Beim traditionellen Redaktionsfasching der Main-Post war ich noch ganz stolz, als ich für das tagesaktuellste Kostüm gelobt wurde: Ganzkörper-Corona-Schutzausrüstung, Desinfektionsmittel und Corona-Bier inbegriffen. Wer konnte da ahnen, was uns allen noch bevorstand?
Vom weitreichenden Lockdown habe ich im Beruf persönlich nichts gespürt, im Gegenteil: Die Arbeit in der IHK ist geprägt von vielen Krisensitzungen, Telefon- und Videokonferenzen und Mail-Korrespondenz bis spät in die Nacht. Hilfsprogramme, Einrichtung von IHK-Corona-Hotline, Webportal für Unternehmen und, und, und . . . Keine Zeit für Langeweile, eher die Herausforderung, mit dem komplexen Problem umzugehen und es zu beherrschen.
"Mir imponiert der gesellschaftliche Zusammenhalt"
Privat habe ich nicht einmal unter einem Mangel an Toilettenpapier gelitten. Endlich wieder einmal Schreibtisch aufräumen und erledigen, was liegengeblieben ist. Einmal durchatmen und entschleunigen – die häusliche Isolation hat auch ihre positiven Seiten. Auch wenn die Kontaktbeschränkungen weh getan haben, hat mir der gesellschaftliche Zusammenhalt imponiert: Kann die ältere Dame nebenan vielleicht Hilfe brauchen? Wem kann man vielleicht vom Bäcker die Brötchen mitbringen? Der Mensch und das Füreinander sind wieder in den Blick gerückt – hoffentlich nicht nur ein "Corona-Strohfeuer"!
Als geborener Optimist sage ich, wir müssen uns um die Zukunft nicht sorgen. Der Lockdown ist ein gesellschaftlicher Stresstest für unser Gemeinwesen, auch in finanzieller Hinsicht. Aber wir werden diesen – abgesehen von einigen "Blechschäden" – gemeinsam meistern. Deutschland hat sich im letzten Jahrzehnt anhaltender Hochkonjunktur ein ordentliches Polster erwirtschaftet. Und Not macht erfinderisch: Neue Geschäftsmodelle entstehen, der Innovationsgeist sprüht. Gleich, ob aus Omas Taschentüchern Gesichtsmasken werden oder ob das, was bei der Digitalisierung viele Jahre zäh lief, uns allen plötzlich spielend von der Hand geht – wie etwa Webinare. Das alles gibt Kraft für den mutigen Blick nach vorn und erzeugt Zuversicht.
- Hier finden Sie alle bislang erschienenen Beiträge: Der gute Morgen
Wenn jetzt mit sukzessiven Lockerungen das Alltagsleben wieder an Kraft gewinnt, ist für mich wichtig, dass wir alle uns an die "Spielregeln" halten, damit wir mehr und mehr wieder ein Leben in gewohnter Freiheit führen können. Ich freue mich schon auf das erste frischgezapfte Bier im Biergarten!
Ralf Jahn (60) ist Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-Schweinfurt. Dieser Beitrag gehört zur Main-Post-Serie "Der gute Morgen", in der in Zeiten der Corona-Krise Menschen aus Franken ihre positiven Gedanken aufschreiben und mit unseren Leserinnen und Lesern teilen.