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WÜRZBURG
Der neue Hafensommer kommt gut an
Beim Hafensommer 2017 in Würzburg scheint die Qualität zu stimmen. Dem Publikum gefällt's. Im Bild: Impression von der Hafensommer Kulisse.
Foto: Silvia Gralla | Beim Hafensommer 2017 in Würzburg scheint die Qualität zu stimmen. Dem Publikum gefällt's. Im Bild: Impression von der Hafensommer Kulisse.
Von unserem Redaktionsmitglied Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:54 Uhr

Es ist wieder Hafensommer. Seit 21. Juli treten auf der schwimmenden Bühne im Alten Hafen vor der Treppe des Heizkraftwerks internationale und in diesem Jahr auch vermehrt regionale Künstler auf. Ein neues Team hat die Programmgestaltung übernommen, nachdem sich das städtische Kulturreferat als Veranstalter des Hafensommers im letzten Jahr vom bisherigen alleinigen künstlerischen Leiter Jürgen Königer getrennt hat. Was ist nun anders beim neuen Hafensommer als beim alten?

Entdeckerfestival

Bei einem ersten Blick ins Programm scheint sich der erste Hafensommer seines zweiten Jahrzehnts gar nicht so prägnant von seinen Vorgängern zu unterscheiden. Das war auch nicht gewollt, denn das Sommerfestival sollte bleiben, was es schon in der Vergangenheit war: Ein Entdeckerfestival für aufgeschlossene Musikinteressierte, die bereit sind, sich auch einmal auf Neues und Unbekanntes einzulassen. Was aber nicht heißen muss, dass diejenigen, die auf weniger Ausgefallenes setzen, vom Hafensommer ausgeschlossen sind. Im Gegenteil: „Die Qualität muss stimmen“, sagt Lutz Engelhardt, ein anerkannter Festivalmacher in Deutschland, der neu ins Hafensommerteam kam.

Beispiel: der schwedische Posaunist Nils Landgren und seine Funk Unit. Exzellente Musiker, die sicher nicht experimentell sind, und ein großes Publikum ansprechen. Dennoch ist ihr Funk-Jazz von hoher Qualität und spricht ein großes Publikum an. Oder die Mighty Oaks, eine junge Pop-Band, die mit ihrem handgemachten Mix aus Rock und Folk bei den Jüngeren hoch im Kurs steht. Schon Tage vorher war ihr Konzert ausverkauft und so viele junge Besucher gab‘s beim Hafensommer noch nie. Und schließlich Max Mutzke. Der ist vielleicht nicht das, was der „klassische“ Hafensommer-Besucher sucht. Aber sein Mix aus Soul, Pop und Jazz kommt an. Und er bringt Besucher: Schließlich müssen die Festivalkosten ja auch wieder hereingespielt werden, was gerne vergessen wird.

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Wirtschaftlich erfolgreich

Erfolgreich zu sein, bedeutet ja nicht automatisch Qualitätsdefizit. Fazit: Mit diesen Konzerten hat der Hafensommer neue Besucher erreicht und ist wirtschaftlich erfolgreich gestartet.

Aber schon am fünften Festivaltag geschah, was bei jedem Veranstalter von Open-Air-Konzerten Angstschweiß und Sorgenfalten erzeugt: Es war der Tag, als der Regen kam. Und zwar von früh bis spät. Ausgerechnet beim „Jungen Hafen“, der für Schülerinnen und Schüler reserviert ist. Die ließen sich aber davon nur mäßig beeindrucken und alle Workshops und Konzerte fanden wie geplant statt, berichtet Sybille Linke, die Leiterin des Fachbereichs Kultur, die dieses Format im Vorjahr erstmals einführte. Zum Abschluss gab‘s ein fulminantes Konzert mit der Raggabund und der Regen war schon fast vergessen.

Auch der folgende Fado-Abend mit der exzellenten portugiesischen Sängerin Gisela Joao wäre wohl von mehr als 350 Gästen besucht worden, hätte nicht am Mittwoch der Himmel fast den ganzen Tag seine Schleusen geöffnet gehabt. So war es am Abend empfindlich kühl, was die impulsive Sängerin aber nicht hinderte dem Publikum mächtig einzuheizen. Denn bei ihr ist Fado nicht nur Tristesse und Melancholie. Das zwar auch, aber sie findet, dass Fado auch lustig und unterhaltsam sein kann, was sie eindrucksvoll bewies. Immerhin gab‘s an diesem Abend eine absolute Novität: Erstmals wurde beim Hafensommer Glühwein ausgeschenkt.

Themenabende

Ein neues Format, das sich Lutz Engelhardt und sein Berliner Kollege Basti Hofmann, ein deutschlandweit renommierter Festivalveranstalter, der ebenfalls neu zum Programmteam stieß, ausgedacht haben, sind die Themenabende. Der erste fand am Freitagabend statt und stand unter dem Motto „Migration Blues“. Die drei Trios, jedes anders und auf seine Weise einzigartig, die dabei auftraten, dürften vielen vorher kaum oder gar nicht bekannt gewesen sein, dennoch ließen sich etwa 400 Musikfreunde auf die Hafentreppe locken.

