
Insgesamt über 2000 jüdische Mitbürger aus Mainfranken wurden in den Jahren 1941 bis 1943 von Würzburg aus in osteuropäische Vernichtungslager deportiert. Am Ende überlebten nur 41 die Shoa. Für die Opfer der sechs Deportationen wird am kommenden Dienstag, 10. Mai, um 15 Uhr ein „Weg der Erinnerung“ dieselbe Route nehmen wie vor 66 Jahren die über 850 jüdischen Mitbürger bei der dritten Deportation.
Der Schweigemarsch, der von der Projektgruppe „Wir wollen uns erinnern“ organisiert wird, beginnt dort, wo damals der Weg in die Vernichtungslager begann – am Platz'schen Garten, früher ein Unterhaltungslokal, am Friedrich-Ebert-Ring. Und er endet am Aumühl-Ladehof, wo der Zug in die Vernichtungslager abfuhr. Die Opfer wurden damals nur mit Nummern gekennzeichnet. Um ihre Namen ins Gedächtnis der heute lebenden Menschen zurückzuholen, werden die Teilnehmer den gesamten Weg über schlichte Schilder mit den Namen der Deportierten tragen.
Jedes der über 850 Schilder steht dabei stellvertretend für einen der bei diesem dritten Transport Deportierten. Die Schilder werden im Anschluss im Würzburger Rathaus aufgestellt und in einer kleinen Ausstellung mit entsprechenden Informationen gezeigt.
Die Projektgruppe rechnet mit etwa 1000 Teilnehmern. Schilderausgabe ist am Dienstag ab 14 Uhr Ecke Friedrich-Ebert-Ring/Rennweg, der Weg führt dann die Martin-Luther-Straße entlang über den Berliner Ring in die Schweinfurter und Nürnberger Straße, wo am Aumühl-Ladehof ab 16 Uhr die Namen der Ermordeten in einer künstlerischen Performance des Mainfranken Theaters zu hören sind. Das Theater „tanzSpeicher würzburg“ beteiligt sich mit drei Soli. Um 18.30 Uhr findet die Abschlussveranstaltung im Ratssaalstatt, bei der OB Georg Rosenthal die Ausstellung eröffnen wird. Hierzu ist die Öffentlichkeit eingeladen.
Thema auch für Jugendliche
An der Jugendbildungsstätte Unterfranken am Heuchelhof haben sich Schüler aus Karlstadt, Kitzingen und Würzburg am Mittwoch bereits zum dritten Mal getroffen, um sich mit Erinnerung zu beschäftigen. Im Fokus stand die jugendliche Sichtweise auf die Erinnerungskultur in unserem Land und die Einbettung in das Hier und Jetzt. Wie wichtig diese Arbeit ist, macht eine Aussage der beiden Jugendlichen Olga und Lena deutlich: „Durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist uns bewusst geworden, wie wichtig es ist, Zivilcourage zu zeigen.“ Oder Benny und Moritz: „Auch nachfolgende Generationen sollen sich an dieses schreckliche Ereignis erinnern, damit sich so etwas nie wiederholt.“
Das Engagement der Jugendbildungsstätte kommt nicht von ungefähr. Seit Jahren unterstützt sie die Stolperstein-Verlegungen in Würzburg und arbeitet das Thema pädagogisch auf. Neben Stolperstein-Touren, gibt es Seminare, die sich mit der Erinnerung beschäftigen. Dieses Aufgabengebiet obliegt Stefanie Frische, Sandra Baumeister und Daniela Raduloviæ.
ONLINE-TIPP
In aufwändiger Recherchearbeit vieler Beteiligter in ganz Unterfranken wurden die Biografien der 852 Opfer der dritten Deportation im April 1942 erarbeitet. Sie sind im Internet nachzulesen, genauso wie weitere Infos zum Projekt: www.wir-wollen-uns-erinnern.de