber ich hätte nur noch daran denken können, jeden Tag abzuarbeiten, bis ich endlich zu Hause bin.
Hillenbrand: Ich habe es schon vor. Ich versuche das Tourenrad, mit dem ich unterwegs war, etwas zu verbessern. Im Sommer will ich dann ein bisschen durch Europa fahren, vielleicht sogar durch Deutschland.