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WÜRZBURG
Der Stachel, das älteste Gasthaus Würzburgs
Es liegt in der Gressengasse nahe der Marienkapelle und hat eine bewegte Geschichte von Weingenuss, Zerstörung und Wiederaufbau. Nun feiert es seine 600-jährige gastronomische Tradition.
Weingenuss: Titelbild einer Grußkarte aus dem Jubiläumsjahr 1913, als das heute „Restaurant Zum Stachel“ genannte Gasthaus in Würzburg sein 500-jähriges Bestehen feierte.
Foto: Alle Privat | Weingenuss: Titelbild einer Grußkarte aus dem Jubiläumsjahr 1913, als das heute „Restaurant Zum Stachel“ genannte Gasthaus in Würzburg sein 500-jähriges Bestehen feierte.
Von unserem Redaktionsmitglied Herbert Kriener
 |  aktualisiert: 06.01.2013 12:01 Uhr

Das älteste Gasthaus Deutschlands zu sein, wird von mehreren beansprucht. Das Gasthaus Zum Riesen in Miltenberg beruft sich auf eine Gerichtsurkunde von 1411. Zu den ältesten zählen auch zwei Häuser in Würzburg. In einer Urkunde vom 28. März 1408 ist der Verkauf des „Rebstock“ festgehalten, doch wurde dieses Haus nicht durchgehend als Gastwirtschaft genutzt. Dies aber kann das Gasthaus „Stachel“ für sich in Anspruch nehmen, das nun vor seinem Jubiläum zum 600-jährigen Bestehen steht.

Das Haus in der engen Gressengasse nahe der Marienkapelle gehört zu den bekanntesten Gasthäusern im Lande. Es fehlt in keinem Reiseführer über Würzburg. Durch das romanische Doppeltor, entstanden in der Zeit der Staufer um 1200, führt der Weg in den schönen Innenhof mit seiner geschwungenen Steintreppe hoch zur Altane.

Der „hintere Gressenhof“, wie er früher hieß, hatte seinen Namen von der einflussreichen Adelsfamilie Cresse, nach der das ganze Viertel benannt war. Die Bewohner des Viertels hatten hier ab dem Jahr 1410 ihre Steuern und Abgaben zu entrichten, und dazu gehörte damals auch Wein. So war es naheliegend, dass man hier auch Wein ausschenkte.

Im Jahr 1413 jedenfalls wurde der „hintere Gressenhaf“ an den Metzger Hanns Rehlein und seine „Ehefrau und Wirtin“ Margarete für 200 Rheinische Gulden verkauft und damit eine nun 600-jährige gastronomische Tradition begründet.

Seinen Namen „Stachel“ bekam das Gasthaus gut 100 Jahre später im Bauernkrieg. Es war Treffpunkt der gegen Adel und Klerus rebellierenden Bürger und berühmter Anführer des Aufstandes wie die Reichsritter Götz von Berlichingen und Florian Geyer. Zum Zeichen besonderer Zusammenkünfte wurde ein Morgenstern, der „Stachel“, zum Fenster hinausgehängt.

Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurden Versammlungen im Gasthaus „Stachel“ verboten. Das Haus verarmte. Im 17. Jahrhundert ließ es die Patrizierfamilie Hahn im Stil der Spätrenaissance umbauen. Es erhielt seinen idyllischen Innenhof und im ersten Geschoss reihum stattliche Gemächer mit Stuckdecken.

Zum 500-jährigen Jubiläum im Jahr 1913 ließ der damalige Wirt Caspar Burger von dem bekannten Bildschnitzer Heinz Schiestl die beiden Gasträume in dem für ihn typischen neugotischen Stil mit Schnitzereien und Holzfiguren ausstatten.

Das Ende der Pracht kam mit dem Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945. Der Stachel wurde ein Raub der Flammen. 1948 begann die Familie Hochrhein mit dem Wegräumen des Schuttes und dem Wiederaufbau. Am Nikolaustag 1949 wurde der „Stachel“ feierlich wiedereröffnet. Zug um Zug ließ die Familie das Bild des alten Stachel wieder erstehen, und auch der Innenhof bekam seinen alten Charme wieder.

Seit acht Jahren begleiten Richard und Petra Huth die Geschichte des „Stachel“ mit viel Herzblut. Beide sind stolz darauf, dass ihr „Restaurant Zum Stachel“ zu den 400 wertvollsten Gastronomie Deutschlands gezählt wird. Der Koch aus Neuhütten ist Mitglied der europäischen Köche-Vereinigung Euro-Toques und Förderer von Slow Food, die sich traditionelle handwerkliche Kochkunst und die Verwendung von natürlichen Produkten aus der Region auf die Fahnen geschrieben haben. Für die Stachel-Wirte schließt sich so der Kreis einer 600 Jahre alten Tradition.

Chronik: Zum Jubiläum hat die Familie Huth unter Mitwirkung von Rainer Adam eine illustrierte Chronik herausgebracht, die in der Würzburger Vinzenz Druckerei hergestellt wurde und im Stachel erhältlich ist. Die historischen Bilder dieser Seite stammen aus dieser Chronik.

Vor 100 Jahren: Der frühere Stachel-Wirt Caspar Burger im Speisesaal (Große Bürgerstube) nach dem Umbau im Jahre 1913.
| Vor 100 Jahren: Der frühere Stachel-Wirt Caspar Burger im Speisesaal (Große Bürgerstube) nach dem Umbau im Jahre 1913.
Fensterscheibe von Heinz Schiestl: Lieb mich allee odder mach Bee!
| Fensterscheibe von Heinz Schiestl: Lieb mich allee odder mach Bee!
„Mostgöker“ von Heinz Schiestl: Der Most it a Saft Der geit Lebe un Kraft.
| „Mostgöker“ von Heinz Schiestl: Der Most it a Saft Der geit Lebe un Kraft.
Glasfenster  „Der Stachelwirt ad.1525“ mit dem Morgenstern oder „Stachel“.
| Glasfenster „Der Stachelwirt ad.1525“ mit dem Morgenstern oder „Stachel“.
Chronik-Autor Rainer Adam im historischen Weinkeller des Stachel.
| Chronik-Autor Rainer Adam im historischen Weinkeller des Stachel.
„Auf Kirwe“ von H. Schiestl: „Du kohst mir nix gega, Du kohst mir nix genamm, du...
| „Auf Kirwe“ von H. Schiestl: „Du kohst mir nix gega, Du kohst mir nix genamm, du...
Die Katastrophe: Am 16. März 1945 wurden große Teile des historischen Gressenhofes, in dem das Würzburger Gasthaus  „Zum Stachel“ liegt, zerstört.
| Die Katastrophe: Am 16. März 1945 wurden große Teile des historischen Gressenhofes, in dem das Würzburger Gasthaus „Zum Stachel“ liegt, zerstört.
Seit acht Jahren sind sie im „Stachel“ das Wirtspaar: Richard und Petra Huth.
| Seit acht Jahren sind sie im „Stachel“ das Wirtspaar: Richard und Petra Huth.
Glasfenster „Sie!“ von Heinz Schiestl: Stachel-Wirtin Darstellung von 1525.
| Glasfenster „Sie!“ von Heinz Schiestl: Stachel-Wirtin Darstellung von 1525.
 
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