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Würzburg
Der Anfang oder das Ende der Welt
Was kommt heraus, wenn ein orientalischer Künstler Nordsee-Landschaften malt? Der aus dem Iran stammende und in Würzburg lebende Maneis hat genau das getan.
Maneis Arbab der Maler und Karikaturist aus Teheran hat Bilder von Nordsee-Landschaften gemalt. Hier zeigt er sie in seinem Atelier in Höchberg. Foto: Thomas Obermeier
| Maneis Arbab der Maler und Karikaturist aus Teheran hat Bilder von Nordsee-Landschaften gemalt. Hier zeigt er sie in seinem Atelier in Höchberg. Foto: Thomas Obermeier
Bearbeitet von Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:46 Uhr

Wenn der aus Teheran stammende Künstler Mohamad Tehrani, den man hier unter seinem Künstlernamen Maneis kennt, ans Meer denkt, dann sieht er automatisch einen strahlend blauen wolkenlosen Himmel. Als er aber vor zwei Jahren mit seiner Lebensgefährtin zum ersten Mal an die Nordsee fuhr, erlebte er dort eine Stimmung, die er zuvor so noch nie erlebt hatte. 

200 Bilder in eineinhalb Jahren

Das war im Herbst 2016. Es herrschte typisches Nordsee-Herbstwetter. Ein heftiger Wind peitschte über die Strände, es gab keine Sonne und die Wolken türmten sich zu mystischen Gebilden. "Diese Atmosphäre hat mich sofort begeistert und berührt - es war so ganz anders als ich es von meiner Heimat kannte", erzählt Maneis, der bei diesem und einem weiteren Aufenthalt im Jahr 2017 rund 200 Wolkenbilder gemalt hat. Nur ganz wenige davon sind direkt vor Ort entstanden. Die meisten hat er erst später nach Skizzen und Fotografien in seinem Höchberger Atelier gemalt. Obwohl das in dieser Intensität ursprünglich gar nicht geplant war.

Doch zurück an die Nordsee: "Das war eine ganz wilde Atmosphäre, manchmal erschienen die Wolken ganz nah, dann waren sie wieder sehr weit entfernt, man hat keine Ahnung, ob dies der Anfang oder  das Ende der Welt ist", beschreibt er seine Eindrücke.  Er nannte die Gegend um Juist und Langeoog, wo er sich aufhielt, "Wolkenkönig". Denn der Mensch sei doch eigentlich nichts gegen diese Naturgewalt.

Wolkenstimmung in Grautönen an der Nordsee. Foto: Maneis
| Wolkenstimmung in Grautönen an der Nordsee. Foto: Maneis

Extreme Bedingungen 

Schnell war für ihn klar, dass er diese äußeren Eindrücke und inneren Gefühle in Bildern festhalten wollte. Vor Ort stellte sich dies als extrem schwierig, wenn nicht gar unmöglich, heraus. "Bei dem starken Wind wurden meine Malutensilien weggeweht und ich hätte mehrere Leute gebraucht, um meine Blätter festzuhalten", berichtet Maneis. Aber das bedeutete nicht das Ende der Idee. "Ich hatte ein Gefühl, als wäre ich schwanger geworden", beschreibt der Künstler seinen aus dem Erlebten resultierenden Gemütszustand. 

Die Wolken können aber auch leuchten. Foto: Maneis
| Die Wolken können aber auch leuchten. Foto: Maneis
"Ich hatte ein Gefühl, als wäre ich schwanger geworden"
Der Maler Maneis über seine Nordsee-Bilder

Also wollte er, nach Hause zurückgekehrt, das Baby auch zur Welt bringen. "Ich wollte zunächst nur ein bisschen an den Skizzen weiterarbeiten" blickt der 58-Jährige zurück und erzählt, dass er beim zweiten Aufenthalt wesentlich besser ausgerüstet war, mit Staffelei und Stativen.  "In dieser Landschaft zu arbeiten, war wie ein Kampf. Das war für mich alles andere als ein Spaß". Wieder zu Hause fing er an, sich mit den Entwürfen zu beschäftigen - und konnte nicht mehr aufhören. Nach einem Monat waren schon mehrere Bilder fertig. Und so ging es unaufhörlich weiter. Bis jetzt hat Maneis 200-Nordseemotive vollendet.   

