Ruhe findet Georg Pfeuffer keine, wenn er weiß, dass noch etwas zu tun ist. „Da reicht es schon, wenn ich im Hinterkopf hab, dass irgendwo etwas rumliegt, was da nicht hingehört. Da kann ich nicht daheimbleiben. Dann muss ich einfach noch mal ins Museum.“ Georg Pfeuffer ist ehrenamtlicher Leiter des Spitalmuseums in Aub (Lkr. Würzburg). In diesem Jahr feiert das Museum 15-Jähriges – und man könnte das, was die letzten Jahre passiert ist, gut und gern als ehrenamtliches Mammutprojekt bezeichnen. Was 1998 mit einem spontanen Spendenaufruf und der Gründung eines Fördervereins begann, um das marode Dach der Spitalkirche zu retten, ist dank Zehntausender Stunden ehrenamtlicher Eigenleistung zu einem Museum geworden, das den deutschlandweiten Vergleich mit historischen Museen nicht scheuen braucht.
Ein Rückblick: 50 000 Mark kamen 1998 binnen drei Monaten zusammen, in unzähligen Stunden sanierten Auber Bürger in Eigenregie das Dach des 1350 gegründeten Spitals. Gerade die älteren Auber hatten und haben eine besondere Verbindung zu dem Areal: Keine vier Wochen vor Kriegsende wurde am 12. April 1945 die Auber Stadtpfarrkirche von den Alliierten mit Phosphorgranaten beschossen und fast vollständig zerstört. Die kommenden sechs Jahre bis 1951 diente die Spitalkirche als Ersatz. Manch einer der heute älteren Ehrenamtlichen feierte in der Kirche Taufe oder Kommunion – und diese „emotionale Anbindung ans Spital“, wie Georg Pfeuffer sie nennt, brachte die Auber dazu, für ihr Spital zu spenden und zu schuften. Der Wert der vielen Arbeitsstunden bei der Notsicherung des Daches vor 20 Jahren ist schwer schätzbar, fest steht aber: Ohne das ehrenamtliche Engagement wäre schon der Startschuss für das heutige Museum nicht finanzierbar gewesen.
Frühe Form der Sozialversicherung
Nachdem die Rettung des Dachs geglückt war, keimte schnell eine neue Idee in den Auber Köpfen. So historisch wertvoll das Areal, so umfangreich und einzigartig der Fundus an Exponaten aus der Zeit, in der im Spital Kranken- und Altenpflege in die Kirchengemeinde integriert wurden: Warum also kein Museum gründen, das genau diese frühe Form der Sozialversicherung zum Thema hat? Heimatverein und Förderverein taten sich zusammen, die Auber Kulturinitiative Ars Musica organisierte unter Johannes Wolf Benefizkonzerte, die Auber Fotografen-Familie Menth stellte ihr umfangreiches Archiv zur Verfügung, die Historiker Georg Menth und Wolfgang Reddig erarbeiteten ein Museumskonzept auf höchstem wissenschaftlichen Standard, der Auber Architekt Felix Tannenberg stellte seine Expertise zur Verfügung – und die ehrenamtlichen Helfer packten wieder mit an, sanierten das Gebäude beinahe komplett, bastelten an Installationen, dokumentierten Exponate. 2004 konnte das Museum eröffnen.
Seitdem hat sich viel getan: Aus anfänglich 500 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind 1500 geworden. Die Scheune des Spitalareals wurde ausgebaut, der Keller wird ebenfalls als Ausstellungsraum und Veranstaltungsort genutzt, ein Kräutergarten wurde angelegt und ist für alle Auber zugänglich.
Mit dem Historiker Georg Menig ist ein junger Kopf ins ehrenamtliche Leitungsteam gekommen, der Ausstellungen kuratiert. Die Gruppe „Still got the blues“ um Rudi Gutbrod, Rolf Wassermann und Georg Grimm organisiert im Keller des Spitals Konzerte mit zeitgenössischer Musik.
