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Würzburg
Der ewige Friede wurde greifbar
Armin Rausche
 |  aktualisiert: 11.07.2020 02:10 Uhr

Eine alte Weisheit besagt, dass kein Unglück so schlimm sei, als dass es nicht seine guten Seiten hätte. Wahrscheinlich hätten wir ohne Corona nicht den Barockkomponisten Nikolaus Bruhns (1665 - 1697, also 20 Jahre vor Bach geboren) näher kennen gelernt. Organisten kennen ihn möglicherweise wegen seiner teilweise schwierig spielbaren Präludien. In Musikeranekdoten findet man von ihm die Geschichte, dass er - nicht nur ein brillanter Organist, sondern auch großer Geigenvirtuose - gelegentlich mit dem Orgelpedal, dazu auf der Geige spielte und auch noch sang.

Nun erlebte man ihn in der Würzburger Neubaukirche als Kantatenkomponisten. Matthias Beckert hatte aus den zwölf überlieferten Kantaten fünf ausgewählt, die genau in das von den Hygieneschutzmaßnahmen aufgezwungene Zeitraster von einer Stunde passten. Zwar musste er in einigen Kantaten den vorgeschriebenen Chor wegen der Abstandsregelungen durch ein Solistenquartett ersetzen, das aber wegen seiner hervorragenden sängerischen und interpretatorischen Qualitäten diesen Mangel nicht wirklich hörbar machte.

Dazu war die Würzburger Hofmusik mit zwei Geigen, zwei Bratschen, die gelegentlich auch den Gambenpart übernahmen, Cello und Truhenorgel, die vom Leiter selbst gespielt wurde, angetreten. Feinsinnig, dynamisch ausgewogen, mit wunderschönen Echoeffekten, spürten sie dieser Musik, die durchaus manchmal an Bach erinnerte, nach. Tonmalerisch, elegant, plastisch und mit hörbarer Musizierfreude spielte dieses Mini-Barockorchester.

Immer wieder gefiel die Sopranistin Anna Nesyba mit ihrer wunderschön geradlinig geführten Stimme, wenn sie mit brillanten Koloraturen beispielsweise in der Kantate "Die Zeit meines Abschieds ist vorhanden" die Krone der Gerechtigkeit hörbar macht oder wenn sie mit einem lang ausgehaltenen, absolut tremolofreien Ton den ewigen Frieden in der Kantate "Hemmt eure Tränenflut" greifbar macht.

Der Bassist Florian Hartmann hatte mit seiner Solokantate "Der Herr hat seinen Stuhl im Himmel bereitet" besonders viele Möglichkeiten, seinen Tonumfang, seine virtuosen Koloraturfähigkeiten, etwa beim tonmalerischen Wort "Heerscharen" und beim abschließenden "Alleluja", bravourös zu zeigen.

Die Altistin Nora Steuerwald und der Tenor Oliver Kringel gefielen neben den Tutti-Passagen vor allem im Duett in der Kantate "Ich liege und schlafe" durch ihre auffallende Übereinstimmung, Stimmschönheit war ohnehin selbstverständlich.

Aus dem zwangsweise lückenhaft besetzten Kirchenraum, in den nur etwa die Hälfte der 100 möglichen Besucher gekommen war, ertönte langanhaltender, begeisterter Beifall für ein informatives, überraschend vielseitiges Musikerlebnis.

 
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