Ende des 18. Jahrhunderts, ein Blick ins Fürstbistum Würzburg: Es ist nicht groß, es ist nicht bedeutend, aber die Würzburger haben sich eingerichtet. Sie sind Hauptstädter, haben keinen Herrn aus ihrem Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal, und der ist ein vergleichsweise milder Absolutist. Die Residenz ist prächtig, die Hofhaltung prunkvoll – man kann sich was drauf einbilden, ein Würzburger zu sein. So lässt sich gut leben.
Aber im 700 Kilometer entfernten Paris haben die Franzosen genug vom Absolutismus. 1789: Sie machen Schluss mit dem Regime, es geht um Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit – vive le révolution! Österreichs und Preußens Herrscher wittern Gefahr für ihre Köpfe; 1792 ziehen sie in den Krieg gegen neue Frankreich. Aber die Koalitionäre scheitern und die Revolutionäre marschieren. Am 20. Oktober 1792 nehmen die Franzosen Mainz ein; die Residenzstadt ergibt sich kampflos.
Zwei Jahre später bekommt Georg Karl von Fechenbach Probleme mit dem Würzburger Domkapitel. Der Spross eines uralten Miltenberger Adelsgeschlechts will Fürstbischof im Hochstift werden. Die Domherren reiben ihm die Mainzer Ereignisse unter die Nase. Er war dabei, als Statthalter des getürmten mainzischen Kurfürsten. Sie finden, er habe Stadt und Festung vorschnell den Franzosen übergeben. Aber sie wählen Fechenbach am 12. März 1795 schließlich doch; er gehört dem Domkapitel seit 1780 an. Anders die Bamberger Domherren. Sie lassen ihn abblitzen und beenden die seit 1757 bestehende Personalunion an der Spitze der Hochstifte Würzburg und Bamberg.
Georg Karl von Fechenbach, Jahrgang 1749, gestorben am 9. April vor 200 Jahren, war Würzburgs 78. Bischof, das letzte geistliche und weltliche Oberhaupt des Hochstifts. Am 28. November 1802 trat er zurück, und mit seiner Herrschaft wurde auch das Hochstift Geschichte. Er wurde hinweg gefegt von den Stürmen, die das revolutionäre Frankreich entfesselt hat. Das Hochstift war zum Tauschobjekt in den Kriegshändeln europäischer Großmächte geworden. Das Kurfürstentum Bayern, dem Usurpator Napoleon Bonaparte zugewandt, verleibt sich Würzburg 1803 ein, muss es 1806 wieder lassen, im Tausch gegen das rebellische Tirol, und bekommt es 1814 zurück, endgültig.
Keiner fragt den Fürstbischof
Den Fürstbischof fragt bei der Schacherei keiner. Er hofft davonzukommen, vielleicht Herrscher eines neuen Kurfürstentums Würzburg zu werden, aber im Juli 1802 erfährt er von seinem Hofkanzler Christian Johann Baptist Wagner, dass die Länder der geistlichen Fürsten „unwiederbringlich zu Entschädigungsgegenständen bestimmt seien.“ Wagner berichtet, Fechenbach sei „sehr betroffen“ gewesen. „Nach der Tafel sagte er zu mir, man kann doch nicht wissen, ob die Sache sich nicht wieder ändert“.
Sieben Jahre lang ist Fechenbach Fürstbischof, das Herz seiner Untertanen gewinnt er nicht. Im April 1802 sondiert der kurpfalzbayerische Major von Ribaupierre die Lage in Würzburg sondiert und berichtet nach München: „Was nicht direkt zum Hof gehört, hängt nicht an dem Fürsten, sondern an der nährenden und belebenden Residenzstadt.“ Die Würzburger seien bereit zur Trennung von Kirche und Staat, denn die bürgerlichen Kreise seien übermäßig mit Abgaben belastet: „Zwei Dritteile der Stadt sind geistlich oder adelig und zahlen nichts. 1200 Bürger tragen alle Lasten.“
Der Staat mischt sich ein
Im Juli 1802 lässt Bayerns Kurfürst Maximilian IV. Fechenbach wissen, dass er an sein Schicksal „nicht denke, ohne bis zu Tränen gerührt zu sein“. Er verspricht ihm eine üppige Pension: Schloss Werneck, ein enormes Vermögen, reichlich Vergünstigungen, und hält Wort.
1806, die Mächtigen tauschen wieder Länder und Menschen, wird Würzburg Großherzogtum, mit Ferdinand von Toskana als Fürsten. Der verlangt beim feierlichen Pontifikalamt zu Mariä Himmelfahrt, dass man ihm einen Thron auf der Evangelienseite des Chores aufstelle, auf dem Platz, der eigentlich dem Bischof zusteht. Fechenbach will seinen eigenen Machtverlust nicht auch noch präsentieren; er weigert sich, den Festgottesdienst zu feiern.
Nichts bleibt. Der Staat mischt sich in einstmals kirchliche Angelegenheiten ein: in die Vergabe von Pfarrstellen, in die Kirchenverwaltung, ins Sakramentenrecht. Fechenbach hält nicht mehr dagegen. Er zieht sich zurück auf sein Wernecker Schloss, den Kampf gegen die neue Zeit überlässt er Gregor Zirkel, dem Weihbischof. Am 9. April 1808 stirbt er.