Die Grafenfamilie Schönborn ist im Glück! Es ist der 15. Februar 1673 und eben hat ein kleiner Junge das Licht der Welt erblickt. Seine Eltern, Melchior Friedrich von Schönborn (1644-1717) und Maria Anna Sophia Johanna von Boineburg und Lengsfeld, taufen ihr erstes Kind auf den Namen Johann Philipp Franz. Und auf den wartet ein aufregendes und nicht ganz unangenehmes Leben, wenn er später in seiner Heimatstadt Würzburg auch nicht sonderlich beliebt sein wird.
Karriere machen und für Nachwuchs sorgen
Wie auch seine Geschwister wird Johann Philipp Franz von Schönborn (1673-1724) von seinem Onkel Lothar Franz von Schönborn (1655-1729) sehr gefördert. „Es war Taktik der Schönborns, dass ein Mitglied der Familie mindestens in der Reichskirche Karriere zu machen hatte, um den Einfluss des Geschlechts zu stärken. Und der andere hatte für den Nachwuchs zu sorgen. Eine gute und über mehrere Generationen perfekt funktionierende Arbeitsteilung“, erklärt der Historiker Hans Steidle, Würzburgs Stadtheimatpfleger.
Der, der Karriere zu machen hat, ist in diesem Fall Lothar Franz von Schönborn, der Onkel unseres Neugeborenen. Und dem glückt das mit der Karriere außerordentlich gut: „Er wurde Erzbischof in Mainz und damit der wichtigste geistliche Kurfürst“, erzählt Steidle. Obendrein war er Bischof von Würzburg und Worms und damit einer der einflussreichsten Reichsfürsten. Und natürlich setzt Lothar Franz von Schönborn seine Beziehungen ein, um seine Neffen zu fördern. „Sie waren an den Universitäten von Würzburg und Mainz sowie im Collegium Germanicum in Rom. Vier Jahre lang machten sie eine Kavalierstour durch Italien und Frankreich“, schildert der Würzburger die Jugendjahre Johann Philipp Franz von Schönborns und seines jüngeren Bruders Friedrich Karl (1674-1746).
Herrschaftliches Leben
Nach seiner Bildungsreise ist Johann Philipp Franz im diplomatischen Dienst für seinen Onkel und für seinen Vater tätig. „Er war also bestens ausgebildet und bekam auch Pfründe, sodass er ein herrschaftliches Leben führen konnte“, kommentiert Steidle. Um 1703 sind die Wanderjahre vorbei, Johann Philipp Franz lässt sich in Würzburg nieder, wird zum Probst gewählt und ein einflussreicher Mann.
„Er wurde sogar Präsident der Hofkammer, das heißt, der adelige Vorstand des Würzburger Finanzministeriums“, sagt Hans Steidle.
Würzburgs Truppen wurden vermietet
Und fährt fort: „Damals regierte Johann Philipp von Greiffenclau zu Vollraths als Würzburger Fürstbischof. Um die Einnahmen des Würzburger Bistums und des Hochstifts zu erhöhen, vermietete man die Würzburger Truppen, die man ja eingerichtet hatte, um das Land zu verteidigen, an den Kaiser in Wien. Und der unterstellte sie seinem Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736), sodass sie bei der Eroberung von Belgrad und des türkisch gewordenen Ungarns mitwirkten.“ Dafür fließt viel Geld nach Würzburg, allerdings nicht nur in die Staatskasse, denn der bürgerliche Leiter des Finanzamts, Hofdirektor Gallus Jakob (1670-1736/37), zweigt einen ganz beträchtlichen Teil dieses Geldes in seine Privatkasse ab.
Die genaue Summe ist unbekannt, „aber er konnte sich drei große Höfe in Würzburg kaufen und obendrein einen Adelstitel, sodass er jetzt Gallus Jakob von Hohlach hieß“, sagt Hans Steidle. Und dann segnet Fürstbischof Greiffenclau zu Vollraths, der von Hohlach gefördert hat, im August 1719 das Zeitliche. Johann Philipp Franz von Schönborn will nun die Nachfolge antreten. „Aber Jakob von Hohlach war der Meinung, dass Schönborn wenig von Geld verstünde und auch nicht genügend Geld habe.“
Schönborn wird Fürstbischof
Doch Schönborn wird gewählt und macht es sich zum Ziel, ein neues Schloss, die Residenz, zu bauen. Steidle hat dafür durchaus Verständnis: „Über 500 Jahre hatten die Fürstbischöfe von Würzburg mehr schlecht als recht auf der Festung gelebt. Die Zeiten, in denen man sich vor den Bürgern schützen musste, waren auch vorbei. Also sollte ein neues Schloss entstehen. Wir wissen ja, die Schönborns hatten eine Krankheit, den „Bauwurm‘“, scherzt der Stadtheimatpfleger. „Das heißt, ihre Leidenschaft war es, überall, wo sie sich länger aufhielten, ein Schloss zu bauen, damit man auch noch 300 Jahre später an sie denkt.“
Neumann wird Haus- und Hofarchitekt
Ein Plan, der aufgeht. Schließlich denkt man an die Schönborns noch heute – nicht zuletzt dank der Residenz! Um die Bautätigkeit besser überwachen zu können, zieht Johann Philipp Franz von Schönborn sogar in das benachbarte Rosenbachpalais. Bei der Wahl seines Baumeisters zeigt er ein geschicktes Händchen: „Er nahm den aus Eger eingewanderten Johann Balthasar Neumann in seine Dienste und zog ihn als seinen eigenen Haus- und Hofarchitekten heran“, sagt Hans Steidle. „Balthasar Neumann, der Mann, dessen Name heute in aller Munde ist, hatte damals noch nicht sehr viel gebaut.“
Bei den Bürgern unbeliebt
Doch der Mut, mit dem Johann Philipp Franz von Schönborn diese Auswahl trifft, zahlt sich aus: Balthasar Neumann bewährt sich auf das Beste! Schönborn selbst macht sich allerdings bei den Bürgern nicht gerade beliebt: Zwar gewährt er zehn Jahre Steuernachlass für neue Fassaden, um die Bautätigkeit anzuregen, aber Steidle kennt auch die andere Seite des Fürstbischofs: „Er erhöhte die Steuern, nahm dem Domkapitel Grundstücke weg und war so zerstritten mit dem Domkapitel, dass man nur über den Rechtsweg miteinander kommuniziert hat. Als er noch nicht ganz fünf Jahre lang an der Regierung war und überraschend verstarb, war niemand traurig.“
Heute kann man Johann Philipp von Schönborn dankbar sein. Denn ohne ihn gäbe es die Residenz nicht. Und die gehört lange schon ebenso zum Stadtbild wie die Festung.
Eva-Maria Bast