Zu Lebzeiten ist er weltweit einer der polarisierendsten Violinisten überhaupt gewesen und doch ist sein Name heute nur noch absoluten Kennern ein Begriff. Die Rede ist von Geigenvirtuose und Schriftsteller Jules Siber, der 1871 in Dettelbach geboren wurde und dessen Lebensmittelpunkt sich über viele Jahre in Würzburg befand. Nun widmeten die Organisatoren des Kulturfestivals "Kultur ausm Hut" Siber einen ganzen Abend.
Dabei wurde ein tiefer Einblick in die Lebensgeschichte des Universaltalents gewährt, sowie auch sein Literarisches Schaffen in Form einer Romanlesung gewürdigt wurde. Natürlich war das Programm auch mit musikalischen Untermalungen aus der Feder Sibers bestückt. Eigentlich sollte das Programm bereits am 28. August stattfinden, das war jedoch witterungsbedingt nicht möglich. Am Mittwoch zeigte sich dann das Wetter von der spätsommerlichen Seite.
Einblick in die Lebensgeschichte des Universaltalents
Den Anfang machte der Leiter des Amts für Kulturmanagement der Stadt Offenbach Ralph Ziegler. Er ist zudem der Autor einer Biographie über Jules Siber, die in Kürze erscheinen soll. Auszüge aus diesem Werk wurden dem Publikum präsentiert. Ein Fokus lag bei den Textstellen auf seinem Verhältnis zur Stadt Würzburg, in der er sehr geschätzt wurde und in höchsten Kreisen verkehrte. So zitiert Ziegler viele Zeitgenossen des "Würzburger Hausdämons", wie Siber gerne genannt wird, und gibt einen Einblick, wie die Bewohner der Residenzstadt die teilweise kontroverse Persönlichkeit des Ausnahmegeigers wahrgenommen haben. Ziegler nimmt dabei auch Bezug auf die Hingabe des Künstlers für übernatürliche und okkulte Machenschaften.
Eines der stimmungsvollen Höhepunkte war die Lesung von Sibers Roman "Inkubus". Die Handlung des Werks spielt unter anderem im Würzburg zur Zeit der Hexenverfolgung und die Faszination des Autors für Magie, Dämonen und den Teufel wird im Text sofort deutlich. Der Würzburger Antiquar Daniel Osthoff erzählte zunächst, wie hoch die Nachfrage nach Literatur von Siber sei: "Kein einziger hat je bei mir nach seinen Werken gefragt." Osthoff war es dann auch, der die Zeilen des Romans in Szene setzen sollte. Mit seiner Stimme transportierte er exzellent die schaurige Grundstimmung des Textes. Die teilweise grausamen Szenarien werden sehr bildhaft beschrieben.
Es exisitieren keine Tonaufnahmen
Die damals gefeierten Musikstücke wurden von der jungen Violinistin Samira Spiegel zum Leben erweckt. Am Klavier begleitete sie die Pianistin Nina Scheidmantel. Da von Sibers Werken keine Tonaufnahmen existieren, darf sich das Publikum zu einem exklusiven Kreis zählen. Seit dem Tod Sibers hat niemand diese Stücke mehr gehört.
Samira Spiegel erzählte im Gespräch mit Moderator Karl-Georg Rötter von ihrer Herangehensweise an die Aufgabe und wie seltsam es war, erst selbst herausfinden zu müssen, wie es denn am Ende klingen soll. Beim "Hexentanz", wohl Sibers wichtigste Komposition, bekam man einen Eindruck, wie eigenwillig und unkonventionell der Stil des "Teufelsgeigers" gewesen sein muss. "Jules Sibers Auftritte sind immer eher eine Performance gewesen als eine technisch korrekte Darbietung", erklärt Ralph Ziegler.