Das Museumskonzept wurde mehrmals überarbeitet und um interaktive Stationen erweitert, ein museumspädagogisches Konzept für Schulklassen wurde zusammen mit der Museologie der Uni Würzburg erarbeitet – Hand angelegt haben auch hier fast nur Ehrenamtliche. Seit April gibt es zudem eine Sonderausstellung über den Widerständler Alfred Eck, der im Zweiten Weltkrieg seine Heimatgemeinde Baldersheim, heute ein Auber Ortsteil, davor rettete, gewaltsam durch die Amerikaner eingenommen zu werden und der dafür am Galgen starb.
Professionelle Konzepte
„Unser Vorgehen ist immer das gleiche: Wir erarbeiten professionelle Konzepte, tun uns mit Wissenschaftlern und Experten zusammen. Umgesetzt wird das Ganze dann von uns Ehrenamtlichen“, sagt Johannes Wolf vom Förderverein. Finanziert werden die Leistungen teilweise aus Fördermitteln des Freistaats, der Stadt Aub und durch private Spenden, die zum Teil bei Benefiz-Konzerten gesammelt werden. Der Museumsbetrieb wird komplett von aktuell rund 50 Ehrenamtlichen bestritten. Aufsichten, Putzdienste, Veranstaltungsmanagement, Werbung – all das erarbeiten die Auber unentgeltlich und setzen es um.
Zwei große Projekte, die in den letzten Jahren angegangen wurden, waren die Restaurierung der Orgel und die große Freilichtbühne, die im hinteren Teil des Geländes angelegt wurde und auf der heute die Konzerte stattfinden. Die Bühne wurde über drei Jahre hinweg von rund 100 Ehrenamtlichen zwischen zwölf und 80 Jahren errichtet, außer den Materialkosten hat sie keinen einzigen Cent gekostet, alle Arbeit war freiwillig und unbezahlt.
Für die Orgel war zehn Jahre lang ein Spendenkonto offen, neben Fördermitteln sind der Erlös aus Konzerten und Privatspenden geflossen. Vergangenes Jahr konnte die Orgel dann unter der Anleitung eines gelernten Orgelbauers und mit Hilfe der Ehrenamtlichen restauriert werden. „Da sitzen wir dann da, bauen die Pfeifen aus, reinigen sie, ein Experte erklärt, wie und macht die entscheidenden Handgriffe. Da lernt man auch viel dazu“, sagt Georg Pfeuffer. Einen langen Atem, ja, den braucht es, um mit wenig Mitteln ein Museum dieser Größenordnung auf die Beine zu stellen und zu halten. „Wichtig ist ein gutes Konzept. Und dann wird peu a peu umgesetzt“, so Pfeuffer. Wie viele Stunden im Jahr zusammenkommen, die die Ehrenamtlichen leisten, weiß er nicht. Tausend dürften es aber locker sein. „Wenn man hier von Anfang an dabei war, dann will man nicht mehr raus. Dann hat man so viel Herzblut reingesteckt, dann will man immer weitermachen.“
„Ideen sind genug da“
Auch wenn Auszeichnungen nicht der Antrieb sind, eines hat die Ehrenamtlichen besonders gefreut: 2017 wurde das Museum für den bayerischen Museumspreis nominiert. Für einen Platz auf dem Treppchen hat es zwar letztlich nicht gereicht, „stolz macht das trotzdem“, so Bürgermeister Robert Melber, der selbst immer wieder unermüdlich Hand anlegt am Spitalmuseum. „Aber es gibt Antrieb für die Zukunft.“ Werbung, das wird eines der großen Themen sein, das die kommenden Jahre ansteht. So einzigartig und aufwendig das Museum gestaltet ist, der Zulauf könnte noch größer sein. 1000 Leute sind es aktuell jährlich, die den Weg nach Aub finden. „Ideen sind genug da, was da möglich wäre“, sagt Melber. Ein genaues Konzept, das wird folgen – und bei der Umsetzung, da packen wieder alle mit an.
Öffnungszeiten: 1. April bis 31. Oktober Freitag, Samstag, Sonn- und Feiertage: 13 bis 17 Uhr. Gesonderte Führungen nach Vereinbarung. Mehr Infos unter: www.spitalmuseum.de