Sonntagmorgen, kurz nach drei Uhr. In den Würzburger Szene-Clubs geht die Post ab. Ein paar Minuten entfernt lockt die Nachtschwärmer auf dem Heimweg das gelb-blaue Logo einer anderen Location. Das 2000 Quadratmeter große McFit-Studio in der Grombühlstraße ist hell erleuchtet, und auf dem Parkplatz stehen einige Autos und zwei Crossräder. Offensichtlich kann man hier auch mitten in der Nacht trainieren – eine für Normalverbraucher auf den ersten Blick extrem anmutende Form des Körperkults. Ein Besuch im Studio wird klären, was den besonderen Reiz des Nachttrainings ausmacht.
„Guten Morgen“, grüßt drinnen freundlich Nachtaufsicht Klaus Werner. „Als ehemaliger Nachtportier macht er's gerne“, bemerkt Studioleiter Oliver Haßmann, der extra für den Pressetermin zu dieser ungewöhnlichen Zeit ins Studio gekommen ist. „Unser Plus: Wir haben 24 Stunden offen“, sagt Haßmann. „Zu unserer normalen Nachtkundschaft gehören Schichtarbeiter, LKW-Fahrer, Leute aus der Gastronomie und Bäcker.“ Die Zahl der nächtlichen Fitnessfreaks hält sich im Vergleich mit der „Rushhour“ zwischen 16 und 21 Uhr in Grenzen, wenn vom Hartz IV-Empfänger bis zum Professor alle bei McFit trainieren: „Üblicherweise sind unter der Woche um drei Uhr morgens bis zu zehn Mitglieder aktiv, um in aller Ruhe trainieren zu können.“ Momentan stehen allerdings Stepper und Fahrräder verwaist in der großen Eingangshalle. Im nachtaktiven Berlin sei das anders, erzählt Haßmann: „Da ist das eine andere Hausnummer.“
Ein paar Meter weiter tut sich mehr. Im hell erleuchteten Freihantelbereich trainieren drei Fitnessbegeisterte. „Ein sportlich-trainierter, attraktiver Körper, das ist das Ideal von McFit“, bemerkt Haßmann mit einer Wendung zu Julian von Besser, der gerade neben seinem Kumpel auf einer Bank liegt und Kurzhanteln stemmt. Der 21-jährige Chemiestudent ist seit drei Jahren Mitglied von McFit und sehr gut definiert. Das heißt, die Konturen der einzelnen Muskelgruppen zeichnen sich bei ihm deutlich ab. „Der klassische Muskelaufbautyp“, sagt Haßmann. 105 Kilogramm stemmt Besser beim Bankdrücken als Maximalgewicht. Das kommt nicht von ungefähr: „Ich trainiere sechsmal die Woche mit zwei festen Trainingspartnern, und dann jeweils eineinhalb Stunden“, erzählt von Besser, der offensichtlich aus Leidenschaft schwitzt. Dass er nachts eisern die Kurz- und Langhanteln traktiert, wenn seine Kommilitonen ein paar hundert Meter entfernt abfeiern, macht ihm nichts aus. Sechs Stunden Schlaf, das ist genug, und die so gewonnenen Minuten nutzt er auch in Prüfungszeiten, um nachts den Kopf freizukriegen. Ein weiteres gutes Argument für das Nachttraining: „Man hat richtig Platz hier.“
Mario Bales Versicherungsmakler
Viel Platz, das macht auch für Versicherungsmakler Mario Bales den besonderen Reiz des Nachttrainings aus. Außerdem: „Da hat man seine Ruhe und kann das Training durchziehen, wie man's möchte.“ Der 36-Jährige hat sich nach dem verletzungsbedingten Ende seiner Karriere als Fußballspieler für das Fitnesstraining entschieden und ist seit acht Jahren Mitglied bei McFit. „Die innere Einstellung ist das Wichtigste“, erklärt Bales. Und: „Du musst oft kommen und hart trainieren.“ Je nach Terminkalender arbeitet er bis zu sechsmal die Woche zwei bis drei Stunden an seinem Körper. Egal zu welcher Tageszeit, er hat offensichtlich viel Spaß dabei, auch wenn er zuvor um die Häuser gezogen ist: „Vorhin habe ich ein paar Kumpels in einem Club besucht“, erzählt er. Das Ergebnis der Studio-Stunden spricht für sich. Besonders beeindruckend: die gut ausgebildete Oberarmmuskulatur, die bei Klimmzügen gut zur Geltung kommt. Wenn Bales mit den Kurzhanteln trainiert, kontrolliert er im Spiegel genau den exakten Bewegungsablauf. Bei einem Blick nach rechts zeigt sich die Größe des Studios: Vor der Spiegelwand liegt eine scheinbar unendlich lange Reihe von Kurzhanteln, die alle auf ihren Einsatz zu warten scheinen. Trotz der Leere meint man im Raum die geballte Power unzähliger Trainingseinheiten zu spüren.
„Tschüss, Ihr Stars.“ Es ist fünf Uhr, und Klaus Werner verabschiedet sich jetzt von Julian von Besser und seinem Kumpel auf dem Stepper. Bald darauf verschwinden die Studenten ebenfalls in der Nacht. Mario Bales ist kurz zuvor gegangen. Drinnen scheint der tote Punkt erreicht, an dem das hell erleuchtete Studio kurz innehält. Von den Wänden grüßen eingefroren die überlebensgroßen Modellathleten. Nur auf dem Bildschirmen: unendliche Bewegung. Ein paar Minuten später: Die Damen vom Putzteam sind schon da. Der McFit-Tag beginnt.