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Würzburg
Das volle Horror-Science-Fiction-Sex-Programm: Bunte "Rocky Horror Show" am Mainfranken Theater Würzburg
Erstmals läuft der Kultklassiker am Mainfranken Theater. Wer die Show tatsächlich noch nicht kennt, sollte das unbedingt nachholen - spätestens in der kommenden Saison.
51 Jahre alter Kultklassiker: die 'Rocky Horror Show', nun auch in Würzburg zu sehen.
Foto: Thomas Obermeier | 51 Jahre alter Kultklassiker: die "Rocky Horror Show", nun auch in Würzburg zu sehen.
Marc Hoinkis
 |  aktualisiert: 15.05.2024 02:48 Uhr

Die "Rocky Horror Show" von Richard O'Brien feierte 1973 ihr Bühnendebüt im Londoner Royal Court Theatre. Regisseur Jim Sharman, der zuvor bereits mit "Hair" und "Jesus Christ Superstar" eine neue Ära des Musicals eingeläutet hatte, bewies auch hier sein szenisches Geschick: Das Musical ist eine riesige Rocknummer mit Glitzer, Travestie und Sexappeal. Nun läuft das Stück erstmals auch am Mainfranken Theater Würzburg - in einer Inszenierung von Till Kleine-Möller, zu sehen im neuen Kleinen Haus.

Das spießige junge Paar Janet und Brad hat eine Autopanne im Wald und strandet auf der Suche nach einem Telefon in einer alten Villa. Die beiden geraten in die Hände des schlüpfrigen Außerirdischen Dr. Frank'n'Furter, der aus "Transsexual, Transilvania" stammt. Der Abend entpuppt sich als verrückte Sexparty, bei der Frank'n'Furter seinen selbst erschaffenen Schönling Rocky zum Leben erweckt. Am Ende kommt auch noch ein deutscher Wissenschaftler hinzu, es gibt Laserkanonen, Raumschiffe und Tote: das volle Horror-Science-Fiction-Programm.

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Vor 50 Jahren war das Ganze natürlich deutlich provokanter, geradezu skandalös. Aber die "Rocky Horror Show" hat keineswegs an Charme eingebüßt: Noch heute steht sie für die Diversität des Publikums. Wir sehen alte und junge Menschen in allen Farben und Klamotten, Perücken und Netzstrümpfen ins Mainfranken Theater spazieren. Und so soll das sein, oder?

Was heute sogar die Großeltern belustigt anschauen, wirkte damals noch erschreckend

Die "Rocky Horror Picture Show", also der Film, verhalf dem Stück zum weltweiten Durchbruch. Heute ist es längst Kulturgut und absoluter Klassiker, denn es bricht mit Geschlechterstereotypen und gibt gleichzeitig Menschen aus der LGBTQIA+-Gemeinschaft eine Stimme.

Das spießige junge Paar Brad und Janet (links und rechts, Bastian Beyer und Eva-Lina Wenners) gerät in eine wilde Sexparty.
Foto: Thomas Obermeier | Das spießige junge Paar Brad und Janet (links und rechts, Bastian Beyer und Eva-Lina Wenners) gerät in eine wilde Sexparty.

Was heute sogar die Großeltern belustigt anschauen, wirkte damals noch erschreckend: Die Hauptfigur Dr. Frank’n’Furter in Reizwäsche und Stöckelschuhen, die dem prüden Ehepaar Janet und Brad schurkisch die braven Klamotten vom Leib reißt, deren keusche Unterwäsche zum Vorschein bringt, nachts mit beiden verkehrt und beteuert, dass er aus mangelndem Glauben an die Ehe niemals heiraten will. Auch der Hüftschwinger "Time-Warp-Dance" galt damals noch als lasziv und anrüchig, ebenso die Rockmusik. Die Band unter der Leitung von Adrian Sieber ist ins effektvolle Bühnenbild von María Reyes Pérez integriert: im Zentrum eines riesigen Bogens, der durch Projektionen in immer neue Kulissen verwandelt wird.

Um Teil der Performance zu werden, kann man eine Tasche voller Mitmach-Utensilien erwerben

Eine beeindruckende Show, bei der alles stimmt. Hannes Berg liefert als Frank’n’Furter eine Show, die sich auch auf der Reeperbahn sehen lassen könnte. Bastian Beyer und Eva-Lina Wenners finden sich mitten im Publikum als Brad und Janet zusammen und tanzen mindestens Dreiviertel der Show halbnackt über die Bühne. Georg Zeies zeigt sich in klassischer Theatermanier als toller Erzähler und besprüht das Publikum bei der Regenszene von der Balustrade aus klammheimlich mit einer Wasserpistole. Das Highlight der Show ist aber Nils van der Horst als Riff-Raff: Er wirkt gleichermaßen ebenso gruselig wie antörnend.

In der gruseligen Villa im Wald herrscht der schräge Frank’n’Furter (Hannes Berg).
Foto: Thomas Obermeier | In der gruseligen Villa im Wald herrscht der schräge Frank’n’Furter (Hannes Berg).

Auch die Kostüme (Timo Radünz, auch Choreografie) sind (noch) abwechslungsreicher geworden: Rocky trägt lange Haare, Riff-Raff kann es mit Frank'n'Furter in Sachen Schminke locker aufnehmen, und wahrscheinlich jede Figur auf der Bühne trägt mindestens einmal auf irgendeine Art und Weise einen Penis.

Um Teil der Performance zu werden, wie es die Tradition gebietet, kann man eine Tasche voller Mitmach-Utensilien erwerben. Eine Horde Hardcore-Fans besetzt die letzten Reihen: Sie sind bestens mit den Gepflogenheiten vertraut und haben gefühlt jeder zweiten Phrase ein passendes "Halt's Maul!" oder "Langweilig!" zu entgegnen. Die "Rocky Horror Show" hat sich schon lange verselbstständigt. So wie das mit guter Kunst eben passiert.

Alle Vorstellungen bis Ende der Spielzeit sind ausverkauft. Das Stück soll aber in der nächsten Saison wiederaufgenommen werden.

 
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