Der Akttionstag "Flachs selbst brechen" im Flachsmuseum des kleinen Creglinger Stadtteils Burgstall bedeutete für die beachtliche Zahl von Besuchern ein Ausflug in längst vergangene Zeiten.
Gerhard Strauß, dem die Begeisterung für das alte Handwerk ebenso ins Gesicht geschrieben steht wie Klaus Geißendörfer, stellte mit Unterstützung seines Sohnes Tobias Strauß die vielen Arbeitsgänge vor die es bedarf ehe das "weiße Linnen" im Schrank der stolzen Hausfrau liegt.
Vor der idyllisch am Wald gelegenen und im Originalzustand erhaltenen Flachsbrechhütte scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Für den Aktionstag haben die Hüter der Anlage einen Großteil der sonst sorgfältig verschlossenen uralten Gerätschaften ins Freie gebracht. Nach der Einführung in die lange Geschichte des Flachsanbaus führte Gerhard Strauß das Riffeln der Pflanzen vor und ließ die Besucher auch selbst Hand anlegen.
Heinrich Böll war Auslöser
Einer der Besucher, der mit großem Interesse den Erklärungen lauschte, ist Alois Stock. Den Lehrer aus Rimpar und dessen Frau animierte nicht zuletzt die Erzählung von Heinrich Böll (1917-1985 ) "Die Waage der Baleks" zu dem Besuch des Aktionstages. In dem Werk, das längst ein Schulbuch-Klasssiker ist, beschreibt der bekannte Schriftsteller anschaulich aus einer, heute noch kaum vorstellbaren Zeit, in der die Menschen von der schweren und staubigen Arbeit des Flachsbrechens gelebt haben.
Nach einem Bericht in der Zeitung, stand für Alois Stock fest , dass, er wie er sagt, er unbedingt Näheres über die Geschichte des Flachsanbaus erfahren müsse.
Inzwischen beginnt Gerhard Strauß mit dem Riffeln. Dabei wird der getrocknete Flachs durch einen kleinen Eisenrechen gezogen, wobei die Samenkapseln, "Samenbollen" wie der Burgstaller sagt, abgetrennt werden.
Grob gewebtes Bollentuch
Die Fruchtknoten wurden in der Scheune auf dem "Bollentuch" getrocknet und später mit dem Dreschflegel gedroschen. Dass beim Aktionstag nur leeres Stroh gedroschen wurde, tat der Begeisterung der Drescher aller Alterklassen keinen Abbruch.
Im Inneren des alten, wegen der Brandgefahr weit außerhalb des Dorfes stehenden Gebäudes, für das der Dornröschenschlaf mit der im Jahre 1979 abgeschlossenen Flurbereinigung zu Ende ging, informiert Klaus Geißendörfer über die Flachsbearbeitung.
In der um 1780 erbauten Hütte, die vor 40 Jahren restauriert und als Museum eingerichtet wurde, zeugt nicht nur das grob gewebte Bollentuch von der Vergangenheit.
In dem geschichtsträchtigen Bau, in dem die Burgstaller früher besonders in den Wintermonaten viel Zeit bei der Flachsbearbeitung verbracht haben, ist zu erfahren, wie aus den Leinsamen das Leinöl gewonnen wird, das als Speiseöl und vor allem als Heilmittel Verwendung fand.
In feinste Fasern aufgespaltet
In der Flachsbrechhütte befindet sich auch die Feuerstelle in der das sogenannte "Darren" erfolgte. Dabei wurden die Flachspflanzen nachdem die holzigen Teile auf dem Feld verrottet waren, in der Wärme des Feuers getrocknet.
Sobald die Stängel hart geworden sind, beginnt das Brechen des Flachses mit einfachen Holzgeräten, auf denen der rohe Flachs in feinste Fasern aufgespaltet wird.
Diese Fasern, die so dünn sein sollten wie Haare, werden am Spinnrad zu Fäden versponnen. Der letzte Vorgang war das Spinnen am Spinnrad. Bei dieser Arbeit werden die Flachsfasern zu Fäden gesponnen und anschließend gezwirnt, das heißt, dass mehrere Einzelfäden zu einem haltbaren Garn zusammengedreht werden.
Aus den Garnrollen wurde in einer Weberei gröberes Leinen oder feines Linnen gewebt. Aus den Stoffen wurde dann, wie früher bei der bäuerlichen Bevölkerung üblich, Kleidung ebenso geschneidert wie Bett- und Tischwäsche und auch die in der Landwirtschaft benötigten Bollentücher und Säcke.