zurück
Würzburg
Der gute Morgen: Wunibald Müller besucht sich selbst
Die Corona-Krise als Herausforderung. In einer neuen Serie geben Menschen aus der Region positive Impulse für den Tag. Heute: Der Theologe Wunibald Müller.
Wunibald, Müller (69), Theologe und Psychotherapeut aus Würzburg.
Foto: Patty Varasano | Wunibald, Müller (69), Theologe und Psychotherapeut aus Würzburg.
Wunibald Müller
 |  aktualisiert: 16.12.2021 12:03 Uhr

Kennen Sie das auch? Wenn wir uns in einer Krise befinden, weil wir einen großen Verlust erlitten haben, zum Beispiel einen lieben Menschen oder eine Aufgabe, die uns erfüllt, haben wir manchmal das Gefühl, als bestünden wir nur noch aus dem Verlust. Die Krise beherrscht unser ganzes Sein. Das ist verständlich und wir benötigen oft auch Zeit, den Verlust zu betrauern.

Das kenne ich auch bei mir. Im Laufe meines Lebens habe ich die Erfahrung gemacht, dass mir in solchen schweren Zeiten auch folgende Einstellungen und Verhaltensweisen helfen. Auch in der gegenwärtigen Situation.

Zunächst einmal nehme ich bewusst Kontakt auf zu mir selbst, meinem Inneren. "Heute besuche ich mich, hoffentlich bin ich zuhause", sagt Karl Valentin. Genau das tue ich. Während meines Besuches bei mir selbst vergegenwärtige ich mir alles, was ich trotz der Krise bin, habe, tun kann. Ich mache mir bewusst: ich lebe, ich atme, und während ich das denke, atme ich bewusst ein und aus. Ich vergegenwärtige mir, dass ich genug zu essen habe, ein Dach über dem Kopf habe, gehen kann, lesen kann – und bin dankbar dafür. Ich sage zu mir: Du bist mehr als die Krise.

Dann gehe ich aus mir heraus und richte den Blick nach außen. Ich mache mir bewusst und komme in Berührung mit den Menschen, die mir am nächsten sind, meine Familie, meine Freunde und Freundinnen, gute Bekannte, Nachbarn. So gut es geht, trete ich in Kontakt mit ihnen: bei den Menschen, mit denen ich zusammenlebe eine Umarmung, bei anderen eine Mail, ein Anruf, ein Zuwinken, ein Lächeln. Dabei versuche ich, von meinem Herzen her in Kontakt mit ihnen zu treten. Wenn dann eine entsprechende Resonanz erfolgt, ein vibrierender Draht zwischen uns entsteht, tut mir das gut und ich kann zu mir sagen: Du bist mehr als die Krise.

Schließlich hilft mir die Erfahrung, inmitten der Krise an das Grenzenlose angeschlossen zu sein, zu spüren, ich bin Teil eines Größeren. Der Einzelne wird ganz unterschiedliche Vorstellungen davon haben. Für mich persönlich ist das Gott, dem ich mich vertrauensvoll überlasse. Daraus erwächst mir der Mut, was ich tun kann, um diese Krise zu bestehen, zu tun. Denn: Ich bin mehr als die Krise. Und: Du bist mehr als deine Krise.

Dr. Wunibald Müller (69), ehemaliger Leiter des Recollectio-Hauses, lebt und arbeitet als Theologe und Psychotherapeut in Würzburg. Dieser Beitrag gehört zur Main-Post-Serie "Der gute Morgen", in der in Zeiten der Corona-Krise Menschen aus Franken ihre positiven Gedanken aufschreiben und mit unseren Leserinnen und Lesern teilen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Der gute Morgen
Karl Valentin
Krisen
Lächeln
Mut
Psychotherapeuten
Schäden und Verluste
Theologinnen und Theologen
Verhaltensweisen
Wunibald Müller
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top