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WÜRZBURG
Der Brillenkönig feiert zehnten Geburtstag
Klaus Hünig mit seinem Erfolgsmodel Sofi-Schutzbrille.
Foto: FOTO MP | Klaus Hünig mit seinem Erfolgsmodel Sofi-Schutzbrille.
Von unserem Redaktionsmitglied Holger Welsch
 |  aktualisiert: 15.12.2020 11:31 Uhr

Diesen Tag wird Klaus Hünig nie vergessen. Die Sonnenfinsternis am 11. August 1999 hat den ehemaligen Lehrer und Betreiber eines Verlages für Himmelskunde- und Technik-Basteleien zu Deutschlands „Brillenkönig“ gemacht. Die von ihm entwickelte Schutzbrille zum gefahrlosen Beobachten der Sonnenfinsternis („Sofi“) wurde weltweit 17 Millionen Mal verkauft.

„Das zehnjährige Jubiläum hat natürlich eine große Bedeutung“, sagt der heute 63-Jährige. Er wird es mit Freunden und Familie feiern. Helfer und Geschäftsfreunde von damals bekommen zur Erinnerung einen Bocksbeutel mit dem bedeutsamen Datum in Goldschrift. Denn der unglaubliche Erfolg der Sofi-Brille „hat unser Leben ja etwas verändert“, sagt Hünig bescheiden. „Etwas“ ist gut. Der Vater von drei Kindern hätte sich mit den Einnahmen zur Ruhe setzen können.

Doch was das Tüfteln anbelangt, ist Hünig ruhelos. Gemäß seinem Credo „mit einfachen Mitteln komplizierte Technik verstehen“ entwickelt er weiterhin Karton-Bausätze wie ein Kopernikus Planetarium oder eine digitale Sonnenuhr. Über 100 Artikel umfasst das Angebot seines 1981 in Lengfeld gegründeten Astro-Media-Verlages, von dem mittlerweile sieben bis acht Leute leben. Nicht zuletzt dank der Sofi-Brille.

„Mit einem finanziellen Polster lässt es sich kreativer arbeiten“, bilanziert der ehemalige Waldorflehrer. Er betont, dass der Brillen-Erfolg „meinen Lebensstil nicht wesentlich verändert hat“. Was er mit dem Geldsegen gemacht hat? Ein Ferienhäuschen in der Rhön, Altersversorgung, Studium der Kinder und Unterstützung von 25 Schulen in der dritten Welt, nennt er den Verwendungszweck: „Gut angelegt, verschenkt und aufgeräumt.“

Die finanzielle Unabhängigkeit hat er nicht zuletzt einem großen Verlag zu verdanken, der seinen Brillen-Bausatz seinerzeit abgelehnt hat. „Die wollten fertige Schutzbrillen“, erinnert sich Hünig, der dadurch zwangsläufig das Geschäft selbst in die Hand nahm und sich Partner wie Zeiss und Kosmos suchte. Bis zur Serienreife der Kartonbrille mit aluminiumbeschichteter Spezialfolie hatte Hünig alle Hände voll zu tun: „Eineinhalb Jahre kein Urlaub und kein freies Wochenende“ erinnert er sich. Allein deswegen und „wegen der ganzen Aufregung möchte ich so etwas nicht noch mal haben“.

Denn zwei Tage vor dem 11. August 1999, als überall den Verkäufern die Sofi-Brille zum Stückpreis von vier Mark (heute etwa zwei Euro) schier aus den Händen gerissen wurde, berichtete das Fernsehmagazin Wiso über defekte Brillen, die nicht sicher seien. Die Aufregung in den Medien war groß, die Leute verunsichert. Letztlich verlief die Sache im Sande.

Auch den Tag der Sonnenfinsternis erlebte Hünig in großer Anspannung. Er war zur Beobachtung des Spektakels mit seiner Frau Richtung Süden zum Kloster Maulbronn bei Heilbronn gefahren. Als er die vielen Menschen sah, die mit seiner Brille in den Himmel starrten, hatte er ein mulmiges Gefühl, „obwohl ich wusste, dass die Brille sicher war. Aber ich hatte ja die Verantwortung.“ Als ihn am Tag danach jemand anrief und von Augenproblemen seines Sohnes berichtete, dachte Hünig an das Schlimmste. Doch dann gab's Entwarnung. Es war ein Netzhaut-Problem, dass der Junge schon vor der Sonnenfinsternis hatte.

„Gut angelegt, verschenkt und aufgeräumt.“

Klaus Hünig über das Geld aus dem Schutzbrillenverkauf

„Da fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen“, sagt Hünig, der auch mit dem medizinischen Erfolg seiner Brillenmission zufrieden ist. Es hätten nur elf Menschen Augenschäden bei der Sonnenfinsternis davon getragen, im Vergleich zu früher eine verschwindend geringe Zahl. Und alle Geschädigten hätten keine Schutzbrille getragen.

Von seinem Erfolgsmodell hat der Brillenkönig noch ein paar Tausend auf Lager, die aber höchstens seine Urenkel gebrauchen können. Die nächste total Sonnenfinsternis in hiesigen Breitengraden ist lässt noch etliche Jahrzehnte auf sich warten.

 
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