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WÜRZBURG
Der Botanische Garten zeigt Elektronenmikroskop-Aufnahmen von Stefan Dille
Alice Natter
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:33 Uhr

Stefan Diller kocht gerne. Doch Petersilie, Dill und Estragon nimmt er nicht einfach zum Würzen. Er entwässert die Kräuter in Ethanol. Er trocknet sie aufwändig, bedampft sie hauchdünn mit Gold oder Platin, dann steckt er sie in eine große Apparatur und beschießt sie mit einem nanometerdünnen, feingebündelten Elektronenstrahl. Was er dann sieht, ist von bizarrer Schönheit.

Seit zwei Jahrzehnten experimentiert und tüftelt der Würzburger Fotograf mit Elektronenmikroskopen. Erst als außergewöhnliches Hobby, dann professionell. In seinem Labor in einem Sanderauer Hinterhaus hat Stefan Diller große Raster- und Transmissionselektronenmikroskope stehen. Mit ihnen erstellt er wissenschaftliche Fotografien und macht die Welt im Kleinen und Kleinsten sichtbar. Für Forschungseinrichtungen oder Auftraggeber aus der Industrie. Oder einfach so, weil faszinierend schön ist, was durch den gebündelten Elektronenstrahl von einem Millionstel-Millimeter sichtbar wird.

Was für wundersame Strukturen hat die Spitze eines Weizenblatts. Wie skurril sind die Oberflächen von Huflattich, Kakao und Kartoffelblüte. Unter dem Titel „Die Ästhetik des Unsichtbaren“ stellte der gelernte Fotograf vor sechs Jahren bereits im Botanischen Garten in Würzburg elektronenmikroskopische Aufnahmen von Pflanzenoberflächen aus. Und nun zeigt er dort, anlässlich des Hörsaal-Neubaus, mit leicht verändertem Titel erneut faszinierende Bilder aus der nanokleinen Welt: „Die Ästhetik im Verborgenen“.

Es ist keine nutzlose Schönheit, die Stefan Diller sichtbar macht. Die Strukturen auf der „Pflanzenhaut“, die für unser bloßes Auge nicht wahrnehmbar sind, erfüllen vielfältige Aufgaben – für die Pflanzen selbst oder im Wechselspiel mit ihrer Umwelt. Nach seiner ersten Ausstellung im Botanischen Garten der Uni, bei der er hauptsächlich Oberflächen und Blüten von Kräutern zeigte, rückt er nun Nutz- und Nahrungspflanzen aus dem Bestand des Botanischen Gartens in einen sichtbar gemachten Vordergrund.

Lein und Baumwolle, Kakao, Weizen, Brokkoli, Kartoffelblüte und Meerrettich – Stefan Diller hat ihre Feinheiten in großen Farbbildern dargestellt. Dafür entwickelte der Würzburger eine spezielle Art der Kolorierung der eigentlich schwarz-weißen Aufnahmen: Sein Rasterelektronenmikroskop erschafft mit Hilfe von farbigen Bildsignalen aus acht Detektoren auch Farbe. „Das muss man sich so vorstellen wie mit Farbfolien versehenen Scheinwerfern in der normalen Fotografie, die das Objekt aus verschiedenen Richtungen beleuchten.“ Wenn die Flachsblüte also zartrosa schimmert, wenn die Kartoffelblüte grünbläulich scheint – dann ist das keine Farbe, die mit der Wirklichkeit des Präparates etwas zu tun hat. „Sondern eine ästhetische Entscheidung des Mikroskop-Bedieners.“

Neben den Bildern zeigt der 55-Jährige im Botanischen Garten – mit Beamer und großem Bildschirm – auch mikroskopische Filme: In seinen speziell entwickelten „Nanoflights“ fliegt der Betrachter da über die Pflanzenoberflächen und eine unbekannte Welt entfaltet sich vor seinem Auge. Die Technik für diese Art der Wahrnehmung von Mikrostrukturen im Rasterelektronenmikroskop hat Diller in langwieriger, aufwändiger Tüftelei entwickelt. Die Kurzfilme dauern nur wenige Minuten – doch in jedem stecken über 500 Stunden im Rasterelektronenmikroskop. Kleine Welt – hoher Aufwand.

Die Ästhetik im Verborgenen: Die Ausstellung mit Wissenschaftsfotografie von Stefan Diller ist im Botanischen Garten von 1. April bis 11. Mai zu sehen – täglich von 8 bis 18.00 Uhr. Der Eintritt ist frei. Die Uraufführung der Nanoflight-Filme findet bei der offiziellen Eröffnung der Ausstellung am Freitag, den 4. April, um 18 Uhr statt.

Flachsblüte: Die Farbe hat Stefan Diller der Aufnahme mitgegeben.
| Flachsblüte: Die Farbe hat Stefan Diller der Aufnahme mitgegeben.
Kartoffelblüte: Der Zeitaufwand für eine Aufnahme beträgt viele Stunden.
| Kartoffelblüte: Der Zeitaufwand für eine Aufnahme beträgt viele Stunden.
Meerrettichblüte: Allerfeinste Strukturen werden sichtbar.
| Meerrettichblüte: Allerfeinste Strukturen werden sichtbar.
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Großes Gerät: Stefan Diller in seinem Labor. Seit 20 Jahren beschäftigt sich der Fotograf mit Elektronenmikroskopie.DILLER
Foto: Foto: | Großes Gerät: Stefan Diller in seinem Labor. Seit 20 Jahren beschäftigt sich der Fotograf mit Elektronenmikroskopie.DILLER
 
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