"Einen Großteil meiner Lebens- und Arbeitszeit beansprucht die tägliche Bewältigung der besonderen Umstände, unter denen wir leben." Diesen Satz habe ich von einem meiner Besuche bei Schwester Hildegard in Qubeibeh mitgenommen, einem kleinen Dorf im Westjordanland. Die österreichische Ordensschwester leitet dort ein Haus für alte und behinderte Frauen. Früher war das Gebäude, in dem sich die Einrichtung befindet, ein beliebtes Hotel. Reiche Paare verbrachten dort gerne ihre Flitterwochen. Inzwischen ist Qubeibeh schon seit etlichen Jahren umgeben von Sicherheitsanlagen, die das Palästinensergebiet fast undurchdringbar abriegeln. Im Spannungsfeld zwischen israelischen Sicherheitskräften und palästinensischer Bevölkerung prägen Verhandlungen mit Behörden, Warten an Kontrollpunkten und das Motivieren der häufig frustrierten Einheimischen Schwester Hildegards Alltag. Was irritiert: Wenn die Ordensfrau von ihrer Arbeit erzählt, wirkt sie nicht verbittert, sondern strahlt immer wieder übers ganze Gesicht.
Erst jetzt verstehe ich manchmal ansatzweise, wie das ist, wenn besondere Umstände das Leben und Arbeiten derart gefangen nehmen. Ich könnte eine lange Liste aufzählen, wie mich Corona belastet und einschränkt.
Echtes Glück unter erschwerten Bedingungen
In Qubeibeh habe ich gelernt: Es gibt das Erleben von echtem Glück unter erschwerten Bedingungen. Ich lerne es auch von Menschen, deren Leben schon lange durch Krankheit oder andere ihnen auferlegte Einschränkungen bestimmt wird. Ich beobachte bei ihnen Momente tiefer Zufriedenheit, über die sich andere nur wundern können, weil für sie unvorstellbar ist, wie man unter diesen schwierigen Bedingungen glücklich oder zufrieden sein kann.
Von Schwester Hildegard habe ich auch mitgenommen, dass mein relatives Glück besonders groß ist, wenn ich Solidarität mit denen lebe, deren "besondere Umstände" noch schwieriger zu bewältigen sind als die meinen. Glück ist in meinem Leben augenblicklich sehr relativ, verhältnismäßig eben. Aber es ist da und es ist intensiv.
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Qubeibeh ist übrigens einer der Orte, die für sich beanspruchen, das biblische Emmaus zu sein. Der Evangelist Lukas erzählt von zwei traurigen Jüngern, die dort dem Auferstandenen begegneten. Erkannt haben sie ihn, als er ihnen zuhörte, Brot mit ihnen teilte und es ihnen dabei warm ums Herz wurde (Lukas 24,13-35).
Burkhard Hose (53) ist Hochschulpfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde Würzburg. Dieser Beitrag gehört zur Main-Post-Serie "Der gute Morgen", in der in Zeiten der Corona-Krise Menschen aus Franken ihre positiven Gedanken aufschreiben und mit unseren Leserinnen und Lesern teilen.
da wurden gewisse Protagonisten in diesem grausamen Spiel wohl vergessen...
...Hamas, Hisbollah etc.
"Von Schwester Hildegard habe ich auch mitgenommen, dass mein relatives Glück besonders groß ist, wenn ich Solidarität mit denen lebe, deren "besondere Umstände" noch schwieriger zu bewältigen sind als die meinen. Glück ist in meinem Leben augenblicklich sehr relativ, verhältnismäßig eben. Aber es ist da und es ist intensiv."
Herzlichen Dank!
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Aber wir wären ja nicht im Mainpost-Forum, wenn der Begriff "Solidarität" nicht die Wortkaskaden der selbsterkannten Lebensexperten auslösen würde.
Billige Beleidigungen gegen andere ("Mitläufertum", "Jüngerschar", plumpe Wortspiele mit Namen, ...) werden ins Forum gekippt und mit einer Soße aus trumpischem Eigenlob übergossen.
Chapeau, meine Herren:
Das ist das Stoff, aus dem Zufriedenheit und Glück gemacht werden!
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Bullies wollen Mitleid.
Und sie haben es auch verdient.
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Allen anderen hilft der bekannte Satz von Jean-Paul Sartre:
Wer die Dummköpfe gegen sich hat, verdient Vertrauen.
Luc de Clapiers Vauvenargues:
Niemand ist so tölpelhaft wie ein Schöngeist, der ein Weltmann sein möchte.
Manche Leute sollten sich, statt hier zu kommentieren in ihr stilles Kämmerlein zurückziehen. Sie sollten sich Gedanken machen, ob sie, statt Negatives von sich zu geben, nicht auch etwas tun können, das sie und andere glücklich macht.
Dann würden die Redakteure vielleicht auch diesen Menschen Raum in der Zeitung geben, über ihre Mut machenden Erlebnisse zu berichten.