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Blick Bassy aus Kamerun verschweißt mit seinen großartigen Begleitern an Cello und Posaune die archaischen Klänge Afrikas mit moderner Elektronik und schlägt eine Brücke vom frühen Blues eines Skip James zu Klängen die an die Jazz-Rock-Pioniere Weather Report erinnern. Die in New Orleans lebende Sängerin, Cellistin und Banjo-Virtuosin Leyla Mc Calla legt ihre Wurzeln Haiti offen, die sie mit Cajun-Klängen aus Lousiana kontrastiert. Ihre ruhigen Lieder lassen die Melancholie des Blues spüren. Deutlich zupackender geht das Trio Delgres um Sänger und Slide-Gitarrist Pascal Danae zur Sache. Da pumpt das tieftönende Sousaphon ohne Unterlass wie ein Kraftwerk auf Hochtouren und der Drummer sorgt für ein Rhythmus-Feuerwerk.

Und wenn die drei den Boogie auspacken, dann hätte John Lee Hooker seine helle Freude gehabt. Auch die etwas ruhigeren Stücke in kreolischer Sprache ergänzen den Creole Blues perfekt. Und so konnte man während des dreistündigen Konzerts den Eindruck haben, dass an diesem Abend der Mississippi und der Niger im Main zusammenfließen.

Stilistische Vielfalt

Es ist diese stilistische Vielfalt, die keineswegs beliebig ist, die den diesjährigen Hafensommer auszeichnet und, schönes Wetter vorausgesetzt, mehr Besucher anlockt als in der Vergangenheit. Die negativen Ausreißer sind jedenfalls bisher ausgeblieben. Bleibt abzuwarten, ob der positive Trend anhält, wenn an diesem Montag und am Dienstag die Hafenbühne von Würzburger Künstlern bespielt wird. Ralf Duggen (U&D-Macher) und Stramu-Erfinderin Antje Molz, die jetzt im Hafensommer-Team für die regionale Note sorgen, wollen diese Unterscheidung gar nicht machen, denn aus ihrer Sicht bietet die einheimische Szene „ausreichend viele verborgene Schätze“.

Kulturreferent Muchtar Al Ghusain zeigte sich bei einer Gesprächsrunde in der BBK-Galerie vor dem Freitagskonzert nach der ersten Hafensommer-Woche „sehr zufrieden“ mit dem bisherigen Verlauf. Es sei künstlerisch spannend gewesen, neue Handschriften seien erkennbar geworden und auch der Besucherzuspruch stellte ihn bislang zufrieden. Er lobt auch das neue Programmheft mit seinen verständlichen Texten: „Früher hat man die Texte gelesen und wusste trotzdem nicht so recht, was kommt“.

Würzburger Hafensommer

In der zweiten Woche des Würzburger Hafensommers gibt es weitere Highlights, an diesem Montag, 31. August, das Konzert mit dem exzellenten Würzburger Gitarristen Jochen Volpert und Gästen, darunter Andreas Kümmert. Es folgen mit Spaceman Spiff und Lilly Among Clouds am Dienstag zwei weitere Lokalmatadore. Das Tingvall Trio (Mittwoch) dürfte Fans von Esbjörn Svensson und Michael Wollny gleichermaßen gefallen und auch der ewige Geheimtipp, die Texas-Rocker Lambchop am Donnerstag, haben ein großes Publikum verdient. Der zweite Themenabend führt am Freitag in den Maghreb. Dann gastieren die Miterfinder des Mali-Blues oder Desert-Rock, Tinariwen aus Mali. Mit dabei ist auch die tunesische Sängerin Emel Mathlouthi, die als die Stimme der tunesischen Revolution gilt. Voll dürfte die Hafentreppe an den beiden Schlusstagen werden, wenn Latin-Rocker Chico Trujillo (Samstag) aus Chile und zum Abschluss am Sonntag Eliades Ochoa vom legendären Buena Vista Social Club aus Kuba zu Gast sind.
Ein Highlight: Für Aufsehen beim Würzburger Hafensommer sorgte nicht nur optisch das tieftönende Sousaphon des Trios Delgres.Foto: Th. Obermeier
Foto: Thomas Obermeier | Ein Highlight: Für Aufsehen beim Würzburger Hafensommer sorgte nicht nur optisch das tieftönende Sousaphon des Trios Delgres.Foto: Th. Obermeier
 
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Kommentare
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  • M. R.
    Ich habe noch einmal nachgeschaut. Diese Zahlen sind ein Desaster. kamen rund 9600 Leute, geteilt durch 17 Veranstaltungen sollte der Durchschnitt bei rund 550 Gästen liegen. Das ist aber nicht möglich. Also geht's weiter bergab.
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  • M. R.
    350 Besucher für Top Künstler. Das ist ein Witz oder? Der Hafensommer ist erneut ein Geldgrab...
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