Konstantin Wecker dreht richtig auf. Pater Anselm Grün klatscht und strahlt. Es ist das erste Popkonzert im Leben des Benediktinermönchs vom Kloster Münsterschwarzach (Lkr. Kitzingen) – und er genießt es.
Pater Anselm ist nicht einfach so vorbeigekommen. „Natürlich nicht, das habe ich auch noch nie gemacht, zu einem Konzert zu gehen. Also, zu klassischen Konzerten schon, aber nicht zu einem Rock- oder Popkonzert“, sagt er und lacht. „Ich habe vor diesem Abend noch nie ein Lied von Konstantin Wecker gehört.“ Aber jetzt, jetzt geht es richtig ab im Konzertsaal. Die Leute hät nichts mehr auf ihren Stühlen, sie klatschen, singen, tanzen. Und mittendrin steht der Mönch. Ruhig. Gelassen. Ein bisschen staunend über die Ausgelassenheit um ihn herum.
Der wilde Wecker reißt alle mit, kommt zurück auf die Bühne, singt mit Sängerin Cynthia das Lied zu Ende: „Lasst uns miteinander reden und umarmen wir jetzt jeden“ – Wecker umarmt Cynthia – im Publikum tun sie es den beiden nach. Wecker seufzt ins Mikrofon: „Ach, schöön!“ und erntet Kichern. „Es muss nicht immer Kirchentag sein, um das zu erleben!“, ruft er.
Pater Anselm lacht laut heraus und klatscht begeistert Beifall. Grüns junger Mitbruder, ebenfalls in Mönchskutte, kennt und schätzt Wecker als Sänger schon lange. Als auch er einstimmt in den Publikumsgesang, wird schnell klar, dass hier ein erfahrener Sänger singt. Der gebürtige Regensburger hat als Kind bei den Domspatzen gesungen und ist auch jetzt noch in verschiedenen Chören aktiv. Ein Konzert von Wecker besuchen zu dürfen, doch, da habe er sich sehr gefreut, als sein Mitbruder Anselm auf ihn zugekommen sei.
Pater Anselm Grün hat Konstantin Wecker vor zwei Wochen zu einem gemeinsamen Interview in München getroffen. Sie haben sich gleich gut verstanden, der Konstantin Wecker und der Anselm Grün. So gut, dass der Künstler ihn spontan zu seinem Konzert in Würzburg eingeladen hat. „Er hat sich gewünscht, dass ich in der Kutte komme“, sagt Pater Anselm lachend.
Natürlich ist ihm nicht entgangen, dass einige Konzertbesucher ihn und seinen Mitbruder etwas irritiert anschauen. Doch in der Pause begrüßen auch Wecker-Fans den durch zahlreichen Buchveröffentlichungen und Vorträge bundesweit bekannten Benediktinermönch. „Wir kennen uns von dem Seminar, ich finde es so schön, dass Sie heute hier sind“, sagt eine Frau sichtbar begeistert und schüttelt dem Pater die Hand.
Anselm Grün lächelt beseelt und setzt sich wieder hin. Das Konzert geht weiter und Konstantin Wecker spricht und singt vom „Im-Hier- und-Jetzt-sein“ und wie wichtig es ist, in sich ruhen zu können. Da ist der Pater ganz bei ihm. Grün schätzt Wecker für seine Ehrlichkeit, seine Offenheit. „Er geht gegen den Strom und er bekennt sich zu seinen Schwächen“, sagt er.
Konstantin Wecker geht heute einen spirituellen Weg. Und genau auf dem sind sich die beiden auf den ersten Blick sehr ungleichen Männer fast gleichen Alters nun begegnet. Wecker feiert im nächsten Jahr seinen 70., den hat Pater Anselm schon im vergangenen Jahr hinter sich gebracht. Der Mönch und der Wecker. Beide von der schreibenden Zunft – und beide vor allem in einem Buchtitel von Konstantin Wecker vereint: 'Der Mönch und Krieger`.
„Da habe ich mich natürlich sehr verwandt gefühlt“, sagt Anselm Grün. „Dass er in sich einen Mönch spürt. Sonst ist er ja eher revolutionär und kriegerisch, aber er spürt auch die andere Seite.“
Er habe Weckers Buch gelesen und ein Interview mit ihm gehabt und sei deshalb auch gerne der Konzerteinladung nach Würzburg gefolgt. Das Fazit des Mönches am Ende des dreistündigen Konzertes mit lauten und leisen Tönen: „Es war sehr, sehr schön.“ Und gewiss nicht die letzte Begegnung der beiden ja doch nur auf den ersten Blick so völlig verschiedenen Männer.