Besteht bei einer so großen Anzahl von Bildern und im Grunde einem einzigen Motiv nicht die Gefahr sich zu wiederholen? Nein, nein, sagt der Künstler und zeigt auf seine Arbeiten. Immer sind die Wolkenformationen anders, mal in ihrer Form, mal in ihrer Farbe. Mal leuchten die Wolken hell und transparent, mal hängen sie grau und düster am Himmel. Mal schweben sie leicht und luftig, mal scheinen sie tonnenschwer wie Felsen, die jeden Moment vom Himmel fallen könnten.

Suche nach den richtigen Farben

 Er habe lange probieren müssen erklärt er, um die richtigen Farben für seine Wolken-Aquarelle zu finden. Besonders interessant ist sein Vorgehen bei der Gestaltung der Wolkenformationen. Da trägt er "einfach nur" eine transparente Farbfläche aufs Blatt auf, die er dann mit einem Tuch oder einem Pinsel erweitert oder minimiert. Gut nachvollziehen lässt sich dies auf zwei You-Tube-Videos, die Maneis' Malmethode zeigen. "Für die Wolken gibt es keine vorgefertigte Form, die kommen von selber raus", sagt Maneis - so wie in der Natur auch. Er gehe dabei ganz intuitiv vor. Erst ganz am Ende kommen noch ein Streifen Strand und vielleicht ein oder zwei stilisierte Menschen hinzu. Auch ganz intuitiv.

Die Sonne versucht sich durch die Wolken zu kämpfen. Foto: Maneis
| Die Sonne versucht sich durch die Wolken zu kämpfen. Foto: Maneis
"In dieser Landschaft zu malen war wie ein Kampf"
Maneis über das Malen an der Nordsee

Jetzt hofft Maneis darauf, seine Bilder einmal in einer Ausstellung zeigen zu können. Am liebsten dort, wo sie auch entstanden sind, oder am Nordsee-Festland. Was ihm dazu noch fehlt, sind die Kontakte zu potenziellen Ausstellungsorten. "Das ist schwieriger als die Bilder gemalt zu haben", meint er. Immerhin: Er ließ einen Kalender mit zwölf ausgewählten Blättern anfertigen, auch um die Entstehungskosten der Bilder zu finanzieren. Der Kalender, von dem auch die auf dieser Seite zu sehenden Bilder stammen, kann über Maneis' Website www.maneis.de oder per E-Mail maneis@gmx.net zum Preis von 29.95 Euro bestellt werden. Außerdem gibt es ihn in den Würzburger Buchhandlungen Knodt, Hugendubel, Neuer Weg, Schöningh, erLesen sowie in der Kunsthandlung Volk - Kunst am Dom.

Integration als Künstler

Für Maneis, der 2009 von Teheran nach Würzburg kam, weil er seine Heimat wegen regimekritischer Äußerungen verlassen musste, haben die jüngsten Bilder aber auch noch einen zusätzlichen Bedeutungshorizont. Der hängt damit zusammen er, dass er zunächst fünf Jahre in der Gemeinschaftsunterkunft in der Veitshöchheimer Straße verbringen musste, ehe er 2014 als Asylbewerber anerkannt worden ist. "Hier in Deutschland ist inzwischen meine zweite Heimat, deshalb wollte und musste ich auch die Landschaft kennenlernen", sagt der Künstler, der im Iran ein Malereistudium abschloss und zahlreiche Bücher illustrierte. Für ihn stelle sich nach wie vor die Frage, wie er sich als Künstler integrieren könne. Und er wählt dazu dieses Bild: "Als ich neu war in Würzburg, haben mir die Wolken Angst gemacht. Ich hatte vorher nie Wolken in Bewegung gesehen. Aber jetzt können wir Freunde sein". Dennoch sieht er seine Position ambivalent: "Ich kann kein deutscher Künstler sein, aber ich kann auch nicht mehr als orientalischer Künstler weitermachen". 

 
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